Verfahrensgang

LG Landau (Pfalz) (Aktenzeichen 2 O 32/22)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 05.08.2022, Az. 2 O 32/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 02.08.2023. Der Senat erachtet diese Frist für ausreichend; mit Fristverlängerungen kann nur in begründeten Ausnahmefällen gerechnet werden.

 

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist offensichtlich unbegründet. Entsprechend der zutreffenden Auffassung des Landgerichts steht dem Kläger der von ihm geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz gegenüber der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Demnach hat es bei der vom Landgericht ausgesprochenen Abweisung der Klage zu verbleiben.

1. Vertragliche Ansprüche auf Schadensersatz scheiden aus, da die Beklagte an dem vom Kläger mit der ... geschlossenen Kaufvertrag über das im Streit stehende Fahrzeug nicht beteiligt ist.

2. Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB scheiden aus, da es an der hierfür erforderlichen Stoffgleichheit zwischen Vermögenseinbuße und Vermögensvorteil fehlt (vgl. BGH NJW 2020, 2798, 2801 f.; WM 2021, 50, 52; WM 2021, 2108, 2113).

3. Dem Kläger steht entsprechend der zutreffenden Auffassung des Landgerichts auch kein Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB (vgl. BGHZ 225, 316 Rdnr. 15 f.; OLG Stuttgart, Urteil vom 13.04.2021 - 16a U 718/20 -, Rdnr. 66, juris) zu. Das Vorbringen des Klägers reicht schon zur schlüssigen Darstellung der objektiven Sittenwidrigkeit i.S.v. § 826 BGB nicht aus, da die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der Kaufentscheidung des Klägers am 09.10.2020 nicht mehr gegeben waren.

a) Die Voraussetzungen von § 826 BGB sind bei einem sog. Thermofenster (temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführungsrate) - dessen Vorliegen in dem im Streit stehenden PKW zugunsten des Klägers unterstellt - nicht gegeben. Dass der Gerichtshof der Europäischen Union - was somit auch hier zu Gunsten des Klägers unterstellt werden kann - auch eine solche Vorrichtung als unzulässige Abschaltvorrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) 715/2007 ansieht (vgl. EuGH, Urt. v. 17.12.2020, C-398/18 = NJW 2021, 1216 Rdnr. 109 ff.), genügt zur Annahme einer Sittenwidrigkeit nicht. Denn der darin liegende Gesetzesverstoß ist für sich allein genommen nicht geeignet, den Einsatz dieser Steuerungssoftware, die grundsätzlich im Prüfstandbetrieb in gleicher Weise arbeitet wie im Straßenbetrieb, als besonders verwerflich erscheinen zu lassen. Hierfür bedürfte es vielmehr weiterer Umstände (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.2021, VI ZR 128/20 Rdnr. 13; Urt. v. 20.07.2021, VI ZR 1154/20 Rdnr. 13; B. v. 29.09.2021, VII ZR 72/21 Rdnr. 18; B. v. 13.10.2021, VII ZR 295/20 Rdnr. 15; B. v. 13.10.2021, VII ZR 179/21 Rdnr. 13; je m.w.N.). Solche weiteren Umstände zeigt der Kläger nicht auf. Denn zum einen übersieht der Kläger, dass zum Motorschutz erforderliche Abschaltvorrichtungen als zulässige Ausnahmen in der VO (EG) 715/2007 ausdrücklich vorgesehen sind und das bloße Überdehnen eines solchen Ausnahmetatbestandes zwar vorgabenwidrig sein mag, allein aber noch nicht den Vorwurf einer sittenwidrigen Schädigung zu begründen vermag. Zum anderen fehlt einer solchen Abschaltvorrichtung, die sich grundsätzlich im Prüfbetrieb genauso aktiviert oder deaktiviert wie im normalen Straßenbetrieb, der Charakter einer auf Täuschung der für die Erteilung der Typgenehmigung zuständigen Behörde zielenden Vorrichtung (BGH WM 2021, 354 Rdnr. 13 ff.; BGH, B. v. 29.09.2021, VII ZR 72/21; B. v. 29.09.2021, VII ZR 45/21; B. v. 13.10.2021, VII ZR 295/20; je m.w.N.).

Aus einer etwaig unterbliebenen Offenlegung der genauen Wirkungsweise des Thermofensters gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt folgen keine Anhaltspunkte dafür, dass für die Beklagte tätige Personen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden (vgl. BGH, B. v 19.01.2021, VI ZR 433/19 Rdnr. 24; B. v. 29.09.2021, VII ZR 72/21 Rdnr. 20; B. v. 13.10.2021, VII ZR 179/21 Rdnr. 17 und öfter).

b) Hinsichtlich der vom KBA festgestellten "Nutzung einer Aufheizstrategie (Strategie A)" scheidet eine deshalb grundsätzlich in Betracht kommende Haftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB (vgl. Senat, Urt. v. 06.10.2021, Az. 7 U 185/19; Urt. v. 13.07.2022, Az. 7 U 213/21; Urt. v. 20.07.2022, Az. 7 U 114/21; u.ö.) in der hier gegebenen Konstellation aus, da das Verhalten der Beklagten jedenfalls für den Zeitpunkt 09.10.2020, in dem der Kläger das im Streit ...

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