Verfahrensgang
AG Frankenthal (Pfalz) (Aktenzeichen 72 F 83/11) |
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; die Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
III.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.500,00 € festgesetzt.
Gründe
Das Familiengericht hat mit dem angefochtenen Beschluss auf Antrag der Eltern - zunächst ohne Anhörung des Betroffenen wegen gesteigerter Dringlichkeit gemäß den §§ 167 Abs. 1, 151 Nr. 6, 332 FamFG - durch einstweilige Anordnung gemäß § 331 Satz 1 FamFG die Unterbringung des Betroffenen in der geschlossenen jugendpsychiatrischen Abteilung des Pfalzklinikums in ... gemäß § 1631 b BGB genehmigt und den Verfahrensbeistand bestellt. Die Anhörung des Betroffenen hat das Familiengericht am 6. Mai 2011 nachgeholt und hierauf angeordnet, dass es bei der einstweiligen Unterbringung verbleibt.
Der Verfahrensbeistand begehrt mit seiner Beschwerde die Aufhebung der familiengerichtlichen Genehmigung mit der Begründung, der Betroffene sehe ein, dass er sich in der Vergangenheit falsch verhalten habe und sei zu der erforderlichen Therapie bereit. Eine stationäre Unterbringung sei hierfür nicht erforderlich.
Die Beschwerde ist gemäß den §§ 167 Abs. 1, 151 Nr. 6, 332, 335 Abs. 2 FamFG statthaft. Dem steht § 57 FamFG nicht entgegen, wonach Entscheidungen in Verfahren der einstweiligen Anordnung in Familiensachen - mit den Ausnahmen des § 57 Satz 2 FamFG - nicht anfechtbar sind. Die gegenteilige Ansicht des OLG Koblenz (FamRZ 2010, 908) wird von der wohl herrschenden Meinung nicht geteilt( vgl. OLG Celle, FuR 2010, 351; OLG Sachsen-Anhalt, FamRZ 2011, 749; OLG Dresden, FamRZ 2010, 1845). Das OLG Hamm (MDR 2010, 1192) führt hierzu aus: Angesichts der erheblichen Grundrechtsrelevanz einer geschlossenen Unterbringung gebietet es nämlich der Verweis in § 167 Abs. Satz 1 FamFG auf die §§ 312 ff FamFG , die Anfechtungsmöglichkeit einer einstweiligen Anordnung auch gegenüber einem Minderjährigen nicht grundsätzlich zu versagen. Dabei kann es an dieser Stelle dahinstehen, ob § 57 FamFG im Wege einer Rechtsgrundverweisung nach § 167 Abs. 1 Satz 1 FamFG vollständig verdrängt wird (vgl. OLG Celle a.a.O.) - wozu der Senat tendiert - , oder ob der Begriff der "elterlichen Sorge" in § 57 Satz 2 Ziff. 1 FamFG durch verfassungskonforme und teleologische Auslegung dahingehend zu erweitern ist, dass er in einem ganzheitlich materiell-rechtlichen Sinne auch die Verfahren nach § 1631 b BGB umfasst (vgl. Stockmann, jurisPR-FamR 3/10).
Das Rechtsmittel ist auch nach Form und Frist nicht zu beanstanden, §§ 64, 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG. Es führt in der Sache jedoch nicht zum Erfolg.
Der Senat stimmt mit dem Familiengericht darin überein, dass angesichts der vom Sachverständigen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und - psychotherapie Dr. W... beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten des Betroffenen (Rückzug, PC-Spielsucht, aggressive Impulsdurchbrüche mit Fremdgefährdung, die auch der Beschwerdeführer einräumt) die angeordnete zeitlich begrenzte stationäre Unterbringung erforderlich ist, um zu einer gesicherten Diagnose zu gelangen und erste Therapiemaßnahmen in die Wege zu leiten. Sie ist daher zum Wohl des Kindes geboten (§ 1631 b S. 2 BGB). Dass der Betroffene einsichtig und bereit sei, an einem Antiaggressionstraining teilzunehmen und begleitende Therapiesitzungen zu besuchen, macht die Unterbringung nicht entbehrlich.
Die besonderen Voraussetzungen der § 331, 332 FamFG für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind erfüllt. Der Verfahrensbeistand ist mit Erlass der Anordnung bestellt worden, die Anhörung des Betroffenen ist zwei Tage nach Erlass der Anordnung, also unverzüglich nachgeholt worden. Die Unterbringung ist nicht für einen längeren Zeitraum als sechs Wochen (§ 333 Satz 1 FamFG) angeordnet worden.
Von einer erneuten Anhörung des Betroffenen sieht der Senat gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG sieht der Senat ab, da hiervon weitere Erkenntnisse nicht zu erwarten sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 81, 84, 158 Abs. 8, 167 Abs. 1 FamFG. Die Festsetzung des Verfahrenswerts ergibt sich aus den §§ 42 Abs. 3, 41 FamGKG.
Fundstellen