Verfahrensgang

LG Kaiserslautern (Aktenzeichen 3 O 413/22)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 01.12.2022, Az. 3 O 413/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 26.10.2023. Der Senat erachtet diese Frist als ausreichend, weshalb mit Fristverlängerungen nur in begründeten Fällen gerechnet werden kann.

 

Gründe

Die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung beruht auf § 522 Abs. 2 ZPO. Der Senat ist einstimmig der Auffassung, dass die Berufung offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg ist (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO) und auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 S. 2 Nrn. 2 - 4 ZPO vorliegen. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger stehen Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1. Vertragliche Gewährleistungsansprüche sowie quasivertragliche Schadensersatzansprüche scheiden von vornherein aus, nachdem die Beklagte an dem vom Kläger mit dem Autohaus ... GmbH & Co. KG geschlossenen Kaufvertrag über das im Streit stehende Fahrzeug nicht beteiligt war. Da auch nicht vorgetragen wurde, dass und inwiefern die Beklagte auf die Vertragsverhandlungen und den Abschluss des Kaufvertrags in irgend einer Weise Einfluss genommen habe, scheidet auch ein Anspruch nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, 3 BGB über die Grundsätze der "culpa in contrahendo" aus. Zwar kann gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB ein - gesetzliches - Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB auch durch "ähnliche geschäftliche Kontakte" mit einem an dem Vertrag nicht beteiligten Dritten entstehen und so zu einem Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB gegenüber dem Dritten führen. Erforderlich hierfür ist jedoch eine wechselseitige Gewährung und Inanspruchnahme von Vertrauen (BeckOGK/Herresthal, 15.5.2023, BGB § 311 Rn. 296 m.w.Nw.). Derartiges wird vom Kläger indes nicht im Ansatz vorgetragen. Der bloße Verweis auf die Norm (vgl. Seite 22 der Klageschrift vom 30.06.2022, Bl. 22 eA I sowie Seite 11 der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 40 eA II) genügt ersichtlich nicht, um den erforderlichen Sachvortrag zu ersetzen.

2. Zutreffend hat das Landgericht auch einen Anspruch aus §§ 826, 31 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung abgelehnt.

2.1. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 30.07.2020, VI ZR 5/20 Rdnr. 29; Urt. v. 13.07.2021, VI ZR 128/20 Rdnr. 11; Urt. v. 25.05.2020, VI ZR 252/19 Rdn. 15; B. v. 13.10.2021, VII ZR 179/21 Rdnr. 11; je m.w.N.). Schon zur Feststellung der objektiven Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich dabei auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urt. v. 30.07.2020, VI ZR 5/20 Rdnr. 29; Urt. v. 13.07.2021, VI ZR 128/20 Rdn. 11; B. v. 13.10.2021, VII ZR 179/21 Rdnr. 11). Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (BGH, Urt. v. 30.07.2020, VI ZR 5/20 Rdnr. 29; B. v. 19.01.2021, VI ZR 433/19 Rdnr. 14; B. v. 09.03.2021; VI ZR 889/20 Rdnr. 12; B. v. 13.10.2021, VII ZR 179/21 Rdnr. 11). Nach diesen Maßstäben kann das Verhalten eines Fahrzeugherstellers eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung begründen, wenn dieser aufgrund einer grundlegenden strategischen Entscheidung bei der Motorenentwicklung im eigenen Kosten- und Gewinninteresse durch bewusste und gewollte Täuschung des KBA systematisch in großer Stückzahl Fahrzeuge in Verkehr gebracht hat, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgaswerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden, mithin diese manipulativ ausgestaltet wurde (vgl. BGH WM 2020, 1078, 1079 ff.; WM 202...

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