Leitsatz (amtlich)
1. Die Beschränkung des Deckungsschutzes in der Berufshaftpflichtversicherung auf Schäden, die spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Vertrages gemeldet werden, ist als vertragliche Risikobegrenzung wirksam.
2. Versäumt der Versicherungsnehmer diese Frist, kann der Versicherer Deckungsschutz nicht versagen, wenn den Versicherungsnehmer nachweislich kein Verschulden an der Versäumung der Frist trifft.
3. Kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Versicherungsnehmer bis zum Ablauf der Frist Kenntnis vom Versicherungsfall erlangt hat, ist der Beweis fehlenden Verschuldens nicht geführt.
Normenkette
AHB § 5; Arch-Haftpfl II Nr. 1
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 26.03.2008; Aktenzeichen 18 O 494/07) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 26.3.2008 (18 O 494/07) wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen jeweils 1/3 der Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert in beiden Instanzen: 106.728,72 EUR.
Gründe
I. Die Kläger, Rechtsnachfolger eines Architekten, verlangen von der Beklagten Deckungsschutz aus einer Berufshaftpflichtversicherung.
Architekt M. unterhielt bei der Beklagten seit 1988 eine Berufshaftpflichtversicherung. Er wurde mit dem Umbau und der Erweiterung eines Einfamilienhauses in E. beauftragt. Erstellt wurde dabei ein Wintergartenanbau. Wenige Wochen nach dem Bezug des Hauses im Herbst 1996 kam es zu einem Brand, bei dem der Wintergarten beschädigt wurde. Architekt M. erhielt auch den Auftrag zur Beseitigung des Brandschadens. Die Sanierung wurde an die Firma Metallbau S. vergeben, die den Wintergarten nicht hergestellt hatte. Vor Ausführung der Arbeiten meldete die Firma mit Schreiben vom 19.11.1996 ggü. dem Architekten Bedenken gegen das bisherige Gewerk an und lehnte eine Gewährleistung ab. Nach der Sanierung rügte Architekt M. in den Jahren 1997 und 1998 ggü. der Firma Metallbau S. Undichtigkeiten in der Glasdachkonstruktion. Architekt M. verstarb am 13.4.2000. Seine Alleinerbin, Rechtsanwältin S., teilte der Beklagten mit Schreiben vom 18.5.2000 den Tod des Architekten mit und bat unter Bezugnahme auf die Versicherung, keine weiteren monatlichen Abbuchungen vorzunehmen. Die Aufhebung der Versicherung wurde mit Schreiben der Beklagten vom 24.5.2000, dessen Zugang streitig ist, bestätigt. In dem Schreiben wurde auch auf die Nachhaftungsfrist von fünf Jahren und die Möglichkeit einer Verlängerung gegen Zahlung eines Einmalbetrages hingewiesen. Die besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Berufshaftpflichtversicherung von Architekten u.a. enthalten unter A II.1folgende Regelung:
"Der Versicherungsschutz umfasst Verstöße, die zwischen Beginn und Ablauf des Versicherungsvertrages begangen werden, sofern sie dem Versicherer nicht später als fünf Jahre nach Ablauf des Vertrages gemeldet werden."
Rechtsanwältin S. verstarb am 5.12.2002. Durch Schreiben des Rechtsanwalts der Bauherrin vom 20.12.2005 wurden der Beklagten mögliche Ansprüche gegen den Architekten in der genannten Bausache mitgeteilt. Gegen die Erben von Rechtsanwältin S. - die Kläger - ist seit 30.12.2005 beim LG Stuttgart ein von der Bauherrin angestrengtes selbständiges Beweisverfahren anhängig (27 OH 18/05). Die Bauherrin behauptet, die Glasdachkonstruktion hinsichtlich des vorgenannten Wintergartens sei undicht, was auf dem Architekten zurechenbare Planungs- und Ausführungsfehler zurückzuführen sei.
Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Nachhaftungsfrist sei ohne Anzeige einer Inanspruchnahme der Versicherung abgelaufen. Das Verschulden des Versicherungsnehmers spiele bei der Versäumung von Ausschlussfristen keine Rolle.
Die Kläger machen mit der Berufung geltend, bei der Meldefrist handele es sich um eines Obliegenheit. Die Bestimmung sei überraschend und benachteilige den Versicherungsnehmer in unangemessener Weise. Die Versäumung der Frist sei außerdem entschuldigt, wenn der Versicherungsnehmer - wie hier - vom Versicherungsfall keine Kenntnis gehabt habe. Eine Anzeigeobliegenheit habe Architekt M. nicht verletzt. Hierfür sei erforderlich, dass ein Dritter einen Verstoß behauptet, aus dem Schadensersatzansprüche resultieren können. Der Architekt habe nicht damit gerechnet, dass er in Anspruch genommen werden könne. Die Bedenkenanmeldung der Firma S. enthalte keinen für den Architekten beachtlichen Sachverhalt. Nachdem das Angebot zur Verlängerung der Nachhaftung nicht zugegangen sei, sei die Beklagte unter Schadensersatzgesichtspunkten zur Gewährung von Deckungsschutz verpflichtet.
Die Kläger beantragen:
Unter Abänderung des am 26.3.2008 verkündeten Urteils des LG Stuttgart - Az.: 18 O 494/07 - wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern - als Gesamtberechti...