Leitsatz (amtlich)
1. Ein Planungsfehler (keine Überdeckung von Lagermatten) wirkt auch dann haftungsbegründend, wenn der Unternehmer diesen Fehler nicht umsetzt, dadurch aber das Bauwerk aus einem anderen Grund (unzureichende Betonüberdeckung der Bewehrung) nicht dem Stand der Technik entspricht.
2. Ein Planer kann sich nicht darauf berufen, Fehler in der Bauüberwachung und Bauausführung hätten unabhängig von seinem Planungsfehler den geltend gemachten Schaden verursacht.
3. Der Bauleiter, der die Bauüberwachung übernommen hat, ist für das ordnungsgemäße Ineinandergreifen seiner Tätigkeit mit derjenigen der Fachplaner verantwortlich und muss sicherstellen, dass kritische Bauabschnitte (hier: Bewehrung von Betonierarbeiten) von ihm oder dem Fachplaner kontrolliert werden.
4. Die Abwägung von Mitverursachungsanteilen ist Aufgabe des Gerichts und nicht des Sachverständigen, der dem Gericht lediglich die für die Abwägung tatsächlichen Grundlagen darzulegen hat.
5. Ist eine Prüfstatik fehlerhaft und entsteht hierdurch ein Schaden, so ergeben sich keine Ansprüche des Bauherrn gegen den Prüfstatiker.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § § 633 ff.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 15.12.2011; Aktenzeichen 2 O 339/07) |
BGH (Aktenzeichen VII ZR 143/12) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Stuttgart vom 15.12.2011 abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 50.875,28 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 2.12.2007 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin 3/10 und der Beklagte 7/10.
4. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Berufungsstreitwert: 72.225,38 EUR
Gründe
I. Die Klägerin macht als Haftpflichtversicherung Ansprüche aus übergegangenem Recht gegen den Beklagten wegen einer fehlerhaften Tragwerksplanung und einer auf das Tragwerk bezogenen fehlerhaften Bauüberwachung geltend.
Bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des LG Stuttgart vom 15.12.2011 - 2 O 339/07, verwiesen.
Mit diesem Urteil hat das LG Stuttgart die Klage abgewiesen. Im Hinblick auf eine Pflichtverletzung des Beklagten habe das Urteil des LG Zwickau vom 2.2.2007 - 7 O 2020/05, keine Interventionswirkung, weil in diesem Urteil zu einer Pflichtverletzung des Beklagten keine Feststellung getroffen worden sei, sondern das Urteil auf einem außergerichtlichen Anerkenntnis der Firma K beruhe.
Die vom Beklagten vorgenommene Planungsleistung sei zwar fehlerhaft gewesen; dieser Fehler sei jedoch im Bauwerk nicht zum Tragen gekommen. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen sei es, wenn eine Überlappung der Lagermatten angeordnet gewesen sei, durch die planerischen Vorgaben zu einer Unterschreitung der erforderlichen Betonüberdeckung gekommen. Danach habe der Beklagte an den Überlappungsstellen der Lagermatten eine zu geringe Betonüberdeckung geplant. Nach dem durch den Sachverständigen nicht widerlegten Hinweis des Beklagten, er habe eine Überlappung der Lagermatten nicht geplant, weil diese nur der Hautbewehrung und nicht der Standfestigkeit hätten dienen sollen, liege zwar darin ein Planungsfehler, weil eine derartige Überlappung der Lagermatten zur Rissbreitenbeschränkung unerlässlich gewesen sei. Dieser Planungsfehler sei jedoch für die Entstehung eines Mangels nicht kausal geworden, weil tatsächlich eine Lagermattenüberlappung ausgeführt worden sei. Der Planungsfehler, die Lagermatten nebeneinander liegend und nicht überlappend zu planen, habe den Mangel der unzureichenden Betonüberdeckung nicht verursacht. Bei Ausführung der planerischen Vorgaben des Beklagten mit sich nicht überlappenden Lagermatten seien zwar Risse in der Betondecke zu erwarten gewesen, nicht jedoch eine zu geringe Betonüberdeckung.
Eine Überwachungspflichtverletzung liege nicht vor, weil der Beklagte sich nicht vertraglich zur Objektüberwachung verpflichtet habe. Die Bau- und Objektüberwachung habe bei der Versicherungsnehmerin der Klägerin gelegen. Mit den geschuldeten üblichen vier bis fünf Baustellenterminen zur Bewehrungs- und Ausführungskontrolle vor den Abnahmen des Prüfingenieurs habe der Beklagte eine Objektüberwachung im Sinn der HOAI nicht übernommen. Der Beklagte habe auf Aufforderung der Bauleitung Termine vor Ort abgehalten. Für die Betongießarbeiten zu den Kombibecken der Kläranlage sei ein Baustellentermin bei ihm nicht eingefordert worden.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Dagegen wendet sich die Berufung der Klägerin. Die ausführenden Firmen und der Prüfstatiker hätten die Planu...