Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung bei Anerkenntnis im einstweiligen Verfügungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Im einstweiligen Verfügungsverfahren ist dem Antragsgegner auch nach einem Anerkenntnis i.S.v. § 93 ZPO nicht der Vortrag abgeschnitten, er habe durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Stellung des Antrages gegeben.
Normenkette
ZPO §§ 93, 935
Verfahrensgang
LG Landau (Pfalz) (Urteil vom 11.05.2006; Aktenzeichen 4 O 424/05) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner vom 2.6.2006 wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Landau in der Pfalz vom 11.5.2006 abgeändert.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
II. Der Antragsteller trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 1.676,26 EUR.
Gründe
I. Die Verfahrensbeteiligten streiten um die durch Erlass einer einstweiligen Verfügung verursachten Kosten.
Der Antragsteller ist testamentarischer Erbe (zu 40 % neben einem weiteren Miterben) der am 21.10.1998 verstorbenen I.S. Das Nachlassgericht hielt das entsprechende Testament rechtsfehlerhaft für unwirksam und erteilte den Antragsgegnern als vermeintlichen gesetzlichen Erben auf deren Antrag vom 29.3.2003 hin am 19.9.2005 einen Erbschein. Dagegen wandte sich der Antragsteller im vorliegenden Verfahren mit dem Begehren, den Antragsgegnern die Herausgabe des Erbscheins an das Nachlassgericht aufzugeben. Dem ist das Erstgericht mit einstweiliger Verfügung vom 11.10.2005 (Bl. 19 d.A.) nachgekommen. Den Antragsgegnern wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Den Erbschein gaben die Antragsgegner aufgrund der einstweiligen Verfügung heraus und erklärten ggü. dem Nachlassgericht mit Schriftsatz vom 1.11.2005 (Bl. 43 d.A.), dass sie mit der Einziehung einverstanden seien. Erbansprüche würden aufgrund des Testaments nicht mehr geltend gemacht. Daneben erkannten die Antragsgegner den Anspruch des Antragstellers auf Herausgabe des Erbscheins auch im einstweiligen Verfügungsverfahren an und legten einen auf die Kostenentscheidung der einstweiligen Verfügung beschränkten Widerspruch ein, mit dem Antrag, dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Sie, die Antragsgegner, hätten durch ihr Verhalten keine Veranlassung i.S.d. § 93 ZPO zur Beantragung einer einstweiligen Verfügung gegeben. Aufgrund der Mitteilungen des Nachlassgerichts hätten sie keinen Grund gehabt, ein entgegenstehendes testamentarisches Erbrecht in Betracht zu ziehen. Einer außergerichtlichen Aufforderung des Antragstellers, den Erbschein wieder an das Nachlassgericht herauszugeben, wären sie umgehend nachgekommen (Bl. 55 f. d.A.).
Das Erstgericht hat eine entsprechende Anwendung des § 93 ZPO mit Urteil vom 11.5.2006 abgelehnt (Bl. 125 d.A.). Zwar finde § 93 ZPO auch im einstweiligen Verfügungsverfahren Anwendung. Nach dem Anerkenntnis seien Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund jedoch der gerichtlichen Nachprüfung entzogen. Das Gericht dürfe sich nicht in Widerspruch zur Hauptsacheentscheidung setzen. Den Antragsgegnern sei daher der Vortrag abgeschnitten, eine Veranlassung zur Antragstellung durch das Verhalten der Antragsgegner habe nicht vorgelegen, wenn dies zugleich zur Verneinung des Verfügungsgrundes führen würde.
Gegen das Urteil des Erstgerichts haben die Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 131 d.A.), mit dem Ziel, die Kosten des Verfahrens dem Antragsteller aufzuerlegen. Sie, die Antragsgegner, hätten durch ihr Verhalten den Anspruch des Antragstellers nicht gefährdet. Das LG gehe selbst davon aus, dass eine ausreichende Gefährdung i.S.d. § 935 ZPO bereits in der Erteilung des Erbscheins liege, also nicht im Verhalten der Antragsgegner. Dem Antragsteller habe zudem eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung gestanden, die Erteilung des Erbscheins an die Antragsgegner zu verhindern. Zu Unrecht gehe das Erstgericht davon aus, es habe einer vorprozessualen Aufforderung zur Herausgabe des Erbscheins nicht bedurft. Dies sei vielmehr der gesetzliche Regelfall. Die vom Erstgericht zitierte Rechtsprechung und Literatur stütze das Urteil nicht.
Das LG hat dem Antragsteller Gelegenheit gegeben, auf die Beschwerde zu antworten. Dieser hat beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Mit Beschluss vom 4.7.2006 (Bl. 150 d.A.) hat das Erstgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem erkennenden Senat zur Entscheidung vorgelegt. Der Senat hat die Akte über den Nachlass I.S. (AG Landau - 2 VI 371/98) und die Akte des Hauptsacheverfahrens zwischen den Parteien vor dem LG Landau (4 O 422/05) beigezogen.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat Erfolg.
1. Gegen das auf einen Kostenwiderspruch hin ergehende Urteil ist gem. §§ 99 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO analog die sofortige Beschwerde statthaft (OLG Frankfurt v. 5.6.1992 - 26 W 10/92, OLGReport Frankfurt 1992, 150; Magazindienst 2006, 60 f.; KG v. 11.6.1999 - 9 W 2247/99, KGReport Berlin 1999, 392, m.z.N.; Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl....