Leitsatz (amtlich)
Änderungen eines Grundstücksübertragungsvertrags bedürfen auch dann gemäß § 311b Abs. 1 S. 1 BGB der notariellen Beurkundung, wenn der Änderungsvertrag nach Auflassung, aber noch vor Eigentumsum-schreibung geschlossen wird (entgegen BGH, Urteil vom 14. Mai 1971 - V ZR 25/69, juris Rn. 13 m.w.N.; Urteil vom 25. Februar 1972 - V ZR 74/69, juris Rn. 24; Urteil vom 27. Oktober 1972 - V ZR 37/71, juris Rn. 13; Urteil vom 23. März 1973 - V ZR 166/70, juris Rn. 31; Urteil vom 9. November 1979 - V ZR 38/78, juris Rn. 15; Urteil vom 28. September 1984 - V ZR 43/83, NJW 1985, 266, juris Rn. 15; Urteil vom 6. Mai 1988 - V ZR 50/87, BGHZ 104, 276, juris Rn. 12; Urteil vom 28.10.2011 - V ZR 212/10 - NJW-RR 2012, 18, Rn. 15). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Vertragsparteien im ursprünglichen Vertrag die Auflassung erklären und der Erwerber die Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch beantragt, die Parteien den Notar aber anweisen, eine die Auflassungserklärung enthaltende beglaubigte Abschrift oder Ausfertigung der Urkunde erst zu erteilen, wenn ihm die Zahlung des geschuldeten Kaufpreises nachgewiesen worden ist.
Normenkette
BGB § 311b Abs. 1
Verfahrensgang
LG Ravensburg (Urteil vom 28.10.2016; Aktenzeichen 6 O 200/16) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 28.10.2016, Az. 6 O 200/16, teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 15.484,61 EUR nebst Jahreszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.05.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin zu 2/5 und der Beklagte zu 3/5.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 27.100,76 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht restliche Zahlungsansprüche aus einem Bauträgerkaufvertrag über drei zu sanierende Eigentumswohnungen geltend. Die Parteien streiten, ob eine nach Auflassung, aber noch vor Eintragung der Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgte Vereinbarung über die Minderung des Kaufpreises hätte notariell beurkundet werden müssen.
Mit notariell beurkundetem Bauträgerkaufvertrag vom 4. Mai 2011 erwarb der Beklagte von der Klägerin drei noch zu sanierende Eigentumswohnungen in der L. Straße in Leipzig. Der Kaufpreis betrug insgesamt 309.692,00 EUR. Unter III. des Vertrags erklärten die Parteien die Auflassung und beantragte der Beklagte die Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch. Der amtierende Notar wurde angewiesen, eine die Auflassungserklärung enthaltende beglaubigte Abschrift oder Ausfertigung der Urkunde erst zu erteilen, wenn ihm die Zahlung des geschuldeten Kaufpreises nachgewiesen worden ist.
Mit Schreiben vom 24. Juli 2012 machte der Beklagte gegenüber der Klägerin eine Kaufpreisminderung in Höhe von insgesamt 27.100,76 EUR "aufgrund der nicht notwendigen Dekontaminationsarbeiten" geltend. Die Klägerin unterzeichnete dieses Schreiben mit dem Zusatz "zur Kenntnis genommen und anerkannt".
Der Beklagte erbrachte Zahlungen i.H.v. 283.368,17 EUR an die Klägerin.
Bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Ravensburg vom 28. Oktober 2016, Az.: 6 O 200/16, verwiesen.
Das Landgericht hat die auf Zahlung des rechnerischen Differenzbetrags zwischen dem am 4. Mai 2011 vereinbarten Kaufpreis und dem gezahlten Betrag in Höhe von 26.323,83 EUR nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Widerklage des Beklagten wurde die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 776,93 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Zudem stellte das Landgericht fest, dass der für den Erwerb der drei Wohnungen zu zahlende Kaufpreis 282.591,24 EUR betrage und der Kläger diesen Kaufpreis vollständig bezahlt habe, so dass der Notar berechtigt sei, nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils die Eintragung des Klägers als Eigentümer des näher bezeichneten Grundbesitzes in das Grundbuch zu bewirken.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Parteien in dem gegengezeichneten Schreiben vom 24. Juli 2012 wirksam eine Reduzierung des Kaufpreises vereinbart hätten und im Übrigen Erfüllung eingetreten sei. Für die Formwirksamkeit der Vereinbarung sei die notarielle Form nach der Rechtsprechung nicht erforderlich. Die Klägerin könne sich hinsichtlich der Formbedürftigkeit auch nicht auf § 14 der Urkunde vom 4. Mai 2011 berufen. Sie könne die Kaufpreisminderung auch nicht kondizieren. Es sei keine wirksame Anfechtung des Bauträgervertrages erfolgt. Jedenfalls sei eine Anfechtung nicht mehr unve...