Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 26.08.2021; Aktenzeichen 7 O 26/21)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 26.08.2021, Az. 7 O 26/21, im Tenor unter Ziffer 2 und Ziffer 3 aufgehoben. Die Sache wird insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Stuttgart zurückverwiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

3. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis 410.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Erblasser ist der am xx.xx.2018 geschieden verstorbene V. R..

Die Klägerin ist ausweislich der Bestallungsurkunde des Nachlassgerichts vom 03.12.2019 (Anlage K 3) zur Nachlasspflegerin für die unbekannten Erben des Erblassers bestellt mit den Wirkungskreisen der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie der Ermittlung der Erben.

Die Beklagte ist die Tochter des Erblassers. Daneben hinterließ der Erblasser zwei weitere Kinder, die im Rechtsstreit nicht beteiligt sind.

Der Nachlass ist werthaltig und enthält unter anderem drei Appartements in der WEG P. Straße in S. (vgl. die als Anlage K 4 vorgelegte E-mail des Verwalters dieser Wohnungseigentümergemeinschaft).

Es existiert ein in spanischer Sprache abgefasstes, in M. (Spanien) notariell beurkundetes Testament des Erblassers vom x.x.1992, hinterlegt beim Zentralen Testamentsregister in Madrid, in dem Frau H. S. als Erbin des spanischen Vermögens des Erblassers eingesetzt worden ist (vgl. Anlage B 6, vorgelegt im Berufungsverfahren).

Streitig ist, ob der Erblasser im Dezember 2017 eigenhändig ein weiteres Testament verfasst hat, in welchem er die Beklagte zur Alleinerbin eingesetzt haben soll nach dem Vortrag der Beklagten.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstands kann im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 26.8.2021 verwiesen werden.

Das Landgericht hat der Stufenklage der Klägerin auf der ersten Stufe gerichtet auf Auskunft stattgegeben, weiter festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin zum Ersatz der außergerichtliche Rechtsanwaltskosten verpflichtet sei und die Widerklage der Beklagten mit dem Ziel der Feststellung ihres alleinigen Erbrechts als unzulässig abgewiesen.

Die Klage sei insgesamt zulässig, insbesondere bestehe für die seitens der Klägerin erhobene Feststellungsklage ein Feststellungsinteresse, da die Klägerin derzeit den Gegenstandswert für ihr Auskunftsverlangen noch nicht konkret beziffern könne.

Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Auskunft über den Bestand und den Verbleib der erhaltenen Erbschaft gemäß § 2027 Abs. 1 BGB i. V. m. § 260 Abs. 1 BGB zu. Der Erbschaftbesitzer sei dem Erben insoweit zur Auskunft verpflichtet. Auskunftsberechtigt sei außer den Erben auch der Nachlasspfleger.

Die Widerklage mit dem Ziel der Feststellung des alleinigen Erbrechts der Beklagten sei bereits unzulässig.

Grundsätzlich sei zwar eine Erbenfeststellungsklage auch gegen den Nachlasspfleger möglich.

Das für eine solche Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Festungsinteresse bestehe jedoch nur dann, wenn der Nachlasspfleger das Erbrecht des Erben bestreite, was im Streitfall zu verneinen sei. Die Klägerin habe ausdrücklich klargestellt, dass sie ein Erbrecht der Beklagten nicht bestreite, sondern vielmehr ihren Pflichten gegenüber dem ermittelten Erben nachkommen werde. In der Erhebung der Auskunftsklage könne auch kein konkludentes Bestreiten einer möglichen Alleinerbschaft der Beklagten gesehen werden. Die Hauptaufgabe des Nachlasspflegers, nämlich die ordnungsgemäße Sicherung und Erhaltung des Nachlasses, könne nur dann erreicht werden, wenn der Nachlasspfleger über die entsprechenden Informationen bezüglich des Nachlasses verfüge, wofür ihm ein Auskunftsanspruch zustehe. Ein Feststellungsinteresse könne auch nicht daraus abgeleitet werden, dass die Alleinerbenstellung der Beklagten von anderen Erbprätendenten bestritten werde. Denn eine im Verhältnis der Parteien des Rechtsstreits ergehende Entscheidung kläre die Rechtslage im Verhältnis zu den Erbprätendenten schon im Hinblick auf die subjektiven Grenzen der Rechtskraft nicht endgültig.

Auch der Hilfsantrag der Beklagten habe keinen Erfolg.

Dieser werde dergestalt ausgelegt, dass er nur für den Fall gestellt sein solle, dass das Gericht den Hauptantrag der Widerklage als unbegründet abweise. Gegenwärtig sei der Hauptantrag der Widerklage jedoch als unzulässig abzuweisen gewesen, so dass über den Hilfsantrag mangels Bedingungseintritts nicht zu entscheiden gewesen sei.

Im Übrigen sei die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Nachlasspflegerin kraft Amtes für den geltend gemachten Anspruch auf Auskunftserteilung durch Vorlage eines notariell beurkundeten Nachlassverzeichnisses gemäß § 2314 BGB nicht passivlegitimiert. Denn der Anspruch aus § 2314 BGB richte sich gegen die unbekannten Erben und sei demnach gegen...

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