Leitsatz (amtlich)
Von dem Fahrer bzw. Halter eines LKWs kann, wenn das Fahrzeug den von dem Hersteller empfohlenen regelmäßigen Inspektionen unterzogen war, nicht verlangt werden kann, zwischen den einzelnen Inspektionsterminen ohne besonderen Anlass Untersuchungen darüber anzustellen, ob nicht ein verborgener Mangel vorhanden ist, der bei einer Weiterbenutzung des Fahrzeugs dessen Verkehrssicherheit beeinträchtigen könnte. In der Regel muss aber an jedem Tag, an dem ein Lastkraftfahrzeug mit Anhänger eingesetzt wird, der äußere Zustand des Fahrzeugs einer Sichtkontrolle unterzogen werden. Zur Bestimmung der den Halter insoweit treffenden Sorgfalts- und Überwachungspflichten bedarf es regelmäßig Feststellungen zur Organisation des Betriebes.
Verfahrensgang
AG Landstuhl (Entscheidung vom 15.03.2022; Aktenzeichen 2 OWi 4211 Js 1018/22) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Landstuhl vom 15.03.2022 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an die selbe Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen "fahrlässigen Zulassens der Inbetriebnahme eines LKW, obwohl die Verkehrssicherheit durch den Verstoß gegen eine Vorschrift über Bremsen wesentlich beeinträchtigt wurde", zu einer Geldbuße von 270 EUR verurteilt. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der auf die Beanstandung der Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts gestützten Rechtsbeschwerde.
Der Einzelrichter des Senats hat die Sache mit Beschluss vom heutigen Tag gem. § 80 Abs. 3 S. 1, Abs. 1 OWiG auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
Das zulässige Rechtsmittel führt zu einem (vorläufigen) Erfolg.
I.
Nach den getroffenen Feststellungen war der Betroffene Geschäftsführer der Firma ..., der Halterin des verfahrensgegenständlichen LKWs (Kz.: ...) nebst Auflieger (Kz.: ...). Die Fahrzeugkombination war am 01.03.2021 dem TÜV zur Hauptuntersuchung mängelfrei vorgeführt wurden. Am 07.07.2021 befuhr der Zeuge E., der bei der Firma ... als Fahrer angestellt war, mit der Kombination die BAB 6 in Fahrtrichtung Saarbrücken. Auf dem Parkplatz "Am Glan" (km 644) wurde das Fahrzeuggespann von den Zeugen PHK S.und TB J. einer Kontrolle unterzogen. Hierbei fiel auf, dass sich an den Felgen des Sattelanhängers Flugrost abgesetzt hatte. Bei einer Überprüfung mittels einer Minikamera stellte der Zeuge J., ein mit der Kontrolle von Fahrzeugen erfahrener KFZ-Meister, fest, dass an der ersten Achse die Bremsbelag-Trägerplatten auf der inneren Bremsscheibe rieben und diese beschädigten. Bei einer Nachuntersuchung des Fahrzeugs wurde festgestellt, dass der Bremssattel fest geworden war.
Das Amtsgericht hat ferner die Feststellung getroffen, dass das Fahrzeug weder durch den Betroffenen persönlich oder andere Firmenangehörige oder eine Fremdfirma einer regelmäßigen Kontrolle unterzogen worden war.
II.
Diese Feststellungen sind nicht geeignet, den Schuldspruch eines fahrlässigen Verstoßes gegen § 31 Abs. 2 StVZO i.V.m. §§ 69a StVZO, 24 Abs. 3 Nr. 5 StVG zu tragen. Auf die zusätzlich erhobene Verfahrensrüge kommt es daher nicht an.
1.
Den - hierzu recht knappen - Feststellungen kann noch hinreichend entnommen werden, dass das Fahrzeuggespann aufgrund eines Schadens an der Bremsanlage des Aufliegers nicht mehr verkehrssicher im Sinne der §§ 30 Abs. 1 Nr. 1, 41 StVZO war. Rechtlich zutreffend hat das Amtsgericht zudem erkannt, dass von einem Mangel an einem Fahrzeug nicht ohne weiteres auf eine Pflichtverletzung auf Seiten des Halters geschlossen werden kann. Auch ergibt sich eine Verantwortlichkeit des Fahrzeughalters nicht bereits aus der Einschlägigkeit der § 9 OWiG bzw. § 31 StVZO. Vielmehr bedarf es der Feststellung konkreter Umstände, die in der Person des Betroffenen die Missachtung einer Sorgfaltspflicht belegen (KG Berlin, Beschluss vom 05.07.1999 - 2 Ss 156/99 - 3 Ws (B) 328/99, juris Rn. 3 m.w.N.). Will oder kann der Fahrzeughalter den verkehrssicheren Zustand eines Fahrzeugs nicht persönlich überwachen, so hat er durch organisatorische Maßnahmen - namentlich durch die Auswahl geeigneten Personals und die Anordnung entsprechender Weisungen - sicherzustellen, dass der verkehrssichere Zustand des Fahrzeuges trotzdem gewährleistet bleibt. Dabei kann es nach den Umständen auch geboten sein, die Einhaltung der hierzu erteilten Weisungen zu überprüfen. Eine generelle Verpflichtung, die Einhaltung von Weisungen hinsichtlich der Kontrolle eines Fahrzeugs zumindest mittels Stichproben zu überprüfen, besteht jedoch nicht. Ob und wie häufig eine Überprüfung des eingesetzten Personals stattzufinden hat, hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls, namentlich dem Inhalt der Weisung, der Zuverlässigkeit des Weisungsempfängers sowie dem betroffenen Fahrzeug ab.
2.
Nach diesen Grundsätzen begegnet die Annahme des Amtsgerichts, der Betroffene sei generell verpflichtet gewesen, die Einhal...