Entscheidungsstichwort (Thema)
Verstoß gegen das AGB-Gesetz
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 31.10.1985; Aktenzeichen 20 O 285/85) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 31. Oktober 1985 wird
zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 48.000,– DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Streitwert und Beschwer des Beklagten: |
40.000,– DM |
Tatbestand
Der beklagte Haus- und Grundbesitzerverein hat seinen Mitgliedern den Abschluß von Mietverträgen nach einem von ihm verfaßten Formular (Anl. K 1) empfohlen. Nach § 6 Abs. 1 des Formularvertrags konnte sich der Mieter auf etwaige Mängel zum Zeitpunkt der Überlassung nur berufen, wenn er diese innerhalb eines Monats nach Einzug schriftlich angezeigt hatte. Nach § 7 Abs. 5 oblag dem Mieter der Beweis dafür, daß Schäden oder übermäßige Abnützung von ihm nicht verursacht und nicht verschuldet waren. Nach § 12 Abs. 1 hatte der Mieter die Kosten für auch ohne sein Verschulden notwendige Reparaturen bis einschließlich 3 % der Jahresmiete im Einzelfall auf sich zu nehmen. Nach § 18 Abs. 1 war der Mieter am Ende des Mietverhältnisses verpflichtet, die Kosten für die Schönheitsreparaturen nach einem näher bestimmten Zeitplan aufgrund eines Kostenvoranschlages eines vom Vermieter auszuwählenden Malerfachgeschäftes an den Vermieter zu bezahlen.
Der Beklagte empfahl seinen Mitgliedern, zusätzlich zu dem Mietvertragsformular ein weiteres Formular zu verwenden, das die mit der Klage beanstandeten Klauseln enthält.
Der Kläger, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen, beanstandet diese Klauseln unter dem Gesichtspunkt des § 11 Nr. 15 AGBG. Er hat geltend gemacht, der Vermieter ändere die Beweis last zu seinen Gunsten, indem er sich formularmäßig bestätigen lasse, daß die dort genannten Klauseln des Mietvertrags individuell ausgehandelt seien. Darüberhinaus werde dem Mieter das Recht abgeschnitten geltend zu machen, eine bestimmte Klausel des Formularvertrags sei für ihn überraschend im Sinne von § 3 AGBG.
Der Kläger hat beantragt zu erkennen:
Der Beklagten wird untersagt, die nachfolgenden oder inhaltsgleiche Klauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit dem Formular-Mietvertrag Nr. 1/83 über die Anmietung von Wohnraum zu empfehlen, ausgenommen Verträge mit einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgeschäfts, mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder mit einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen:
- Die Regelungen in § 6, insbesondere die Anzeigepflicht des Mieters für Schäden innerhalb 1 Monats nach Einzug, sind ausführlich erörtert und gebilligt worden.
- Weiter wurde die Bestimmung in § 7 Abs. 5 erläutert, wonach der Mieter zu beweisen hat, daß bestehende Schäden von ihm nicht verursacht und nicht verschuldet sind.
- Auch die §§ 12 und 18 wurden besonders besprochen und dabei klargestellt, welche Folgen diese Bestimmungen haben.
- Nach erfolgter Durchsprache wird die Verbindlichkeit der Vertragsbestimmungen ausdrücklich anerkannt.
- Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu DM 500.000,– (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat geltend gemacht:
Die beanstandeten Klauseln hätten nicht den Sinn, aus dem Formularmietvertrag eine Individualvereinbarung zu machen. Eine zwischen den Parteien erfolgte Besprechung einer Klausel und deren nachfolgende ausdrückliche Anerkennung sei nicht als Individualvereinbarung nach § 1 Abs. 2 AGB zu qualifizieren. Die beanstandeten Klauseln besagten nichts anderes, als daß die andere Vertragspartei mit der Geltung des Formularmietvertrages im Sinne des § 2 Abs. 1 AGBG einverstanden sei. Die §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 5, 12 und 18 des Formularvertrages seien ihrerseits mit dem AGB-Gesetz vereinbar.
Durch Urteil vom 31. Oktober 1985 hat die 20. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt:
Die streitigen Zusatzerklärungen seien nicht bloß Einbeziehungsklauseln. Sie seien andererseits aber auch nicht geeignet, die fraglichen Teile des Mietvertragsformulars in Individualvereinbarungen umzuwandeln. Durch sie werde aber die Beweislage zum Nachteil des Mieters geändert. Der Mieter werde daran gehindert, sich darauf zu berufen, daß er die in dem Zusatzformular angeführten Vertragsbestimmungen nicht gekannt habe, oder daß es sich um nach § 3 AGBG unwirksame Überraschungsklauseln handele.
Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt noch vor, § 11 Nr. 15 AGBG greife nicht ein, da das beanstandete Zusatzformular nur die ohnehin bestehende Beweislastverteilung wieder...