Leitsatz (amtlich)
Rücktritt vom Kaufvertrag aufgrund vereinbarter Selbstbelieferungsvorbehaltsklausel. Ein kongruenter Deckungsvertrag liegt vor, wenn der Verkäufer im Zeitpunkt des Abschlusses des Verkaufs-Kontraktes im Besitz eines rechtsverbindlichen Einkaufskontraktes ist, der die Befriedigung des Käufers sichert.
Normenkette
BGB §§ 249, 252, 280, 281 Abs. 1, § 433
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 24.06.2010; Aktenzeichen 22 O 537/09) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 22. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 24.6.2010 - 22 O 537/09 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 22.567,22 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin, die gewerblich mit Kraftfahrzeugen handelt, begehrt von der Beklagten, die insbesondere Pkw aus I. importiert, Schadensersatz im Anschluss an eine Bestellung von 10 Fahrzeugen der Marke X P. T. 1.2 im Februar 2009, die von der Beklagten nicht geliefert wurden.
Die Parteien streiten vornehmlich darum, ob ein wirksamer Kaufvertrag über die vorerwähnten Fahrzeuge geschlossen wurde und ob die Beklagte berechtigt ist, wegen ausgebliebener Selbstbelieferung vom Kaufvertrag - seine Wirksamkeit unterstellt - zurückzutreten.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen des LG, den Anträgen und wegen des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf das landgerichtliche Urteil vom 24.6.2010 Bezug genommen.
Durch dieses Urteil wurde die auf Zahlung von 22.567,22 EUR nebst Zinsen und auf Erstattung von vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage nach Vernehmung der Zeugen W., J. und S. abgewiesen. Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin mit der Beklagten zwar einen Kaufvertrag über 10 Pkw der Marke X P. geschlossen habe, da sich die Zeugen W. und J. nach dem Angebot vom 5.2.2009 telefonisch auf einen konkreten Vertragsinhalt geeinigt hätten. Der gegenteilige Vermerk auf dem Bestellformular sei insoweit unbeachtlich, da er dem tatsächlichen Verhalten des Zeugen J. zuwidergelaufen sei. Jedoch sei die Beklagte befugt gewesen, vom Kaufvertrag zurücktreten unter Berufung auf die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) enthaltene Selbstbelieferungsklausel. Die AGB der Beklagten seien Vertragsgrundlage geworden. Die fragliche Klausel benachteilige die Klägerin nicht unangemessen. Sie werde auch den Anforderungen des § 308 Nr. 3 und Nr. 8 BGB gerecht. Die Beklagte habe vor dem Abschluss eines Vertrages mit der Klägerin ein kongruentes Deckungsgeschäft mit der Firma S. S. p. A., M. (im Folgenden: Firma S.), geschlossen und sei von dieser im Stich gelassen worden. Davon sei nach der Vernehmung der Zeugin S auszugehen. Diese habe angegeben, dass erst nach Vorliegen einer verbindlichen Bestätigung durch die Firma S ein Angebot zum Verkauf an den Vertrieb weitergeleitet worden sei. Die in I. bestellten Fahrzeuge seien die gleichen gewesen, wie sie von der Klägerin geordert worden seien. Der Einkaufskontrakt mit der Firma S. habe mindestens die gleiche Sicherheit für die Lieferung geboten wie der Vertrag zwischen den Parteien unabhängig davon, ob der Einkaufskontrakt eine Selbstbelieferungsklausel enthalten habe oder nicht. Mit der Lieferantin habe es noch nie Belieferungsprobleme gegeben. Ein Rücktritt sei nicht nach § 242 BGB ausgeschlossen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten bei Abschluss des Einkaufskontraktes bekannt gewesen sei, dass die Belieferung ungewiss sei, lägen keine vor. Das Deckungsgeschäft sei auch nicht "blindlings" getätigt worden. Insoweit seien von der Klägerin lediglich pauschale Behauptungen aufgestellt worden.
Einen Verzugsschaden, der durch die verspätete Anzeige der Nichtbelieferung durch die Beklagte entstanden sei, habe die Klägerin nicht behauptet. Die Grundsätze der Drittschadensliquidation seien nicht heranzuziehen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Sie macht unter Ergänzung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrags im Wesentlichen geltend, die Annahme eines Vertragsschlusses durch das Erstgericht sei zutreffend. Jedoch seien die AGB der Beklagten nicht einbezogen worden. Bereits im Verfahren vor dem LG habe sie zusätzlich bestritten, dass die als Anlage B 1 vorgelegten AGB der Beklagten mit Stand Oktober 2008 in gleicher Weise im Februar 2009 gültig waren. Dadurch, dass die Beklagte zwei identische Fassungen ihrer AGB vorgelegt habe, sei dies nicht ausreichend belegt.
Der Beklagten sei eine Berufung auf die Selbstbelieferungsklausel verwehrt. Nach wie vor habe die Beklagte nicht ausreichend bewiesen, dass ein kongruentes Deckungsgeschäft abgesc...