Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 25.03.2019; Aktenzeichen 18 O 289/18) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25.03.2019 - 18 O 289/18 - abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 18.818,16 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.12.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 1/6 zu tragen, die Beklagte 5/6.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird für die Beklagte zugelassen.
Streitwert: 22.166,44 Euro.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung einer bei der Beklagten im Jahr 2004 genommenen Lebensversicherung nach erklärtem Widerspruch aus dem Jahr 2015 (Schreiben vom 26.08.2015 - Anlage K 3 = GA I 43). Die Beklagte hat den Widerspruch zurückgewiesen.
Die Klägerin hat in erster Instanz die Zahlung von insgesamt 22.166,44 Euro nebst Nebenforderungen beantragt und die Auffassung vertreten, die Widerspruchsbelehrung sei nicht ordnungsgemäß, insbesondere nicht hinreichend drucktechnisch hervorgehoben. Weiter sei die Verbraucherinformation nicht vollständig. So fehle es unter anderem an der erforderlichen übersichtlichen Gliederung sowie an ausreichenden Angaben über den zu zahlenden Gesamtbetrag sowie zu den Nebenkosten und den Rückkaufswerten. Sie hat geltend gemacht, ihr seien unter Berücksichtigung von Risikokosten die Prämien i.H.v. 12.900 Euro zu erstatten, zudem habe die Beklagte bis August 2015 Nutzungen im Deckungsstock i.H.v. 2.576,67 Euro, Nutzungen im Eigenkapital i.H.v. 5.514,90 Euro sowie nach Widerspruch eingezogene Beiträge i.H.v. 1.300 Euro zu bezahlen. Die Beklagte hat erstinstanzlich Klageabweisung beantragt und hierzu insbesondere vorgetragen, dass die Widerspruchsbelehrung ordnungsgemäß und die Verbraucherinformation vollständig sei. Zudem sei der Widerspruch rechtsmissbräuchlich. Sie hat weiter geltend gemacht, dass der Klägerin jedenfalls ein Anspruch in der beanspruchten Höhe nicht zustehe.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des dortigen Urteils sowie auf die in erster Instanz eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen (insbesondere GA I 1 ff., GA II 163 ff., GA II 208 ff. und GA II 230 ff. einerseits, GA I 105 ff., GA II 200 ff. und GA II 217 ff. andererseits).
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 25.03.2019, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, als unbegründet abgewiesen. Es hat die Belehrung über das Widerspruchsrecht für ausreichend und die Verbraucherinformation für vollständig erachtet. Darüber hinaus sei es der Klägerin nach den Grundsätzen von Treu und Glauben wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, sich auf ein etwaiges Widerspruchsrecht zu berufen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Zur Begründung führt sie in ihrer Berufungsbegründung vom 22.05.2019, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (GA III 270 ff.) unter anderem aus, das Landgericht habe die Belehrung über das Widerspruchsrecht zu Unrecht als genügend erachtet. Diese sei nicht ausreichend hervorgehoben. Weiter wiederholt sie ihre Auffassung, die Angaben in der Verbraucherinformation seien unvollständig. Es fehle an einer übersichtlichen Gliederung, an einer Ausweisung der einzelnen Prämien, an der Angabe etwaiger Nebengebühren und -kosten sowie zur Prämienhöhe, zur Antragsbindungsfrist, zu den Berechnungsgrundsätzen für die Überschussermittlung und Überschussbeteiligung sowie zu den Rückkaufswerten und dazu, in welchem Ausmaß diese garantiert seien. Eine Verwirkung des Widerspruchsrechts sei nicht anzunehmen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte unter Abänderung des am 25.03.2019 verkündeten Endurteils des Landgerichts Stuttgart - 18 O 289/18 - zu verurteilen, an sie einen Betrag von 27.828,65 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.09.2015 zu zahlen,
2. die Beklagte unter Abänderung des am 25.03.2019 verkündeten Endurteils des Landgerichts Stuttgart - 18 O 289/18 - zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 691,33 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 08.12.2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Entscheidung erster Instanz und macht in ihrer Berufungserwiderung vom 28.06.2019 (GA III 294 ff.) ergänzend geltend, es bestehe kein Widerspruchsrecht aufgrund einer unzureichenden Verbraucherinformation, letztlich sei die der ...