Normenkette

ZPO § 520 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Neustadt an der Weinstraße (Beschluss vom 20.01.2003; Aktenzeichen 2 F 25/02)

 

Tenor

1. Der Antragsgegnerin wird Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Begründung der befristeten Beschwerde gegen den Beschluss des AG – FamG – Neustadt a.d. Weinstraße vom 20.1.2003 gewährt.

2. Der Antrag der Antragsgegnerin, ihr zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2), getrennt lebende Eltern des Kindes P. Sch., begehren jeweils die Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts für P. auf sich allein. Mit der angefochtenen Entscheidung übertrug das AG – FamG – Neustadt a.d. Weinstraße das Aufenthaltsbestimmungsrecht für P. auf den Vater.

Gegen diesen ihren Verfahrensbevollmächtigten am 31.1.2003 zugestellten Beschluss legte die Antragsgegnerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 27.2.2003, beim OLG Zweibrücken eingegangen am gleichen Tag, befristete Beschwerde ein. Auf ihren am 26.3.2003 eingegangenen Antrag verlängerte der Vorsitzende des erkennenden Senats die Frist zur Beschwerdebegründung bis einschl. 30.4.2003. Dem am 30.4.2003 durch Einlage in den Nachtbriefkasten gestellten Antrag auf nochmalige Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist konnte nicht entsprochen werden, nachdem der Antragsteller seine Einwilligung hierzu verweigert hatte. Auf das Erfordernis der Einwilligung des Gegners zur nochmaligen Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist war der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin durch Verfügung des Vorsitzenden vom 5.5.2003 hingewiesen worden. Die Beschwerdebegründung vom 5.5.2003 ging am gleichen Tag beim Beschwerdegericht ein. Mit Schriftsatz vom 19.5.2003, eingegangen am gleichen Tag, beantragte die Antragsgegnerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist. Zur Begründung wird geltend gemacht, die Beschwerdebegründungsschrift sei vor Ablauf der verlängerten Begründungsfrist am 30.4.2003 diktiert und teilweise bereits geschrieben gewesen. Die Aushilfskraft, die – in Vertretung für eine andere, erkrankte Aushilfskraft – den Schriftsatz am 30.4.2003 habe fertig stellen sollen, sei zum Dienstantritt um 17.30 Uhr unentschuldigt nicht erschienen; Versuche des Prozessbevollmächtigten, sie telefonisch zu erreichen, seien gescheitert. Der Prozessbevollmächtigte selbst sei nicht in der Lage gewesen, die Beschwerdeschrift fertig zu stellen. Die Einholung der Zustimmung der Gegenseite zur nochmaligen Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist sei wegen der fortgeschrittenen Stunde nicht mehr möglich gewesen. Die später erfolgte Verweigerung der Zustimmung zur Fristverlängerung durch den Bevollmächtigten des Antragstellers sei unter Anwaltskollegen unüblich und ungewöhnlich. Angesichts der als liberal zu bezeichnenden Praxis der Senate des Pfälzischen OLG bei zweiten Fristverlängerungen aus erheblichen Gründen habe auch hier auf eine Fristverlängerung vertraut werden können, zumal auch die Akteneinsicht erst sehr spät gewährt worden sei.

II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdebegründungsfrist ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei, insb. innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 234 ZPO gestellt und begründet.

Gemäß § 233 ZPO ist einer Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden daran gehindert war, eine Notfrist oder eine andere der dort genannten Fristen einzuhalten. Das Verschulden eines Prozessbevollmächtigten muss sich die Partei gem. § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes Verschulden zurechnen lassen. Fehlleistungen von Angestellten des Prozessbevollmächtigten hat die Partei dagegen nicht zu vertreten, soweit sich darin nicht ein Organisations-, Aufsichts-. oder Informationsverschulden des betreffenden Rechtsanwalts selbst auswirkt (vgl. hierzu etwa Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 233 Rz. 19 ff.).

1. Die vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages geschilderte eigene Büroorganisation ist nicht geeignet, ihn vom Vorwurf der schuldhaften Fristversäumung zu entlasten.

Ein Rechtsanwalt muss für eine einwandfreie Büroorganisation sorgen (BGH MDR 1988, 1048); er muss seine Bürokräfte sorgfältig auswählen und auf ihre Eignung und Zuverlässigkeit hin laufend überwachen (BGH VersR 1972, 557).

Bei Vorliegen besonderer Umstände, die eine erhöhte Gefahr für den reibungslosen Ablauf des Kanzleibetriebes darstellen, erhöht sich die Sorgfaltspflicht des Anwalts (BGH v. 26.8.1999 – VII ZB 12/99, MDR 1999, 1411; NJW-RR 1999, 1664).

Das Arbeiten mit Aushilfskräften beinhaltet zweifelsfrei eine erhöhte Gefahr für den reibungslosen Ablauf des Kanzleibetriebes. Da der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin nach seiner Darlegung nicht in der Lage ist, Schriftwerk selbst zu fertigen, war er verpflichtet, durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass bei Bedarf eine Schreibkraft zur Verfügung stand, damit fristgebu...

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