Verfahrensgang
LG Stuttgart (Aktenzeichen 18 O 382/18) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 27.03.2019 - 18 O 382/18 - abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.206,90 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.08.2015 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten gegenüber der J.R., i.H.v. 106,74 Euro freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 9/10 zu tragen, die Beklagte 1/10.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird für die Beklagte zugelassen.
Streitwert: 11.884,68 Euro.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Rückabwicklung einer bei der Beklagten im Jahr 1997 genommenen, in 2001 gekündigten Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nach erklärtem Widerspruch aus dem Jahr 2015 (Schreiben vom 04.08.2015 - Anlage K 4 = GA I 46). Die Beklagte hat den Widerspruch zurückgewiesen.
Der Kläger hat in erster Instanz die Zahlung von insgesamt 11.884,68 Euro nebst Nebenforderungen beantragt und die Auffassung vertreten, die Widerspruchsbelehrung sei nicht ordnungsgemäß, insbesondere nicht hinreichend drucktechnisch hervorgehoben; sie weise auch nicht auf die Rechtsfolgen des Widerspruchs hin. Weiter sei die Verbraucherinformation nicht vollständig. So fehle es unter anderem an der erforderlichen übersichtlichen Gliederung sowie an ausreichenden Angaben über die einzelnen Prämien, zu den zu zahlenden Gesamtbetrag, zu den Nebenkosten, zur Überschussermittlung und Überschussbeteiligung sowie zu den Rückkaufswerten, ebenso fehlten Angaben zur Antragsbindungsfrist. Er hat geltend gemacht, ihm seien unter Berücksichtigung von Risikokosten i.H.v. insgesamt 891,84 Euro und der aufgrund der Kündigung ausgezahlten 2.595,73 Euro die Prämien i.H.v. 4.066,02 Euro zu erstatten, zudem habe die Beklagte Nutzungen im Deckungsstock i.H.v. 312,98 Euro sowie Nutzungen im Eigenkapital i.H.v. 10.993,25 Euro zu bezahlen. Die Beklagte hat erstinstanzlich Klageabweisung beantragt und hierzu insbesondere vorgetragen, dass die Widerspruchsbelehrung ordnungsgemäß und die Verbraucherinformation vollständig sei. Zudem sei der Widerspruch rechtsmissbräuchlich. Sie hat weiter geltend gemacht, dass dem Kläger jedenfalls ein Anspruch in der beanspruchten Höhe nicht zustehe.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des dortigen Urteils sowie auf die in erster Instanz eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen (insbesondere GA I 1 ff. und GA I 120 ff. einerseits, GA I 65 ff. andererseits).
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 27.03.2019, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, als unbegründet abgewiesen. Es lägen gravierende Umstände vor, die dem Kläger die Geltendmachung des Anspruchs verwehrten.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge weiter. Zur Begründung führt er in seiner Berufungsbegründung vom 29.05.2019 (GA II 164 ff.) sowie im Schriftsatz vom 24.07.2019 (GA II 206 f.), auf die jeweils zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (GA II 164 ff.), unter anderem aus, das Landgericht habe zu Unrecht die Rückabwicklungsansprüche als verwirkt angesehen und die Beklagte habe nach klaren und eindeutigen Angaben im Versicherungsschein nicht die Rückkaufswerte mitgeteilt.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte unter Abänderung des am 27.03.2019 verkündeten Endurteils des Landgerichts Stuttgart - 18 O 382/18 - zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 11.884,68 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.08.2015 zu zahlen,
2. die Beklagte unter Abänderung des am 27.03.2019 verkündeten Endurteils des Landgerichts Stuttgart - 18 O 382/18 - zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.731,69 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 19.09.2016 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt unter Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Entscheidung erster Instanz und macht in ihrer Berufungserwiderung vom 17.07.2019 (GA II 182 ff.) ergänzend geltend, es bestehe kein Widerspruchsrecht aufgrund einer unzureichenden Verbraucherinformation, letztlich sei die dem Kläger gegebene Verbraucherinformation auch nicht unvollständig. Insbesondere die Angaben zu den Rückkaufswerten seien zutreffend, es sei unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht worden, dass der ange...