nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorkaufsrecht, Verbindlichkeit einer im Erstvertrag vereinbarten Vertragsstrafe
Leitsatz (amtlich)
Verspricht in einem dem Vorkaufsrecht unterliegenden Grundstückskaufvertrag der Käufer dem Verkäufer eine Vertragsstrafe für den Fall des Weiterverkaufs, so kann es sich dabei im Verhältnis zum Vorkaufsberechtigten um einen nicht dem Interesse an der Vertragsdurchführung, sondern dem Zweck der Abwehr des Vorkaufsrechtes dienenden „Fremdkörper” handeln, der diesen nicht bindet.
Für den auf Vereitelung des Vorkaufsrechts abzielenden Zweck kann u.a. sprechen, wenn das Weiterveräußerungsverbot mit Vertragsstrafesanktion erst in einem Nachtrag zum Kaufvertrag eingeführt wird, dabei zugleich der Kaufpreis erhöht und eine mit dem Verkäufer begründete Pacht verlängert wird und vor dem Vertragsnachtrag das Interesse des Vorkaufsberechtigten bekannt geworden ist.
Ob eine solche Vertragsstrafe gegenüber dem nach §§ 4, 6 ReichsSiedlG Vorkaufsberechtigten schon wegen § 8 II ReichsSiedlG der Verbindlichkeit entbehrt, kann daneben offenbleiben.
Normenkette
BGB §§ 505-506; ReichsSiedlG §§ 4, 6, 8 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Aktenzeichen 9 O 76/00) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 16.05.2000 wird
zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 20.000,– DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Sicherheiten können auch durch unwiderrufliche, unbefristete, unbedingte und selbstschuldnerische schriftliche Bürgschaft einer deutschen Bank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.
Streitwert der Berufung und Beschwer des Klägers: |
150.000,– DM. |
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten eine Vertragsstrafe i.H.v. 150.000,– DM, die er sich am 18.09.1987 in einem Abänderungsvertrag zum Grundstückskaufvertrag vom 08.07.1997 von der Käuferin (Fa. H.) für den Fall des Weiterverkaufs hat versprechen lassen. Die Beklagte ist aufgrund Vorkaufsrechtes nach dem Reichssiedlungsgesetz in diesen Kaufvertrag eingetreten und hat die Grundstücke zwischenzeitlich an den Landwirt S. weiterveräußert. Im Streit steht, ob die Beklagte aufgrund der Ausübung ihres Vorkaufsrechtes dem Vertragsstrafeversprechen unterworfen oder an dieses nicht gebunden ist, da es sich dabei um einen nur zur Abwehr des Vorkaufsrechtes in den Erstvertrag aufgenommenen Fremdkörper handele. Hervorzuheben ist, daß die nachträgliche Einfügung des Strafversprechens am 18.09.1997 einhergegangen ist mit einer Anhebung des Kaufpreises der Grundstücke von 575.000,– DM auf 800.000,– DM und mit einer Hinausschiebung der Befristung des Pachtvertrages (Vertragsende 31.12.2012 statt früher 31.12.2002). Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und der gegenseitigen Standpunkte wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
DasLandgericht hat den Antrag,
die Beklagte zur Zahlung von 150.000,– DM nebst 6 % Zinsen seit 06.07.1999 zu verurteilen,
abgewiesen. Es hat die Vertragsstrafevereinbarung im Verhältnis zur vorkaufsberechtigten Beklagten als unverbindlich angesehen, da sie nicht wesensmäßig zum Kaufvertrag gehöre, sondern allein zur Abwehr des Vorkaufsrechtes gewählt worden sei, ohne im Rahmen des Erstvertrages Vorteile zu bringen. Zwar sei die Strafvereinbarung nicht aus sich heraus sittenwidrig, sie sei jedoch, wie die zeitliche Abfolge zeige, im Hinblick auf das Vorkaufsrecht eingeführt worden und auf dieses zugeschnitten und gegenüber dem Erstkäufer Fa. H. nicht angezeigt gewesen; die Sicherungsargumente des Klägers in bezug auf Fa. H. seien nicht schlüssig, da die Gefahr, den Pachtvertrag zu verlieren, schon rechtlich nicht zutreffe (§§ 593 b, 571 BGB), die Strafe zur Verhinderung des Besitzverlustes nicht tauge, und der Kläger auch nichts vorbringen könne, wofür die Strafe einen Ausgleich habe schaffen sollen. Insgesamt habe die Strafvereinbarung daher nicht dem Interesse der ursprünglichen Vertragsparteien, sondern dem Zweck gedient, das Vorkaufsrecht unattraktiv zu machen. Damit aber stelle es einen Fremdkörper im Vertrag dar, der die Beklagte als Vorkaufsberechtigte nicht binde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
Mit derBerufung verfolgt der Kläger den Klagantrag unverändert weiter. Das Landgericht habe unstreitig gebliebenen Tatsachenstoff nicht berücksichtigt und sich von ungerechtfertigten Vermutungen und Spekulationen leiten lassen.
Schon der Sachvortrag des Klägers sei im Tatbestand nicht richtig erfaßt worden. Er habe nicht nur vorgetragen, daß die Vertragsstrafe zusätzliche Sicherheit habe sein sollen. Selbstverständlich sei ihm der Fortbestand des Pachtvertrages bekannt gewesen, es sei ihm aber um tatsächliche Veränderungen und Belastungen des Pachtverhältnisses gegangen, die eine Veräuß...