Verfahrensgang
LG Ulm (Aktenzeichen 3 O 248/19) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ulm vom 28.08.2020, Az. 3 O 248/19, unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, zu dem Versicherungsvertag Nr. 37528360001 des Klägers Auskunft darüber zu erteilen, ob bei der Beklagten
a. folgende vom Kläger der Beklagten gegenüber abgegebenen Erklärungen im Original, in Abschrift und/oder in einem Dateisystem gespeichert sind:
(aa) Antrag auf Abschluss der Versicherung;
(bb) Kündigungsschreiben;
(cc) Rücktritte, Widersprüche und/oder Widerrufe des Vertrages;
(dd) Änderung und/oder Widerruf einer Bezugsberechtigung;
(ee) Abtretungserklärungen;
(ff) Verpfändungserklärungen;
(gg) Erklärungen über den Gesundheitszustand, soweit nicht im Antrag auf Abschluss der Versicherung enthalten;
(hh) Erklärungen in Bezug auf die Aufnahme eines Policendarlehens;
(ii) Erklärungen in Bezug auf Beitragsfreistellungen;
(jj) Anfragen zur Übermittlung des aktuellen Rückkaufswerts;
(kk) Erklärungen in Bezug auf Widersprüche gegen die dynamische Erhöhung der Beiträge;-
(ll) Erklärungen in Bezug auf Vertragsänderungen;
(mm) Erklärungen in Bezug auf die Vereinbarung eines Verwertungsausschlusses;
(nn) Erklärung in Bezug auf eine Wiederinkraftsetzung eines gekündigten Vertrages;
b. folgende von der Beklagten gegenüber dem Kläger oder gegenüber Dritten abgegebene Erklärungen im Original, in Abschrift und/oder in einem Dateisystem gespeichert sind:
(aa) Versicherungsschein;
(bb) Nachträge zum Versicherungsschein;
(cc) Anschreiben, mit dem der Versicherungsschein übersendet worden ist;
(dd) Kündigungsschreiben;
(ee) Zahlungserinnerung und/oder Mahnungen;
(ff) Abrechnungsschreiben nach Kündigung des Versicherungsvertrages;
(gg) Mitteilungen über den jeweils aktuellen Vertragsstand;
c. Buchungsdaten (Buchungsdatum, Buchungsbetrag, Verwendungszweck, Auftraggeber, Begünstigter) für jeden Zahlungseingang und Zahlungsausgang in Bezug auf den jeweiligen Versicherungsvertrag gespeichert sind.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger in Höhe von 127,93 EUR von der Forderung seiner Prozessbevollmächtigen freizustellen und diesen Betrag jeweils mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 28.09.2019 zu verzinsen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 EUR.
IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird für den Kläger zugelassen.
Streitwert in beiden Instanzen: 2.000,00 EUR
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Auskünfte, Abschriften von Erklärungen und Kopien von Daten aus einem Versicherungsvertrag. Zwischen den Parteien bestand ein Vertrag über eine mit Versicherungsbeginn 01.12.2004 abgeschlossene Lebensversicherung, die zum 01.09.2017 gekündigt wurde. Die Beklagte archiviert Poststücke in elektronischer Form. Am 05.02.2019 (Anlage K1) verlangte der Kläger von der Beklagten Auskünfte gem. Art. 15 Abs. 1 DSGVO über gespeicherte personenbezogene Daten sowie Unterlagen zum Versicherungsvertrag. Am 15.03.2019 (Anlage K2) erteilt die Beklagte diverse Auskünfte. Mit Anwaltsschreiben vom 11.07.2019 verlangte der Kläger erneut die angeforderten Daten bzw. Unterlagen.
Der Kläger, der in erster Instanz nach teilweiser übereinstimmender Erledigungserklärung wie im Berufungsverfahren beantragt hat, hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zur Auskunft und Herausgabe in Kopie der Dokumente, die personenbezogene Daten enthielten, verpflichtet.
Die Beklagte, die in erster Instanz Klageabweisung beantragt hat, hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unzulässig, da als Stufenklage unstatthaft, hinsichtlich der Buchungsdaten und der verlangten Erklärungen in Bezug auf Vertragsänderungen unbestimmt und insgesamt ohne Rechtsschutzbedürfnis, da es der Klage nicht um die Wahrnehmung datenschutzrechtlicher Belange gehe. Es sollten alleine Informationen für ein § 5a-VVG a.F. Verfahren erlangt werden. Der Anspruch nach § 15 DSGVO sei - soweit er bestehe - mit Schreiben vom 15.03.2019 (Anlage K2) erfüllt worden. Welche personenbezogenen Daten des Klägers im Sinne des Art. 2 Abs. 1 DSGVO verarbeiten würden, sei mitgeteilt worden. Eine weitergehende Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des Art. 2 Abs. 1 DSGVO über die bereits mitgeteilten Stammdaten hinaus fände nicht statt. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Auskunft über den Inhalt der archivierten Dokumente. Die Erfüllung des Auskunftsbegehrens erfordere unverhältnismäßigen Aufwand, da jedes elektronische Dokument durch einen Verantwortlichen auf personenbezogene Daten überprüft werden müsse, so dass der Unverhältnismäßigkeitseinwand analog Art. 15 Abs. 5 lit. b DSGVO entgegenstehe. Ein Anspruch auf Übermittlung von Abschriften und Kopien bestehe nicht.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitst...