Leitsatz (amtlich)
Identität der Streitgegenstände besteht immer dann, wenn der Hauptprozess den Streit über den im Beweisverfahren zugrunde liegenden Streitgegenstand/Mangel insgesamt erledigt, so dass der Anspruch verbraucht ist und es folglich zwischen den Parteien des Rechtstreits künftig nicht mehr zu einem weiteren gerichtlichen Verfahren kommen wird.
Normenkette
RVG Anlage 1 Vorb. 3 Abs. 5
Verfahrensgang
LG Landau (Pfalz) (Beschluss vom 14.11.2006; Aktenzeichen 2 O 20/05) |
Tenor
I. Der angefochtene Beschluss wird geändert:
1. Die nach dem Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Landau in der Pfalz vom 14.11.2006 vom Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten werden auf 6.290,56 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 22.11.2006 festgesetzt.
2. Der weitergehende Antrag der Klägerin auf Kostenfestsetzung wird abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Klägerin 7/10, der Beklagte 3/10 zu tragen.
V. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.269,28 EUR festgesetzt.
Der Wert des zurückgewiesenen Teils des Beschwerdegegenstandes beträgt 890,16 EUR.
Gründe
Die Klägerin hat vom Beklagten Schadenersatz wegen schuldhafter Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Erstellung eines Gründungsgutachtens verlangt. Dem Verfahren vorausgegangen ist ein von der Klägerin mit Antrag vom 2.1.2003 eingeleitetes selbständiges Beweisverfahren, dessen Gegenstand vorhandenes Grundwasser im Bereich der von ihr erbauten Reihenhäuser sowie der Aufwand zur Beseitigung des Wassereintrittes gewesen ist. Nachdem der beauftragte Sachverständige die Kosten für die Schadensbeseitigung vorläufig und überschlägig auf mehr als 100.000 EUR beziffert hatte, wurde der Streitwert für das selbständige Beweisverfahren auf 100.000 EUR festgesetzt.
Im vorliegenden Streitverfahren hat die Klägerin sodann einen Schadenersatzanspruch wegen der festgestellten Mängel i.H.v. 50.371,46 EUR sowie die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz weiteren Schadens, bewertet mit 4.000 EUR, begehrt, wobei sie den bisher eingetretenen Schaden auf 75.371,46 EUR beziffert und sich einen Abzug von 25.000 EUR hat anrechnen lassen.
Der Rechtstreit endete durch Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO über einen Betrag von 45.000 EUR "zur Abgeltung der streitgegenständlichen Ansprüche". Nach dem Vergleich fallen die Kosten des Rechtsstreits zu 1/5 der Klägerin und zu 4/5 dem Beklagten zur Last.
Mit Antrag vom 21.11.2006 hat die vorsteuerabzugsberechtigte Klägerin einen Gesamtkostenbetrag (ohne unstreitige Gerichtskosten und Auslagenvorschüsse) i.H.v. 6.549,20 EUR zur Kostenausgleichung angemeldet, der Beklagte mit Anträgen vom 22.11.2006 und vom 29.11.2006 einen solchen von 6.754,50 EUR.
Die Rechtspflegerin hat mit Beschluss vom 22.2.2007 die vom Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten unter Kürzung der Kostenrechnung der Klägerin bei den Beweissicherungskosten um 1.586,60 EUR auf 5.911,44 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, eine Erhöhungsgebühr wegen mehrerer Auftraggeber stehe der Klägerin nicht zu und die Gebühren des Beweisverfahrens könnten nur im Verhältnis zu dem Streitwert des Hauptsacheverfahrens berücksichtigt werden.
Mit ihrem Rechtsmittel rügt die Klägerin, dass die von ihr geltend gemachten Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nicht in voller Höhe als erstattungsfähig einbezogen worden sind.
Das Rechtsmittel ist gemäß den §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO statthaft und nach Form und Frist nicht zu beanstanden, somit zulässig. Es führt in der Sache teilweise zum Erfolg.
1. Mit Recht hat die Rechtspflegerin der Klägerin die Erhöhungsgebühr gemäß Anlage 1 Nr. 1008 RVG versagt. Nach der grundlegenden Entscheidung des BGH zur Parteifähigkeit der BGB-Gesellschaft vom 29.1.2001 ist, nachdem seither hinreichend Zeit verstrichen ist, für die Anwendbarkeit von § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO - auf den Vergütungsanspruch der Prozessbevollmächtigten für das Beweisverfahren ist noch altes Kostenrecht anzuwenden - jedenfalls beim Aktivprozess einer BGB-Gesellschaft kein Raum mehr (BGH NJW-RR 2004, 489).
2. Auf den Vergütungsanspruch der Prozessbevollmächtigten für das Hauptsacheverfahren ist neues Kostenrecht anzuwenden (BGH MDR 2007, 980 ff.). Gemäß Anlage 1 Vorbemerkung 3 Abs. 5 RVG ist die Verfahrensgebühr des selbständigen Beweisverfahrens auf die Verfahrensgebühr des Rechtszuges anzurechnen, soweit der Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens auch Gegenstand des Hauptsacherechtstreits ist. Da die Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO und die Verfahrensgebühr nach Anlage 1 Vorbemerkung 3 Abs. 2 RVG denselben Abgeltungsbereich haben (BGH, a.a.O.), ist es sach- und interessengerecht, sie der Verfahrensgebühr nach RVG gleichzustellen. Sie ist damit anzurechnen, und zwar in voller Höhe.
Entgegen der Ansicht der Rechtspflegerin ist nämlich im vorliegenden Fall der Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in vollem Umfang auch Gege...