Leitsatz (amtlich)

1. Wird die Entscheidung über ein Prozesskostenhilfegesuch über einen unzumutbaren Zeitraum hinaus verzögert und stellt sich dies bei objektiver Betrachtung letztlich als einer Ablehnung gleich zu achtende Verweigerung des Rechtsschutzes dar, so ist dagegen die Untätigkeitsbeschwerde statthaft.

2. Eine Partei, die ihr Prozesskostenhilfegesuch rechtzeitig angebracht hat, darf bei der Durchführung eines Gütetermins i.S.v. § 278 Abs. 2 ZPO n.F. nicht im Unklaren darüber gelassen werden, ob und inwieweit sie für die Kosten der Prozessführung selbst aufzukommen hat.

 

Normenkette

ZPO §§ 114-115, 278 Abs. 1, § 2 und 5, § 567; BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 4

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Aktenzeichen 6 O 6/02)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Zwar liegt eine ausdrückliche Entscheidung i.S.v. § 567 Abs. 1 ZPO n.F. über das Prozesskostenhilfegesuch des Beklagten nicht vor. Der Erstrichter hat durch seinen Nichtabhilfebeschluss vom 10.9.2002 aber verdeutlicht, dass er beim derzeitigen Stand des Verfahrens in der Sache nicht gedenkt, über das Prozesskostenhilfegesuch zu entscheiden. Berücksichtigt man dabei, dass das Gesuch schon am 1.2.2002 angebracht worden ist und der Erstrichter bereits gemäß § 278 Abs. 1 und 2 ZPO Gütetermin bestimmt hatte, den er nur mit Blick auf das vorliegende Beschwerdeverfahren wieder aufgehoben hat, so ist das Rechtsmittel des Beklagten als sog. Untätigkeitsbeschwerde statthaft. Sie ist nach herrschender, vom Senat geteilter Ansicht dann eröffnet, wenn – wie im vorliegenden Falle – die Entscheidung über ein Prozesskostenhilfegesuch über einen unzumutbaren Zeitraum hinaus verzögert wird und sich bei objektiver Betrachtung letztlich als Verweigerung des Rechtsschutzes darstellt, die einer Ablehnung gleich zu achten ist (vgl. dazu etwa OLG Celle, Beschl. v. 24.1.1985 – 2 W 7/85, MDR 1985, 591 [592]; OLG Hamburg v. 3.5.1989 – 2 UF 24/89, NJW-RR 1989, 1022 [1023]; OLG Stuttgart v. 16.1.1992 – 7 W 3/91, AnwBl. 1993, 299; OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.2.1996 – 10 WF 61/95, OLGReport Brandenburg 1996, 200; OLG Dresden v. 20.12.2000 – 10 Abl 43/00, OLGReport Dresden 2001 129 [130]; differenzierend KG Berlin KGReport Berlin 1997, 251; OLG Karlsruhe v. 22.12.1988 – 16 WF 187/88, FamRZ 1989, 767 [769 f.]; Zöller/Philippi, ZPO 23. Aufl., § 127 Rz. 11 und Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 567 Rz. 21b, jew. m.w.N. auch zur Gegenansicht). Eine Beschwerdefrist ist nicht in Lauf gesetzt worden, weil es an einer ausdrücklichen Entscheidung fehlt, die hätte zugestellt werden können. Im Übrigen ist das Rechtsmittel gem. § 569 Abs. 1 und 2 ZPO n.F. förmlich nicht zu beanstanden.

In der Sache bleibt die sofortige Beschwerde ohne Erfolg. Die Voraussetzungen, unter denen Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist, liegen nicht vor.

Entgegen der Auffassung des Erstrichters, kann allerdings nicht angenommen werden, über das Prozesskostenhilfegesuch des Beklagten müsse vor der Durchführung eines Gütetermins i.S.v. § 278 Abs. 2 ZPO n.F. nicht entschieden werden, wenn der Termin ohne gleichzeitige Ladung zu einer anschließenden mündlichen Verhandlung anberaumt ist. Diese Betrachtungsweise lässt unberücksichtigt, dass die Güteverhandlung, sofern sie nicht gem. § 278 Abs. 5 ZPO vor dem beauftragten oder ersuchten Richter stattfindet, dem Anwaltszwang unterliegt (vgl. dazu Musielak/Foerster, ZPO, 3. Aufl., § 278 Rz. 8; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 278 Rz. 5). Eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits, deren Herbeiführung die Güteverhandlung dienen soll, kann ohne Erörterung des Streitstoffes nicht stattfinden. Eine solche Erörterung löst den Gebührentatbestand des § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO aus (vgl. dazu Hartmann, Kostengesetze, 31. Aufl., § 31 BRAGO Rz. 236 m.w.N.). Im Hinblick darauf darf die bedürftige Partei, die ihr Prozesskostenhilfegesuch rechtzeitig angebracht hat, bei der Durchführung des Gütetermins nicht im Unklaren darüber gelassen werden, ob und inwieweit sie für Kosten der Prozessführung selbst aufzukommen hat.

In der Sache ist deshalb vor der Weiterführung des Hauptverfahrens über das Prozesskostenhilfegesuch des Beklagten zu befinden. Von der an sich gebotenen Zurückverweisung sieht der Senat jedoch ab. Die Sache ist hinsichtlich des Prozesskostenhilfeantrags des Beklagten entscheidungsreif. Dem Beklagten ist die begehrte Prozesskostenhilfe zu versagen. Denn er hat seine Bedürftigkeit nicht dargelegt. Der Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen kann nicht entnommen werden, ob er neben seinem Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit noch über weitere Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen u.a. verfügt, weil er insoweit den vorgelegten Vordruck nicht ausgefüllt hat. Aus dem gleichen Grunde ist nicht ersichtlich, ob möglicherweise eine Rechtsschutzversicherung Kostendeckung gewährt.

Die Festsetzung eines Beschwerdew...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge