Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 05.11.2019; Aktenzeichen 15 O 244/19) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 05.11.2019, Az. 15 O 244/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis 30.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht als Erwerber eines Pkw XY gegen die Beklagte als Herstellerin des Fahrzeuges Schadensersatzansprüche geltend, gestützt auf die Behauptung, in dem Fahrzeug sei eine unzulässige Abschalteinrichtung enthalten.
Der Kläger kaufte das Fahrzeug am 17.01.2017 von einem Dritten als Gebrauchtfahrzeug mit einer damaligen Laufleistung von 26.637 km zu einem Preis von 27.888,00 EUR. Das Fahrzeug wurde von der Beklagten hergestellt, wobei sie einen ebenfalls von ihr hergestellten 2.0-Liter-TDI-Motor (110 kW) des Typs EA 288 (Euro 6) verwendete. Das Fahrzeug ist nicht von einem Rückrufbescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen betroffen.
Bezüglich der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Vortrag des Klägers zu einer unzulässigen Abschalteinrichtung sei mangels tatsächlicher Anhaltspunkte ins Blaue hinein erfolgt. Die Existenz eines Thermofensters unterstellt lasse zumindest kein vorsätzlich sittenwidriges Verhalten erkennen.
Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung seine erstinstanzlich gestellten Anträge fort. Genauso wie der Motortyp EA 189 werde auch der streitgegenständliche Motortyp EA 288 durch eine Software gesteuert, die die NOx-Emissionswerte im behördlichen Prüfverfahren optimiere. Die Abgasreinigung sei nur zwischen 10°C und 32°C aktiv. Durch das aufgespielte Software-Update sei das Fahrzeug noch schmutziger geworden.
Der Kläger beantragt eine Abänderung des landgerichtlichen Urteils mit folgendem Tenor:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 27.888,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent hieraus seit dem 10.01.2017 sowie 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung Fahrzeugs XY, Fahrgestellnummer: ....
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des in Ziffer 1 genannten Fahrzeugs in Verzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.358,86 EUR freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Das in den EA 288-Motoren enthaltene Emissionskontrollsystem arbeite sowohl auf dem Prüfstand als auch auf der Straße mit identischer Wirksamkeit, insbesondere komme keine Umschaltlogik dergestalt zum Einsatz, dass das Emissionskontrollsystem auf den Prüfstand einen abgasoptimierten Modus verwende. Die Abgasrückführung (AGR) sei zwischen -24°C und +70°C zu 100% aktiv.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 13.04.2021 Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger stehen gegen die Beklagte keine Ansprüche zu.
1. Vertragliche Ansprüche sind nicht ersichtlich; der Kläger hat das streitgegenständliche Fahrzeug nicht von der Beklagten gekauft.
2. Ein Anspruch aus §§ 826, 31 BGB scheidet aus. Die Voraussetzungen für eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung (a.) werden vom Kläger nicht schlüssig behauptet (b.).
a. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Schon zur Feststellung der Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben. Insbesondere bei mittelbaren S...