Leitsatz (amtlich)
Tenor des Grundurteil des OLG vom 30.9.2013: Tritt ein Geschäftführer/Vorstand über Jahre hinweg neben einer existenten GmbH unter einer nicht existenten AG im Rechtsverkehr auf und er erweckt so den Eindruck eines nicht existenten Unternehmensverbands, so ist sein Handeln für die nicht existente AG nicht der GmbH als unternehmensbezogenes Geschäft zuzurechnen. Vielmehr haftet der Handelnde entsprechend § 179 BGB persönlich für die nicht existente AG.
Normenkette
LugÜ Art. 5 Abs. 1a, 1b
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 28.12.2012; Aktenzeichen 24 O 6/12) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Stuttgart vom 28.12.2012, Az: 24 O 6/12 aufgehoben.
2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das LG Stuttgart zurückverwiesen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert der Berufung: 60.770 EUR
Gründe
I. Die Klägerin verlangt vom Beklagten aus entsprechender Anwendung des § 179 Abs. 1 BGB die Bezahlung von Softwareleistungen.
Die Klägerin entwickelt Software und arbeitete bereits seit 1995 mit der Firmengruppe der K.(im Folgenden XXX) zusammen, bestehend zumindest aus der XXX OHG ... in, D. deren Gesellschafterin XXX ... Holding AG, eine Gesellschaft nach Schweizer Recht mit Sitz in G ..., und der ... Südwest XXX GmbH. Für sämtliche dieser Firmen trat durchgängig der Beklagte als ihr Vertreter und dortiger Ansprechpartner auf.
Geschäftsidee der XXX war die Entwicklung eines elektronischen Hotelinformations- und Buchungssystems über Terminals an Raststätten und Flughäfen (H.). Zur Entwicklung der Software war die Klägerin eingeschaltet. Nachdem die XXX-Gruppe allerdings in wirtschaftliche Schwierigkeit geraten war, wollte der Beklagte das Projekt H. über neue Gesellschaften abwickeln.
Am 13.7.2005 gründete er die H. GmbH, eine GmbH Schweizer Rechts, deren einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer er bis zum 2.3.2010 war und die sich mittlerweile in Liquidation befindet.
Der Beklagte beauftragte die Klägerin in einer Reihe von Einzelaufträgen mit den erforderlichen Programmierarbeiten für die H.-Terminals, wobei zwischen den Parteien streitig ist, für welche Gesellschaft der Beklagte auftrat. Die Klägerin schickte die Auftragsbestätigungen und Rechnungen jeweils an eine H. AG, Postfach, B.(Ort). Eine Firma H. E. AG existiert nicht und zwar weder in B.(Ort) noch mit Sitz in der Schweiz. Allerdings verwendete der Beklagte auf sie lautendes Briefpapier. Die H. E. AG war zudem in Verzeichnissen und Anzeigen im Internet genannt. Auch sonst trat der Beklagte im Geschäftsverkehr unter der Fa. H. E. AG auf. So schloss der Beklagte einen Arbeitsvertrag mit dem Mitarbeiter M. W ...(Nachname) unter der Fa. H. E. AG ab. Er zog 2006 auch einen Wechsel zugunsten der Klägerin auf die H. E. AG unter Verwendung eines auf sie lautenden Stempels. Jedenfalls am 10.7.2009 verschickte der Beklagte zudem ein Fax mit der Kennung "H. E. AG" (Anlage K 20).
Zahlungen auf die von der Klägerin gestellten Rechnungen erfolgten bis Mitte 2010 seitens der H. E. GmbH. Ab August 2010 wurden die Zahlungen eingestellt. Streitgegenständlich sind zwölf Rechnungen 2008 beauftragter Programmierarbeiten mit Daten vom 31.1.2008 bis 31.12.2010 i.H.v. insgesamt 60.770 EUR, auf die bis heute lediglich weitere 2,77 EUR bezahlt wurden.
Die Klägerin hat vorgetragen, der Beklagte sei jeweils für die H. E. AG aufgetreten, diese sei bei allen Aufträgen als Vertragspartner erschienen. Der Beklagte habe schon im Jahr 2004 einen ersten Auftrag im Namen der AG vergeben, sie habe am 20.9.2004 die erste Rechnung an die H. E. AG in B.(Ort) geschickt. Da es die H. E. AG nicht gegeben habe, sei der Beklagte selbst gem. § 179 BGB analog ihr Vertragspartner geworden.
Durch das Erwirken des Eindrucks einer Firma mit dem höheren Haftungskapital einer AG habe der Beklagte sie zudem dazu gebracht, der H. E. AG einen größeren Lieferantenkredit durch Vorleistungen zu gewähren, als sie bei Kenntnis, dass in Wirklichkeit nur eine GmbH existiert habe, gewährt hätte. Schon aus diesem Grund sei der Verdacht des Betrugs begründet, jedenfalls liege eine erhebliche Vertragsverletzung vor, wofür der Beklagte hafte.
Sie habe die Arbeiten jeweils ordnungsgemäß und mangelfrei erbracht. Der Beklagte verwende über seine jetzige Fa. a ... AG auch heute noch die von ihr entwickelte Software. Bis Januar 2011 seien noch Protokolle über das Einspielen und Updaten von Software durch Mitarbeiter des Beklagten erfolgt. Im Februar 2011 habe C. Ki., ein Mitarbeiter des Beklagten, einen Datenimport von Herrn Mü., ihrem ehemaligen Geschäftsführer, angefordert. Wenn die Software nicht gelaufen wäre, hätte dies keinen Sinn gemacht.
Die Klägerin hat erstinstanzlich vom Beklagten 60.770 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten verlangt.
Der Beklagte ist der Klage mit Klagabweisungsantrag entgegen getreten.
Er hat die internationale und örtliche Zust...