Leitsatz (amtlich)
1. Mit der Rechtskraft eines Urteils auf Abnahme wird nicht gleichzeitig festgestellt, dass eine Abnahme noch erforderlich war, sondern die Werklohnforderung kann auch schon vor diesem Urteil wegen einer vorangegangenen Abnahme oder Entbehrlichkeit der Abnahme fällig geworden sein.
2. Unterlässt der Besteller die für die Herstellung des Werks erforderliche Mitwirkung und gerät er dadurch in Annahmeverzug, stehen dem Unternehmer Entschädigungsansprüche und die Möglichkeit der Kündigung des Werkvertrags zu. Die Rechte des Unternehmers sind dadurch ausreichend gewahrt. Einer zusätzlichen Korrektur nach Treu und Glauben bedarf es nicht.
Normenkette
ZPO § 322 Abs. 1; BGB §§ 640, 642-643; VOB/B § 6 Nr. 6, § 9 Nrn. 1, 3
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 28.10.2010; Aktenzeichen 36 O 59/10 KfH) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Stuttgart vom 28.10.2010 - 36 O 59/10 KfH, in Ziff. 1 des Tenors abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 18.990,97 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.10.2009 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 9/10 und die Beklagte 1/10. Bezüglich der Kosten des Rechtsstreits erster Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung des LG.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 7.000 EUR
Gründe
I. Ohne tatbestandsgleiche Feststellungen gem. §§ 540 Abs. 3, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO
II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist weitgehend unbegründet.
1. Der in der Berufungsinstanz noch geltend gemachte Verzugsanspruch aus §§ 286, 288 BGB setzt Fälligkeit der Hauptforderung voraus.
Bei einem Bauvertrag, in den die VOB/B wie hier wirksam einbezogen ist, wird der Anspruch auf die Schlusszahlung nach Abnahme des Werks und nach Prüfung und Feststellung der vom Auftragnehmer vorgelegten Schlussrechnung spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zugang fällig (§§ 641 Abs. 1 Satz 1 BGB, 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B (2002)).
a) Die Klägerin hat ihre Schlussrechnung unter dem Datum 27.11.2006 der Beklagten gestellt und vor dem LG Stuttgart, AZ: 7 O 116/06, Klage auf rechtsgeschäftliche Abnahme erhoben gehabt. Mit dem Urteil des LG Stuttgart vom 9.10.2009 - 7 O 116/06, wurde die Beklagte gemäß dem Klagbegehren der Klägerin verurteilt, die Leistungen der Klägerin rechtsgeschäftlich abzunehmen. Abnehmen bedeutet grundsätzlich die körperliche Hinnahme im Rahmen der Besitzübertragung verbunden mit der Anerkennung des Werks als in der Hauptsache vertragsgemäße Leistung. Nachdem die Beklagte das Werk bereits körperlich hingenommen hat (und an die Enderwerber übertragen hat), verblieb von der rechtsgeschäftlichen Abnahme nur noch die Erklärung der Anerkennung der vertragsgerechten Leistung. Die Vollstreckung des Titels aus dem Urteil vom 9.10.2009 erfolgt daher gem. § 894 ZPO. Gemäß § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO war daher die Anerkennungserklärung mit Rechtskraft der Verurteilung bewirkt, die durch Rücknahme der Berufung der Beklagten am 24.2.2010 eingetreten ist. Spätestens damit wurde die Forderung der Klägerin auf Schlusszahlung fällig.
b) Die Klägerin hat am 18.9.2009 die von ihr geschuldete Werkleistung vollständig und abnahmefähig erbracht, so dass ihr Werklohnanspruch aus der bereits gestellten Schlussrechnung fällig wurde.
aa) Mit der Rechtskraft des Urteils vom 9.10.2009 wurde nicht gleichzeitig festgestellt, dass eine Abnahme noch erforderlich war, sondern die Werklohnforderung konnte auch schon vor diesem Urteil wegen einer vorangegangenen Abnahme oder Entbehrlichkeit der Abnahme fällig geworden sein.
Die Frage, ob eine Abnahmeerklärung noch erforderlich ist, war bei der Abnahmeklage nur präjudiziell. Als Vorfrage erwächst dieser Umstand nicht in Rechtskraft. Mit der Verurteilung zur Abnahmeerklärung steht daher nicht fest, dass das Werk nicht schon bereits davor abgenommen worden war oder als abgenommen zu gelten hat oder eine Abnahme für die Fälligkeit des Werklohns nicht mehr erforderlich gewesen war.
bb) Das Verhalten der Beklagten in der Besprechung vom 17.5.2006 führte nicht schon zu einer Abnahme oder zur Entbehrlichkeit der Abnahme.
Unstreitig hat die Beklagte das von der Klägerin vorgeschlagene Prüfungskonzept des Privatsachverständigen Dr. L., das demjenigen des später vom Gerichtssachverständigen im Verfahren vor dem LG Stuttgart, Az. 7 O 116/06 durchgeführten Verfahren entsprochen hatte, in der Besprechung vom 17.5.2006 als nicht ausreichend abgelehnt. Die Beklagte erwartete eine Prüfung nach DIN 1988, obwohl eine solche Überprüfung praktisch nicht oder nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand durchzuführen gewesen wäre, nachdem die Installationsschächte geschlossen worden waren und eine Sichtprüfung daher nicht mehr möglich war. Die Beklagte hat damit verhindert, dass die Klägerin auf zumutbare Art und Weise ihre Leistung, zu der die Dichtigke...