Verfahrensgang
LG Stuttgart (Entscheidung vom 25.05.1983; Aktenzeichen 15 O 359/82) |
Tenor
1.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 25. Mai 1983 - 15 O 359/82 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert der Berufung und Wert der Beschwer der Klägerin: |
17.721,00 DM |
Tatbestand
Die Klägerin, ein Fuhrunternehmen, hatte vom beklagten Land den Auftrag erhalten, eine Versuchsanlage des Instituts für Siedlungswasserbau, Wassergüte und Abfallwirtschaft der Universität Stuttgart von P. nach A. auf das Gelände der dortigen Kläranlage, wo sie aufgestellt werden sollte, zu transportieren. Den Tieflader, mit dem die Klägerin den Transport am 29.08.1980 durchführte, lenkte ihr Kraftfahrer O. W. Das Abladen und Aufstellen der Teile erfolgte mit Hilfe eines Kranwagens der Firma ... Den Aufbau der Anlage leitete Dipl. Ing. ... ein Angestellter des beklagten Landes. Der Fahrer W. half beim Aufbau eines - für die Aufstellung des Silos erforderlichen - Gerüstes. Ob er auch bei der Aufstellung des Silos selbst mit Hand anlegte, ist zwischen den Parteien streitig. Kurze Zeit, nachdem das den Kranwagen mit dem Silo verbindende Seil gelöst worden war, kippte dieser um und erfaßte dabei den Fahrer, der an seinen Verletzungen starb.
Die Klägerin macht mit der Begründung, J. habe bei der Aufstellung des Silos nicht die nötige Sorgfalt walten lassen, gegen das beklagte Land Schadensersatzansprüche aus eigenem Recht, nämlich aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung, geltend. Mit der Klage hat sie, sich ein Mitverschulden ihres Fahrers von 1/4 anrechnen lassend, 3/4 der ihr aus Anlaß von dessen Tod entstandenen Vermögensnachteile ersetzt verlangt. Es handelt sich dabei um folgende Positionen:
Zahlung einer Unterstützung an die Hinterbliebenen des Fahrers in Höhe von 3 Monatseinkommen gemäß § 8 Abs. 6 e des Rahmentarifvertrages für die Industrie der Steine und Erden in Baden-Württemberg vom 01.01.1980 |
7.032,45 DM |
Verlust des Beitragsnachlasses, den die Steinbruchs-Berufsgenossenschaft, Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung des Fahrers, der Klägerin für das Jahr 1980 gewährt hätte, wenn der Unfall nicht passiert wäre (vgl. § 27 der Satzung der Steinbruchs-Berufsgenossenschaft in der Fassung vom 06.12.1977 i.V.m. deren Schreiben vom 10.08.1981, Bl. 52/5) |
15.759,93 DM |
Aufwendungen der Klägerin für die Ausrichtung eines Leichenschmauses und für Todesanzeigen |
844,63 DM |
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23.637,01 DM |
davon 3/4 |
17.727,76 DM |
Die Klägerin hat beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 17.721,00 DM nebst 13,5 % Zinsen hieraus seit 01.12.1982 zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat vorgetragen, der Fahrer habe nur beim Gerüstaufbau mitgeholfen. Der Aufstellung des Silos habe er aus einer sicheren Distanz von mehr als 6 m zugeschaut. Als er bemerkte, daß der Silo zu kippen drohte, sei er auf diesen zugelaufen und habe versucht, ihn mit den Händen aufzuhalten. Da dem Fahrer ohne dieses - auf seiner freien Entschließung beruhende - Fehlverhalten nichts passiert wäre, könne sein Tod dem beklagten Land nicht zugerechnet werden. Im übrigen seien die von der Klägerin mit der Klage geltend gemachten Aufwendungen nicht erstattungsfähig.
Das Landgericht hat der Klage durch das am 25.05.1983 verkündete und am 30./31.05.1983 zugestellte Urteil, auf das Bezug genommen wird, in vollem Umfang stattgegeben. Dagegen wendet sich das beklagte Land, seinen Klagabweisungsantrag weiterverfolgend, mit der am 30.06.1983 eingelegten und am 22.08.1983 mit einer Begründung versehenen Berufung, um deren Zurückweisung die Klägerin bittet.
Das beklagte Land bringt vor, das Landgericht habe ihm zu Unrecht eine Verletzung der Fürsorgepflicht gegenüber dem Fahrer W. vorgeworfen. Dieser sei weder mit den Ablade-noch mit den Aufbauarbeiten beauftragt gewesen und habe sich, jedenfalls während der Aufstellung des Silos, außerhalb des Gefahrenbereichs aufgehalten. Die Fehlreaktion W. - sein Versuch, den umkippenden Silo aufzuhalten - sei nicht voraussehbar gewesen. Selbst wenn man eine vertragliche Sorgfalts-Pflichtverletzung des beklagten Landes annähme, so fehlte es doch an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen ihr und dem Unfall W. da dessen Fehlverhalten nicht, wie das Landgericht gemeint habe, durch das Umkippen des Silos herausgefordert worden sei. Auch müßte ein eventuelles Verschulden des beklagten Landes hinter dem eigenen Verschulden der Klägerin - sie hätte ihren Fahrer strikt anweisen müssen, sich nicht in den Gefahrenbereich der Baustelle zu begeben - und der schuldhaften Fehlreaktion W. ganz zurücktreten. Schließlich könne das beklagte Land nicht schlechter gestellt werden, als wenn die Klägerin ihren Fahrer für die Entlade- und Montagearbeiten zur Verfügung gestellt hätte; in diesem Falle könnte sich nämlich das beklagte Land...