Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 17.03.1995; Aktenzeichen 17 O 596/94) |
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 17.03.1995 – 17 O 596/94 –
abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 100.000,– DM nebst 6,75 % Zinsen hieraus seit 23.12.1994 zu bezahlen.
II.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits in beiden Rechtszügen.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 123.000 DM abwenden, falls der Kläger nicht vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Beschwer des Beklagten wird auf 100.000,– DM festgesetzt.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 100.000,– DM
Tatbestand
Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen arglistigen Verschweigens eines Fehlers.
Am 08. Dezember 1993 schlossen der Kläger und der Beklagte einen notariellen Bauträger-Kaufvertrag. Darin verpflichtete sich der Beklagte, den Vertragsgegenstand, nämlich eine Eigentumswohnung in der … in … schlüsselfertig zu erstellen (§ 3 Abs. 1 des Vertrages). Auf den „Kaufpreis” in Höhe von 203.500,– DM (§ 2 Abs. 1 des Vertrages) bezahlte der Kläger 100.000,– DM an. Weitere Zahlungen sind nicht erfolgt. Zur Auflassung und Eintragung der Wohnung ist es bis jetzt nicht gekommen.
Die Wohnung war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bauträger-Kaufvertrages im Rohbau fertig. Die Wohnung liegt im Untergeschoß. Sämtliche Abwasserablaufstellen in der Wohnung des Klägers und in den übrigen Untergeschoßräumen befinden sich unter der Rückstauebene. Über diesen Punkt wurde zwischen den Parteien bei den Vertragsverhandlungen und beim Vertragsabschluß nicht gesprochen.
Ursprünglich war im Badezimmer der Wohnung hinter dem WC eine Hebeanlage für Abwässer installiert. An diese Hebeanlage waren nur die Abwasserablaufstellen des Badezimmers angeschlossen. Wegen Mängel dieser Hebeanlage war im Jahre 1994 vor dem Amtsgericht Kirchheim u. Teck ein selbständiges Beweis sicherungsverfahren anhängig (AG Kirchheim u. Teck – 3 H 7/94). Ob die Hebeanlage mittlerweile im Bad ausgebaut und in der angrenzenden Waschküche installiert wurde, ist zwischen den Parteien streitig.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte hätte ihn bei Abschluß des notariellen Vertrages vom 08.12.1993 darüber aufklären müssen, daß eine Hebeanlage zur Entsorgung der Abwässer notwendig sei. Er hätte für die kleine Wohnung im Untergeschoß nie den relativ hohen Preis von über 200.000,– DM bezahlt, wenn er gewußt hätte, daß eine Hebeanlage notwendig sei. Dazu komme noch, daß an die eingebaute Hebeanlage die Abwasserleitungen der Küche und der Waschküche nicht angeschlossen seien. Er könne deshalb die von ihm erbrachte Anzahlung in Höhe von 100.000 DM zurückfordern.
Der Kläger hat beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 100.000,– DM nebst 6/75 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen, hilfsweise
Zug um Zug gegen ein notarielles Rückübertragungs- und Rückauflassungsangebot bezüglich der Eigentumswohnung im Gartengeschoß des Grundstücks Flurstück-Nr. 3239 … in …
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat nicht bestritten, daß die ursprünglich installierte Hebeanlage mangelhaft gewesen ist. Diese Mängel seien jedoch dadurch beseitigt worden, daß die Hebeanlage aus der Wohnung herausgenommen und im Waschmaschinenraum installiert worden sei. Im übrigen stelle der Umstand, daß nicht sämtliche Abwässer, insbesondere nicht der Küchenablauf, über die Hebeanlage entwässert würden, keinen Mangel dar.
Mit Urteil vom 17.03.1995 hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Gewährleistung richte sich beim Bauträger-Kaufvertrag nach Werkvertragsrecht, deshalb sei vor Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung erforderlich, eine solche Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung sei hier nicht erfolgt.
Gegen dieses ihm am 21.03.1995 zugestellte Urteil hat der Kläger mit dem am 21.04.1995 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel mit dem am 22.06.1995 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis 22.06.1995 verlängert worden war.
Der Kläger wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er ist der Auffassung, daß er über den unumkehrbaren Hauptmangel der Wohnung, nämlich daß die Wohnung unter der Rückstauebene liege, vor Kaufvertragsabschluß hätte aufgeklärt werden müssen.
Der Kläger beantragt:
Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 17.03.95 – 17 O 596/94 – wird aufgehoben und der Beklagte verurteilt, an den Kläger 100.000,– DM nebst 6,5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
hilfsweise
Zug um Zug gegen ein notarielles Rückübertragungs- und Rückauflassungsangebot bezüglich der Eigentumswohnung im Gartengeschoß des Grundstücks Flurstück-Nr. 3239, … in …
Höchsthilfsweise wird beantragt,
festzustellen, daß der Kaufpreis bezüglich der Eigentumswohnung im Gartengeschoß des Grundstücks … in Höhe von 203.500,– DM um ...