Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 13.12.1985; Aktenzeichen 9 O 351/85) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 13. Dezember 1985 – 9 O 351/85– wird
zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert der Berufung und Beschwer des Beklagten: |
10.534,41 DM. |
Von der Darstellung des Tatbestandes wird in Anwendung von § 543 Abs. 1
abgesehen
Gründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung ihres Pkw's zu. Der Beklagte kann sich wegen einer Obliegenheitsverletzung nicht auf die vereinbarte Haftungsfreistellung berufen.
1. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß Ziffer 5 der AGB Vertragsbestandteil geworden ist. Die Klausel steht fettgedruckt und mit Ausrufezeichen versehen über der Unterschrift des Beklagten.
2. Diese Ziffer 5 ist nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit § 9 AGBG vereinbar (vgl. BGH NJW 82, 167). Nach dem Inhalt dieser Entscheidung bestehen in Übereinstimmung mit der früheren Rechtsprechung (BGH NJW 68, 2099, 2100) keine Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Bestimmung.
Die getroffene Vereinbarung, daß bei jedem Unfall die Polizei hinzugezogen werden muß, begründet eine Obliegenheit des Mieters. Diese Obliegenheit fügt sich in das Leitbild der Kaskoversicherung ein (so schon BGH NJW 68, 2099, 2100). Daß die gemäß § 7 I 2 S. 3 AKB bestehende allgemeine Aufklärungspflicht durch unmißverständliche Regelungen in den Versicherungsbedingungen dahingehend konkretisiert werden kann, daß der Versicherungsnehmer von sich aus sich Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden unterziehen muß, hat der Bundesgerichtshof auch in seiner Entscheidung NJW 76, 371 festgestellt, und zwar nicht nur begrenzt auf den Fall der Anordnung einer Blutprobe, wie der Beklagte meint. Eine Verpflichtung zur Selbstbelastung gegenüber der Polizei ist damit nicht zwingend verbunden. Soweit es in Einzelfällen –z.B. bei einer Trunkenheitsfahrt– einer solchen gleichkommt, ist darauf hinzuweisen, daß es der Mieter in der Hand hat, entweder die Obliegenheit zu erfüllen oder aber sich über sie hinwegzusetzen, dann aber seine Haftungsfreiheit einzubüßen.
Damit steht fest, daß die Klausel Ziffer 5 sich in den vom Leitbild der Kaskoversicherung vorgegebenen Grenzen hält.
3. Der Auffassung des Beklagten, Ziffer 5 der klägerischen AGB sei unklar und damit unwirksam (§ 5 AGBG), kann sich der Senat nicht anschließen. Es stimmt nicht, wenn der Beklagte behaupten will, mit dem Wort „Unfall” würden nur solche Schadensereignisse bezeichnet, bei denen ein Fremdschaden entsteht.
Ebenso wenig kann zweifelhaft sein, daß zu den Haftungsbeschränkungen auch der Haftungsausschluß gehört.
4. Es ist sicher richtig, daß für die Rechtsfolgen aus der Obliegenheitsverletzung die Grundsätze zu berücksichtigen sind, die in der Kaskoversicherung bei nachträglicher Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers gelten (BGH NJW 82, 167). Für diese ist anerkannt, daß die Leistungsfreiheit des Versicherers sowohl von der Intensität des Verschuldens des Versicherungsnehmers als von der Relevanz für die Gefährdung der Interessen des Versicherers abhängt.
a) Der Beklagte hat die Obliegenheitsverletzung in erheblichem Maße verschuldet. Die Verhaltensvorschrift in Ziffer 5 der AGB ist eindeutig und unmißverständlich. Sie hatte selbstverständlich auch dann Geltung, wenn tatsächlich – wie der Beklagte behauptet, daß ihm gesagt worden sei – eine Kaskoversicherung abgeschlossen worden wäre.
Dem Beklagten wäre es ohne weiteres möglich gewesen, selbst die Polizei zu verständigen, nachdem er feststellen mußte, daß der von ihm benannte Zeuge Deschner dies offensichtlich nicht mit Erfolg getan hatte. Der Beklagte hat auch in der Berufung keine Erklärung dafür, warum er nicht beim Eigentümer des Zauns die Polizei telefonisch verständigt hat. Es mußte dem Beklagten auch klar sein, daß seine Einigung mit dem Zauneigentümer nicht seine Obliegenheit zur Verständigung der Polizei beseitigt hat. Denn offensichtlich dient diese Vorschrift auch den Interessen der Klägerin zur Durchsetzung eventueller Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten. Denn in Ziffer 4 der AGB ist geregelt, daß die vom Mieter unter Alkoholeinfluß, vorsätzlich, grob fahrlässig oder im Zustand der Fahruntüchtigkeit verursachten Schäden vom Mieter in vollem Umfang zu tragen sind. Insofern ist Ziffer 5 der AGB eine notwendige Ergänzung zu Ziffer 4, weil ohne polizeiliche Unfallaufnahme in vielen Fällen die Tatbestände gemäß Ziffer 4 nicht festgestellt werden können.
b) Damit ist aber auch festgestellt, daß die Beachtung der Ziffer 5 der AGB von erheblicher Relevanz für die Interessen des Versicherers ist. Dies zeigt gerade der vorliegende Fall. Der Beklagte behauptet, er sei infolge großer Fahrbahnverschmutzung von der Fahrbahn abgekommen. Wenn dies zutrifft, hat der Beklagte den Unfall entweder gar nicht verschuldet oder nur ...