Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufgabenkreise der Gesundheitsfürsorge, Vermögenssorge und Aufenthalsbestimmung angeordneten Betreuung für S.B., geb. am …. Beschwerde gegen die Auswahl des Ergänzungsbetreuers. Betreuerauswahl
Leitsatz (redaktionell)
Bedarf es bei der Auseinandersetzung eines Nachlass aufgrund Interessenkollission des Betreuers der Bestellung eines weiteren Betreuers, so gilt auch hier bei der Auswahl, dass neben einem eigenen Vorschlag des Betreuten auch auf etwaige persönliche Bindungen Rücksicht zu nehmen ist.
Normenkette
BGB §§ 1897, 1899 Abs. 4; FGG § 69i Abs. 5, §§ 68a, 69g Abs. 1
Verfahrensgang
LG Kaiserslautern (Beschluss vom 14.06.1999; Aktenzeichen 1 T 98/99) |
AG Kaiserslautern (Aktenzeichen XVII 151/94) |
Tenor
I. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben; das Verfahren wird zur erneuten Sachbehandlung und Entscheidung an das Landgericht Kaiserslautern zurückverwiesen.
II. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000,– DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Mit Beschluss vom 21. Juni 1994 hat das Amtsgericht Betreuung mit den Aufgabenkreisen „Gesundheitsfürsorge, Vermögenssorge Aufenthaltsbestimmungsrecht” angeordnet und die Beteiligte zu 1), Mutter des Betreuten, zur Betreuerin bestellt. Ausweislich eines gemeinschaftlichen Erbscheins sind der Betreute und seine Mutter Erben je zur Hälfte des Nachlasses ihres am 23. Februar 1995 verstorbenen Vaters bzw. Ehemanns. Mit dem Aufgabenkreis der „Interessenwahrnehmung und Vertretung bei der Auseinandersetzung des Nachlasses” hat das Amtsgericht am 27. April 1999 den Beteiligten zu 2) – von Beruf Steuerberater – zum Ergänzungsbetreuer bestellt.
Die Beteiligte zu 1) will erreichen, dass eine von ihr vorgeschlagene Person als Ergänzungsbetreuer bestellt wird. Das Landgericht hat ihre darauf abzielende Beschwerde als unzulässig verworfen, weil sie hinsichtlich der Auswahlentscheidung nicht beschwerdebefugt sei. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1) ihr Ziel weiter.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde ist statthaft, nicht an eine Frist gebunden und auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden (§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 4 FGG). Die Befugnis der Beteiligten zu 1) zur Einlegung der weiteren Beschwerde ergibt sich bereits daraus, dass ihre Erstbeschwerde als unzulässig verworfen worden ist (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, FGG 14. Aufl. § 27 Rdnr. 7 mit weit. Nachw.).
In der Sache führt die Rechtsbeschwerde zu einem vorläufigen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG) und kann deshalb keinen Bestand haben. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Erstbeschwerde zulässig. Zur Auswahl des Ergänzungsbetreuers bedarf es jedoch weiterer Feststellungen. Dies nötigt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache.
1. Die Beteiligte zu 1) ist als Mutter des Betreuten befugt, die vom Amtsgericht getroffene Auswahl des Ergänzungsbetreuers anzufechten. Grundlage für die Bestellung eines weiteren Betreuers ist § 1899 Abs. 4 BGB. Danach kommt die Bestellung eines weiteren Betreuers u. a. in Betracht, wenn – wie hier bei Auseinandersetzung des Nachlasses – der Betreuer an der Erledigung bestimmter Angelegenheiten verhindert ist (vgl. dazu BayObLG NJW-RR 1998, 869; Palandt/Diederichsen, BGB 58. Aufl. § 1899 Rdnr. 5). Eine Nachlassauseinandersetzung fiele an sich in den bereits der Beteiligten zu 1) übertragenen Aufgabenkreis der Vermögenssorge, so dass mit der Bestellung des Ergänzungsbetreuers keine Erweiterung des Aufgabenkreises verbunden ist. Für diesen Fall regelt § 69 i Abs. 5 FGG, dass die §§ 68 a und 69 g Abs. 1 FGG entsprechend gelten. Die Vorschrift des § 69 g Abs. 1 FGG umfasst zwar nach dem Wortlaut lediglich Beschwerden gegen die Bestellung eines Betreuers von Amts wegen, die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts und die ablehnende Entscheidung in diesem Zusammenhang. Nach überwiegender Rechtsprechung – der sich der Senat angeschlossen hat – können nahe Angehörige im Sinne des § 69 g Abs. 1 FGG aber auch gegen die erstmalige Bestellung eines Betreuers Beschwerde mit dem Ziel einlegen, die eigene Person an die Stelle des ausgewählten Betreuers zu setzen. Denn dabei handelt es sich um die zulässige Teilanfechtung der Bestellung und Auswahl umfassenden Einheitsentscheidung nach § 69 Nr. 2 FGG (vgl. BGH FamRZ 1996, 607; Senat FG-Prax 1997, 104; Bienwald, Betreuungsrecht 3. Aufl. § 69 g FGG Rdnr. 7 mit weit. Nachw.). Entsprechendes gilt, wenn – wie hier – nahe Angehörige im Sinne des § 69 g Abs. 1 FGG gegen die Betreuerbestellung Beschwerde mit dem Ziel einlegen, einen Dritten an die Stelle des vom Vormundschaftsgericht ausgewählten Betreuers zu setzen, weil die Vorschrift dem in ihr genannten Personenkreis unabhängig von einer Beeinträchtigung eigener Rechte eine Beschwerdebefugnis einräumt (vgl. Beschluss des Senats vom 9. April 1999 – 3 W 79/99 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Beteiligte zu 1) als Mutter des Betreuten ist som...