Entscheidungsstichwort (Thema)
Betrug. Kostenfestsetzung
Verfahrensgang
LG Kaiserslautern (Beschluss vom 23.08.2006; Aktenzeichen 6039 Js 11955/05) |
Tenor
1. Die (sofortige) Beschwerde des Pflichtverteidigers gegen den Beschluss der 7. Strafkammer – Wirtschaftsstrafkammer – des Landgerichts Kaiserslautern vom 23. August 2006 wird als unbegründet verworfen.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG).
Gründe
In der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten, dem der Beschwerdeführer gemäß § 140 StPO als Pflichtverteidiger beigeordnet worden war, sind drei Adhäsionsanträge gestellt worden. Einem der Antragsteller ist gemäß § 404 Abs. 5 StPO, 119 ZPO Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Zur Abgeltung des einen Adhäsionsanspruches hat der Angeklagte mit den Geschädigten in der Hauptverhandlung einen Vergleich abgeschlossen; die beiden weiteren Forderungen hat er anerkannt und ist insoweit im Urteil vom 30. Mai 2006 zur Zahlung verpflichtet worden.
Der Beschwerdeführer hat als Pflichtverteidiger u.a. die Festsetzung der dreimaligen Gebühr nach Nr. 4143 VV GVG für die drei Adhäsionsanträge beantragt. Die Rechtspflegerin hat im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 1. August 2006 demgegenüber das Adhäsionsverfahren gemäß § 15 Abs. 2 RVG als eine Angelegenheit behandelt und die Adhäsionsgebühr deshalb nur einfach anerkannt. Dagegen hat sich mit der Erinnerung sowohl der Beschwerdeführer als auch die Bezirksrevisorin gewandt, die allgemein die Belastung der Staatskasse mit Kosten des Adhäsionsverfahrens beanstandet. Die Strafkammer hat durch Beschluss vom 23. August 2006 den Antrag des Pflichtverteidigers auf Festsetzung der Gebühren für das Adhäsionsverfahren zurückgewiesen. Dies beanstandet er mit der Beschwerde.
Das Rechtsmittel ist gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG zulässig. Da ihm eine Frist gesetzt ist, folgt es den Regeln der sofortigen Beschwerde gemäß § 311 StPO. Mangels förmlicher Zustellung des angefochtenen Beschlusses vom 23. August 2006 ist die zweiwöchige Frist gemäß § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG nicht in Gang gesetzt worden, so dass die Beschwerde ungeachtet des Zeitablaufs rechtzeitig erhoben worden ist.
Das zulässige Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der Senat teilt die Auffassung der Wirtschaftsstrafkammer, dass der Beschwerdeführer gegen die Staatskasse keinen Gebührenanspruch für seine Tätigkeit in den Adhäsionsverfahren hat. Zwar steht außer Frage, dass die Gebühr nach Nr. 4143 VV RVG angefallen ist. Der Umfang des Vergütungsanspruchs des Rechtsanwalts gegen die Landeskasse richtet sich jedoch gemäß §§ 44 Abs. 1, 48 Abs. 1 RVG nach der Reichweite der Beschlüsse über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bzw. seine Beiordnung als Pflichtverteidiger. Prozesskostenhilfe gemäß § 404 Abs. 5 StPO, § 114 ff ZPO ist dem Angeklagten nicht bewilligt worden; einen entsprechenden Antrag hat er nicht gestellt. Die Bestellung nach § 140 StPO erstreckt sich nicht auf das Adhäsionsverfahren, so dass nicht bereits die Beiordnung den dort entstanden Gebührenanspruch nach Nr. 4143 VV RVG der Staatskasse aufbürdet.
Ob die Beiordnung des Verteidigers gemäß § 140 StPO ohne weiteres auch seine Tätigkeit im Adhäsionsverfahren umfasst oder es insoweit einer zusätzlichen Bewilligung nach § 404 Abs. 1 Satz 1 StPO bedarf, ist schon zur Geltung der BRAGO von den Obergerichten unterschiedlich entschieden worden; der Bundesgerichtshof hat die Frage ausdrücklich offen gelassen (BGH NJW 2001, 2486, 2487). Der Gesetzgeber bietet im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vom 1. Juli 2004 keine Entscheidungshilfe an. Er führt zwar in der Begründung des Entwurfs des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (Art. 3) aus:
Der Pflichtverteidiger soll die Gebühr nach Nummer 4143 VV … RVG-E ebenfalls erhalten. Das entspricht dem geltenden Recht. Sie wird – wie derzeit nach § 97 Abs. 1 Satz 4, §§ 89, 123 BRA … GO –, der Höhe nach durch § 49 RVG-E begrenzt.” (BT-Drs. 15/1971, 228).
Damit bleibt jedoch weiterhin offen, welche gerichtliche Entscheidung – allgemeine Beiordnung oder gesonderte Bewilligung der Prozesskostenhilfe – den Gebührenanspruch der Staatskasse gegenüber begründet. Die Fortschreibung der unterschiedlichen Entscheidungspraxis zeichnet sich bereits ab (vgl. LG Bonn vom 7. April 2005 – 37 Qs 9/05, und dazu den Aufhebungsbeschluss des OLG Köln vom 29. Juni 2006 – 2 Ws 254/05, beide bei Burhoff online, RVG Entscheidungen). Der Senat schließt sich mit folgenden Erwägungen der Auffassung an, dass sich die Beiordnung gemäß § 140 StPO nicht ohne Weiteres auf das Adhäsionsverfahren erstreckt (ebenso OLG München, StV 2004, 38; im Ergebnis auch OLG Saarbrücken, StV 2000, 433 f):
Es ist zwar zutreffend, dass in der Regel die (unbeschränkte) Bestellung zum Pflichtverteidiger das gesamte Strafverfahren umfasst (vgl. Meyer-Goßner StPO 49. Aufl., § 140 Rn 5). Da der Pflichtverteidiger dem Angeklagten beigeordnet wird, um sich gegen den staatlichen Strafanspruch auch unter den besonderen Bedingungen des § 140 Abs. 1 und 2 StPO wirksam v...