Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung setzt auch beim Immobliliar-Verbraucherdarlehensvertrag nicht voraus, die der genauen Berechnung zugrunde zu legenden Größen bereits im Darlehensvertrag präzise zu definieren. Vielmehr genügt auch diesbezüglich die Benennung der wesentlichen Parameter in groben Zügen. Einer Differenzierung zwischen "Zinsbindungsfrist" und "rechtlich geschützter Zinserwartung" bedarf es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Normenkette
BGB § 493 Abs. 5, § 502 Abs. 2 Nr. 2; EGBGB Art. 247 § 7 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 14.06.2021; Aktenzeichen 25 O 89/21) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 14.06.2021, Az. 25 O 89/21, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses und das unter 1. genannte Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.579,93 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 05.07.2021, Az. 25 O 89/21, mit dem es seine Klage abgewiesen hat, und verfolgt das Klagebegehren vollumfänglich weiter.
In der Sache geht es um einen Anspruch auf Rückerstattung einer aufgrund während der Sollzinsbindung erfolgten Rückführung eines Immobiliar-Verbraucherdarlehens gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung (nachfolgend: VFE).
Der Kläger hatte bei der Beklagten einen grundpfandrechtlich gesicherten Zwischenkredit für die Zeit bis zur planmäßigen Zuteilung eines gleichzeitig abgeschlossenen Bausparvertrags aufgenommen, der - ohne Sondertilgungsmöglichkeit - ausschließlich mit dessen Bausparguthaben und -darlehen getilgt werden sollte. Bis zum planmäßigen Zuteilungstermin am 01.11.2032 war für den Zwischenkredit ein fester Sollzins von 2,85 % p.a. vereinbart.
Unter Nr. 9 der dem Zwischenkreditvertrag beigefügten Darlehensbedingungen hat die Beklagte u.a. über das spätestens 10 Jahre nach vollständigem Empfang bestehende ordentliche Kündigungsrecht i. S. d. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sowie über das außerordentliche Kündigungs- sowie Rückzahlungsrecht aufgrund berechtigten Interesses insbesondere bei Verwertung des Sicherungsobjekts belehrt (Anl.-Heft I Bl. 22). Zur in den beiden letztgenannten Fällen anfallenden VFE heißt es dort unter 9.1.2 Abs. 2 f.:
"Der Darlehensnehmer hat der Bausparkasse in diesem Fall denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (VorfäIligkeitsentschädigung). Dieser wird nach den vom Bundesgerichtshof für die Berechnung vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen ermittelt. Danach ist die Schadenshöhe abhängig vom geschuldeten Kreditbetrag, von der Restlaufzeit bis zum Ende der Zinsbindung, von der Differenz zwischen dem Darlehenszinssatz und der erzielten Rendite aus der Wiederanlage der zurückgeflossenen Darlehensmittel. Schadensmindernd sind die ersparten Verwaltungsaufwendungen und die eingesparte Risikomarge der Bausparkasse zu berücksichtigen. Der so ermittelte zukünftige Schaden ist auf den Gegenwartswert abzuzinsen.
Die Schadenshöhe wird hauptsächlich beeinflusst vom Wiederanlagezinssatz. Dabei wird unterstellt, dass die Bausparkasse den vorzeitig zurückgezahlten Kreditbetrag für die restliche Laufzeit der Zinsbindung anlegt und für den Anlagebetrag entsprechende Zinsen (Renditen) erzielt. Aus der Differenz zwischen der Anlagerendite und den entgangenen Kreditzinsen ergibt sich der Zinsschaden. Als Wiederanlagezinssätze werden die von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Renditen für laufzeitgleiche Hypothekenpfandbriefe und für kurze Laufzeiten die Sätze an den Geldmärken verwendet. Diese Renditen sind abhängig von der Situation an den Geld- und Kapitelmärkten und können nicht unerheblich steigen oder fallen und damit die Höhe des Vorfälligkeitsschadens verändern."
Nachdem der Kläger im Oktober 2020 angekündigt hatte, den Zwischenkredit aufgrund der Veräußerung der finanzierten Immobilie vorzeitig zurückzuführen, forderte die Beklagte ihn mit Schreiben vom 12.10.2020 zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 9.579,93 EUR auf. Nach deren Zahlung fordert der Kläger diese mit der Klage nunmehr zurück. Er ist der Ansicht, der Anspruch sei nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen, weil die Beklagte vor Abschluss des Vertrages nicht genügend über die Berechnung der gegebenenfalls zu fordernden VFE informiert habe.
Im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils vom 05.07.2021 (Bl. I 63 ff. der Akte) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage mit dem Klägervertreter am 30.07.2021 zugestelltem Urteil in der Fassung vom 13.09.2011 (Bl. I, 63 ff., 88 f. der Akte) abgewiesen.
Die am 17.08.2021 bei Gericht eingegangene und begründete Berufung verfolgt das Klagebegehren im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Insbesondere habe das Landgericht den Vortrag zum fehlende...