Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährungsbeginn bei vereinbarter Teilabnahme von Architektenleistungen
Leitsatz (amtlich)
Ist in einem Architektenvertrag über die Leistungsphasen 1 bis 9 vereinbart, dass der Architekt berechtigt ist, nach Erreichen eines Teilleistungserfolgs eine Abnahme der bis dahin erbrachten Leistungen zu verlangen, führt eine nach Erbringung der Leistungsphasen 1 bis 8 erfolgte vorbehaltlose Zahlung auf eine Schlussrechnung regelmäßig dazu, dass die Arbeiten der Leistungsphasen 1 bis 8 als zum Zeitpunkt der Zahlung abgenommen anzusehen sind. Dies hat zur Folge, dass damit die Verjährung etwaiger Schadensersatzansprüche gegen den Architekten wegen eines Mangels des Werks zu laufen beginnt.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 22.03.2018, Az. 4 O 239/17, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 166.711,11 EUR festgesetzt.
Gründe
I. 1. Die Klägerin macht Architektenhaftungsansprüche wegen eines im Jahr 2016 entdeckten Wasserschadens in einem vom Beklagten im Jahr 2009 geplanten und in den Folgejahren beaufsichtigten Anbaus eines Kindergartens geltend. Ob Ursache des Schadens zwei nicht erfolgte Verpressungen an der im Boden verlaufenden Kaltwasserleitung waren, ist streitig. Die Bauarbeiten wurden bereits im Jahr 2010 abgeschlossen und vollständig bezahlt. Die am 11.02.2011 gestellte Schlussrechnung des Beklagten über alle Leistungsphasen (1 bis 9 nach HOAI 2009) wurde von der Klägerin am 10.03.2011 vollständig und vorbehaltlos beglichen. Wegen Einzelheiten des unstreitigen Sachverhaltes, des Vorbringens der Parteien und ihrer Anträge im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie die im ersten Rechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift verwiesen.
2. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Etwaige Ansprüche der Klägerin seien verjährt. Die Verjährung wegen der behaupteten Verletzung der Planungs- und Bauüberwachungspflicht sei jedenfalls fünf Jahre nach vorbehaltloser Zahlung der Schlussrechnung (10.03.2011) am 11.03.2016 eingetreten. In der Zahlung liege eine konkludente Teilabnahme bezüglich der Leistungsphasen 1 bis 8.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts verwiesen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 27.03.2018 zugestellte Urteil am 18.04.2018 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist am 18.05.2018 beim Oberlandesgericht Stuttgart eingegangen.
3. Die Klägerin ist der Ansicht,
Verjährung sei noch nicht eingetreten. Erst mit Erbringung aller Leistungsphasen (1 bis 9) sei das Architektenwerk vollendet. Somit verjährten Ansprüche gegen den Beklagten erst im Jahr 2020. Es sei auch zu keiner Teilabnahme gekommen. Es fehle bereits am Teilabnahmeverlangen. Ein solches sei nicht in der Schlussrechnungsstellung zu sehen. Ein Abnahmewille dürfe nach höchstrichterlicher Rechtsprechung weder unterstellt noch vermutet werden. Bei teilweise ausgeführter Leistung komme eine Abnahme auch nicht durch schlüssiges Verhalten in Betracht.
Die Klägerin beantragt:
1. Das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 01.03.2018, Az.: 4 O 239/17 wird abgeändert.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 166.711,11 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält das Urteil des Landgerichts für richtig und trägt vor,
am 14.02.2011 habe er nicht nur das Schreiben mit Fristsetzung zur Abnahme (Anlage B 9), sondern vor Zeugen auch die vollständige, umfangreiche Leitz-Ordner füllende Dokumentation (Revisionspläne, Fotos u.a.) mit Begleitschreiben (Anlage B 10) übergeben. Das einfache Bestreiten des Zugangs des Schreibens mit der Aufforderung und Fristsetzung zur Abnahme sei vor diesem Hintergrund unzulässig. Im Übrigen wiederholt und vertieft der Beklagte sein Vorbringen aus erster Instanz.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll vom 06.11.2018 verwiesen. Dem Beklagten wurde im Termin antragsgemäß ein Schriftsatzrecht zur Stellungnahme auf den Schriftsatz der Klägerseite vom 23.10.2018 bis 27.11.2018 gewährt. Der angekündigte Schriftsatz des Beklagten (Datum 21.11.2018) ist am 26.11.2018 eingegangen.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des Landgerichts ist richtig. Etwaige Ansprüche der Klägerin sind verjährt.
1. Es kann vorliegend offen bleiben, ob der Beklagte eine Pflicht aus dem ...