Verfahrensgang
LG Ravensburg (Urteil vom 13.04.2021; Aktenzeichen 4 O 379/20) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 13.04.2021, Az. 4 O 379/20, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.250,00 EUR zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung des Klägers zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 2/3, die Beklagte 1/3.
4. Dieses und das angegriffene Urteil, soweit es aufrecht erhalten bleibt, sind vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis 25.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Rahmen des sog. Dieselskandals um die Haftung der Beklagten.
Der Kläger erwarb am 13.08.2014 von L. W., welche gewerblich EU-Neufahrzeuge vertreibt, einen neuen, ihm am 25.10.2014 übergebenen, nicht zugelassenen EU-Neuwagen ... für 30.000,00 EUR bei einer Laufleistung von 0 km (Rechnung vom 25.10.2014, Anlagenheft Kläger LG, Anlage K1, GA 1). Für das Fahrzeug waren ausländische oder deutsche Papiere nicht vorhanden, ausgehändigt wurde lediglich eine EG-Übereinstimmungsbescheinigung (Rechnung vom 25.10.2014, Anlagenheft Kläger LG, Anlage K1, GA 1). Im Februar 2016 wurde der Kläger von der Beklagten über die Betroffenheit seines Fahrzeuges vom Dieselskandal informiert. Das Software-Update ließ er am 09.11.2016 aufspielen (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem LG am 26.02.2021, GA LG 335). Am 21.10.2021, dem Tag der mündlichen Verhandlung des Senats, betrug der Tachostand 71.438 km.
Die Beklagte ist die Herstellerin des Autos und des darin verbauten Motors des Typs EA 189, der mit einer Software mit Abschaltlogik ausgestattet war, die hinsichtlich der Abgasrückführung zwischen Prüfstand und gewöhnlichem Fahrbetrieb unterschied, so dass die Grenzwerte für Stickoxide zwar im Prüfstand, nicht aber bei normalem Fahrbetrieb eingehalten wurden. Nach einer 2015 deshalb erfolgten Beanstandung durch das Kraftfahrtbundesamt (KBA) entwickelte die Beklagte ein Software-Update, das durch das KBA zugelassen wurde.
Der Kläger hat in I. Instanz zuletzt beantragt, nachdem er die Hauptsache aufgrund der Neuberechnung der Nutzungsentschädigung teilweise für erledigt erklärt hat:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei EUR 30.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2020 abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von EUR 5.725,37 Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges ... mit der Fahrgestellnummer ... zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 12.05.2020 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 1.394,32 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.05.2020 zu zahlen.
Das Landgericht hat dem Antrag der Beklagten folgend die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Anspruch aus § 826 BGB sei verjährt. Die Verjährung beginne am 31.12.2015, spätestens Ende 2016, nachdem der Kläger im Jahr 2016 von der Beklagten angeschrieben worden sei. Verjährungshemmung sei nicht eingetreten. Weder habe der Kläger sich zur Musterfeststellungsklage angemeldet noch sei über den Anspruch verhandelt worden. Sonstige verjährungshemmende Maßnahmen trage der Kläger nicht vor und seien nicht ersichtlich.
Es bestehe kein Anspruch aus § 852 BGB. Kaufe der Geschädigte wie hier ein Fahrzeug, das von der Beklagten bereits an einen Ersterwerber veräußert worden sei, sei der Schaden beim Ersterwerber eingetreten. Die Vermögensverschiebung erfolge daher im Verhältnis des Ersterwerbers zur Beklagten, vorliegend somit im Verhältnis zwischen der Beklagten und L. W.. Dies sei zwar dann anders zu beurteilen, wenn es sich beim Erstverkäufer um einen Vertriebshändler der Beklagten handle, der das Fahrzeug ohne eigenes Absatzrisiko an den Zweiterwerber verkaufe, weil die Beklagte in diesem Fall bei wirtschaftlicher Betrachtung wegen des nicht vorhandenen Absatzrisikos des Händlers nichts auf dessen Kosten erlange, sondern auf Kosten des Endkunden. Beim Kauf des vorliegenden EU-Neufahrzeugs als Re-Import sei das jedoch nicht der Fall. Hier trage der Händler das Absatzrisiko, so dass der Verkauf für die Wertschöpfungskette der Beklagten nicht mehr relevant sei.
Ein Anspruch des Klägers ergebe sich auch nicht aufgrund des Vortrags, das Software-Update enthalte eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt einer Zykluserkennung vergleichbar der ursprünglichen Um...