Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 14.02.2020; Aktenzeichen 30 O 16/18) |
Tenor
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 14.02.2020, Az. 30 O 16/18, wird wie folgt abgeändert:
1.1. Auf die Berufung der Beklagten Ziff. 1 und 3 wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 14.02.2020, Az. 30 O 16/18, aufgehoben, soweit die Klage in Bezug auf die Beschaffungsvorgänge Nr. 6 und 7 einschließlich der insoweit jeweils geltend gemachten Zinsen, außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Kosten für die Gutachtenerstellung dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt worden ist.
1.2. Auf die Berufung der Beklagten Ziff. 2 wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 14.02.2020, Az. 30 O 16/18, aufgehoben, soweit die Klage in Bezug auf den Beschaffungsvorgang Nr. 5 einschließlich der insoweit geltend gemachten Zinsen, außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Kosten für die Gutachtenerstellung dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt worden ist.
1.3. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 14.02.2020, Az. 30 O 16/18, aufgehoben, soweit das Landgericht die Klage gegen die Beklagten Ziff. 1 und 3 in Bezug auf den Beschaffungsvorgang Nr. 5 abgewiesen hat.
1.4. Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Landgericht zurückverwiesen.
1.5. Die Anschlussberufung der Klägerin gegen die Abweisung der Klage gegen alle Beklagten in Bezug auf die Erwerbsvorgänge Nr. 1 bis 4 und gegen die Beklagte Ziff. 2 in Bezug auf die Erwerbsvorgänge Nr. 6 und 7 wird zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. 1. Sachverhalt in erster Instanz
Die Klägerin ist eine Kommune in Hessen. Die Beklagten waren Beteiligte am LKW-Kartell wie folgt (Beschluss der Kommission vom 19.07.2016, AT.39824 - Lkw, Rn. 95-97):
- Die Beklagte Ziff. 1 vom Beginn des Kartells am 17.01.1997 bis zum 18.01.2011.
- Die Beklagte Ziff. 2 vom 26.06.2001 bis zum 18.01.2011. Die Muttergesellschaft der Beklagten Ziff. 2, die Iveco S.p.A., war direkt Beteiligte im Zeitraum vom 17.01.1997 bis 14.11.2008.
- Die Beklagte Ziff. 3 in Gestalt der MAN Truck & Bus AG als Rechtsvorgängerin der Beklagten Ziff. 3 vom 17.01.1997 bis zum 20.09.2010.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin gegen die Beklagten als Beteiligte des LKW-Kartells Schadensersatzansprüche aus den folgenden Beschaffungsvorgängen geltend:
Lfd. Nr. LGU |
Fahrzeug |
Verkäufer |
Datum des Angebots des Auftrags der Rechnung |
Anlagen (Bd. IX) |
1 |
Mercedes Benz Vario Kastenwagen 7,49 t (LiBi K15, Bd. IX) |
Beklagte Ziff. 1 |
26.01.1999 - 30.04.1999 |
K15/16 |
2 |
Mercedes Benz ATEGO Feuerwehrfahrgestell |
Beklagte Ziff. 1 |
13.05.2013 - 30.07.2013 |
K17 |
3 |
Iveco Magirus Löschgruppenfahrzeug |
Iveco Magirus Brandschutztechnik GmbH (heute: Magirus GmbH) |
10.02.1998 14.07.1998 03.12.1998 |
K18 |
4 |
Iveco Magirus Löschgruppenfahrzeug |
Iveco Magirus Brandschutztechnik GmbH (heute: Magirus GmbH) |
12.04.1999 24.06.1999 27.04.2000 |
K19 |
5 |
Iveco Magirus Eurocargo |
Iveco Süd-West Nutzfahrzeuge GmbH |
- 17.05.2006 31.07.2006 |
K20 |
6 |
MAN LKW |
Beklagte Ziff. 3 |
25.01.2001 16.02.2001 25.06.2001 |
K21 |
7 |
MAN LKW Feuerwehrfahrzeug |
Beklagte Ziff. 3 |
29.05.2001 14.08.2001 22.10.2001 |
K22 |
Die Kaufverträge über LKW der Marke Iveco schloss die Klägerin mit Tochtergesellschaften der Beklagten Ziff. 2 ab (Handelsregisterauszüge, Anlage K12, Bd. I, nach Bl. 63). Bei dem Erwerbsvorgang Nr. 5 hatte die Iveco Süd-West Nutzfahrzeuge GmbH den Lkw ihrerseits zuvor von der Beklagten Ziff. 2 erworben.
Im Verhältnis zur Beklagten Ziff. 1 sind die Erwerbsvorgänge Nr. 1 und 2 unstreitig. Die übrigen Beschaffungsvorgänge bestreitet die Beklagte Ziff. 1 mit Nichtwissen.
Im Verhältnis zur Beklagten Ziff. 2 sind die Erwerbsvorgänge Nr. 3 bis 5 unstreitig. Die übrigen Beschaffungsvorgänge bestreitet die Beklagte Ziff. 2 mit Nichtwissen.
Im Verhältnis zur Beklagten Ziff. 3 sind die Erwerbsvorgänge Nr. 6 und 7 unstreitig. Hinsichtlich der weiteren Beschaffungsvorgänge macht sich die Beklagte Ziff. 3 den Vortrag der Beklagten Ziff. 1 und 2 zu eigen.
Die Klägerin hat ein Schadensgutachten der L... GmbH vorgelegt, das auf der ökonometrischen Analyse von 28.640 Erwerbsvorgängen von 1.151 Kommunen und kommunalen Unternehmen beruht (Anlage K5, Bd. I, nach Bl. 42). Für das Gutachten musste die Klägerin 761,60 EUR aufwenden (Anlage K7, Bd. I, nach Bl. 42). Da die Klägerin nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, macht sie zu den im Gutachten ermittelten Nettoschäden jeweils auch den Umsatzsteuerbetrag geltend.
Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung. Soweit die Beklagten gegenüber der Klägerin zeitweise auf die Einrede der Verjährung verzichtet haben (Anlagen zum Schriftsatz vom 13.11.2019 sowie Anlage K23, jeweils Bd. XI), sind sie der Ansicht, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht unter die Verjährungsverzichtsvereinbarung fallen, weil die Ansprüche bereits bei Abschluss der jeweiligen Vereinbarung verjährt waren bzw. weil die Verjährungsverzichtsvereinbarung der Beklagten Ziff. 2 nur die Bescha...