Leitsatz (amtlich)
Eine Kündigung nach § 594e Abs. 2 S. 1 BGB wegen Zahlungsverzugs setzt grundsätzlich nicht voraus, dass vor Ausspruch der Kündigung eine Abmahnung bzw. Fristsetzung zur Zahlung ausgesprochen wird.
Normenkette
BGB § 594e
Verfahrensgang
AG Ravensburg (Urteil vom 25.09.2013; Aktenzeichen XV 6/13) |
Tenor
1. Das Urteil des AG Ravensburg - Landwirtschaftsgericht - vom 25.9.2013 (Az. XV 6/13) wird abgeändert und der Beklagte wird verurteilt, die Grundstücke Gemarkung E., lfd. X im Grundbuch von W., Flurstück Nr. X, Grünland, an den Kläger herauszugeben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits in beiden Instanzen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Berufungsstreitwert: 2.855 EUR
Gründe
I. Die Parteien streiten sich um die Wirksamkeit einer vom Kläger ausgesprochenen Kündigung eines Pachtverhältnisses über verschiedene landwirtschaftliche Grundstücke mit Flächen von 8,33 ha, 0,9 ha und 0,18 ha. Es handelt sich um zusammenhängendes Dauergrünland.
Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landwirtschaftsgericht hat die auf Herausgabe der Grundstücke gerichtete Klage abgewiesen mit der Begründung, dass eine Kündigung gem. §§ 594e Abs. 2 Satz 1, 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BGB nur wirksam sei, wenn vor der Kündigung eine Abmahnung ausgesprochen worden sei. Zwar sei nach dem Wortlaut dieser Vorschrift im Falle der Jahrespacht Verzug mit der Entrichtung der Pacht oder eines nicht unerheblichen Teils davon länger als drei Monate für eine Kündigung ausreichend. Diese Spezialvorschrift besage jedoch nicht, dass von einer Abmahnung bzw. einer Fristsetzung abgesehen werden könne. Aus der allein vorliegenden allgemeinen Verweisung auf § 543 BGB in § 594e Abs. 1 BGB sei dies nicht zu entnehmen. Denn der Fall, in dem nach § 542 Abs. 3 BGB von einer Abmahnung abgesehen werden könne, nämlich derjenige des § 543 Abs. 2 Nr. 3a oder b BGB, liege im Rahmen des Kündigungstatbestandes nach § 594e Abs. 2, Alt. 1 BGB gerade nicht vor. Rechtssystematisch bleibe es daher über § 594e Abs. 1 BGB bei der grundsätzlichen Obliegenheit des Verpächters gem. § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB, erst eine angemessene Frist zu setzen. Die Ausnahme in § 543 Abs. 2 Nr. 3a und b BGB bilde eine Ausnahme. Sie rechtfertige sich allein unter dem Gesichtspunkt des Verstreichens zweier einschlägiger Zahlungstermine in Folge. Dieser entscheidende Gesichtspunkt fehle im Fall des § 594e Abs. 2 Satz 1 BGB, weshalb vor Ausspruch einer Kündigung eine angemessene Nachfrist gesetzt werden müsse. Zudem sei es selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen von §§ 543 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB ständige Rechtsprechung, dass im Ausnahmefall einer sich nur isoliert darstellenden Vertragsstörung mittleren oder nur leichten Verschuldens einer Vertragspartei nicht überfallartig zur außerordentlichen Beendigung des Dauerschuldverhältnisses gegriffen werden könne. Dies gelte insbesondere, wenn Anhaltspunkte für grundsätzliche Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit fehlen oder wenn der Verzug im Verhältnis zur bisherigen Vertragsdauer und Vertragserfüllung unbedeutend sei. Dies liege hier vor, da die einmalig und umgehend korrigierte Unterlassung des Beklagten unstreitig auf einem schlichten Irrtum beruht habe. Der eingetretene Zahlungsverzug von 3 Monaten sei gemessen an der Gesamtpachtdauer von 8 Jahren geringfügig.
Die ausgesprochene Kündigung sei daher mangels notwendiger Mahnung unwirksam, weshalb die Klage abzuweisen sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Das Landwirtschaftsgericht weiche in seiner Entscheidung vom Wortlaut des § 594e BGB und der Systematik des Miet- und Pachtrechts ab. § 594e Abs. 2 BGB stelle eine Spezialvorschrift dar, die gegenüber § 543 Abs. 2 BGB vorrangig sei. Es handle sich eindeutig um eine Sonderregelung für das Landpachtrecht. Aus dem Wortlaut von § 594e Abs. 2 Satz 1 BGB ergebe sich, dass abweichend von § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB für den dort geregelten Fall die einmalige Versäumnis mit einer Verzugsdauer von drei Monaten ausreichend sei. Der Gesetzgeber sehe eine Abmahnung nur vor, wenn der Vertragspartner vor Eintritt weiterer Konsequenzen über seinen Vertragsverstoß informiert werden müsse; dies sei im Falle des Zahlungsverzugs aufgrund fest vereinbarter Zahlungstermine nicht der Fall. Die Notwendigkeit einer Abmahnung könne auch nicht daraus konstruiert werden, dass der Verzugseintritt in § 543 Abs. 2 BGB an eine wiederholte Zahlungsverzögerung angeknüpft sei, weil dies § 594e Abs. 2 Satz 1 BGB gerade nicht verlange. § 594 Abs. 2 BGB setze daher lediglich Verzug für die Dauer von 3 Monaten mit der Zahlung der Jahrespacht voraus. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Zahlung nur "versehentlich" unterblieben sei, weil auch eine versehentlich unterbliebene Zahlung fahrlässig i.S.v. § 276 BGB sei. Hinzu komme, dass die Parteien erst am 19.9.2012 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen hätt...