Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Versäumnis der Einspruchsfrist gegen Vollstreckungsbescheid im Wohnungseigentumsverfahren. Wohngeldrückständen
Leitsatz (amtlich)
1. Hat das Amtsgericht in einer Wohnungseigentumssache den Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid als unzulässig verworfen und hat das Landgericht die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde zurückgewiesen, so findet die sofortige weitere Beschwerde statt.
2. Zwar indiziert allein die Unaufklärbarkeit des Abhandenkommens der Mitteilung über eine Niederlegung noch keine mangelnde Sorgfalt des Empfängers. Eine Wiedereinsetzung kommt aber dann nicht in Betracht, wenn nach dem eigenen Vorbringen des Empfängers nur solche Ursachen für die Fristversäumnis verbleiben, die er sich als Verschulden zurechnen lassen muss.
Normenkette
ZPO § 568 Abs. 2, §§ 341, 339 Abs. 1, § 233; WEG § 46 a Abs. 3 S. 2, § 45 Abs. 1, § 22 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Sinzig (Aktenzeichen 2 UF II 44/99 – WEG) |
LG Koblenz (Aktenzeichen 2 T 649/99) |
Tenor
1. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Beteiligte zu 1) hat die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 7 513,24 DM festgesetzt.
Gründe
1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Der Umstand, dass es sich um ein Verfahren nach Erlass eines Vollstreckungsbescheids handelt, steht der Statthaftigkeit des Rechtsmittels nicht entgegen. Insbesondere findet die Vorschrift des § 568 Abs. 2 ZPO keine Anwendung. Hat – wie vorliegend – das Amtsgericht in einer Wohnungseigentumssache den Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid gemäß §§ 46 a Abs. 3 Satz 2 WEG, 341 ZPO als unzulässig verworfen, so findet dagegen die sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdeverfahren richtet sich aber nicht nach der Zivilprozessordnung. Vielmehr ist gemäß § 46 a Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 WEG die Vorschrift des § 45 Abs. 1 WEG anzuwenden. Diese eröffnet – wie auch sonst im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit – gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts die sofortige weitere Beschwerde.
Das Rechtsmittel ist auch im übrigen förmlich nicht zu beanstanden, §§ 45 Abs. 1 WEG, 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, 29 Abs. 1, 2 und 4, 27, 22 Abs. 1 FGG.
2. In der Sache bleibt die sofortige weitere Beschwerde ohne Erfolg. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes, §§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO.
Die Vorinstanzen haben den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Mayen vom 21. Januar 1999 mit Recht für unzulässig erachtet.
a. Der Vollstreckungsbescheid vom 21. Januar 1999 ist der Beteiligten zu 1) am 25. Januar 1999 zugestellt worden. Ihr Einspruch ist erst am 8. März 1999 beim Amtsgericht Mayen eingegangen. Die Beteiligte zu 1) hat somit die gemäß §§ 46 a Abs. 3 Satz 2 WEG, 339 Abs. 1 ZPO zu wahrende zweiwöchige Einspruchsfrist nicht eingehalten.
b. Rechtsfehlerfrei haben die Vorinstanzen der Beteiligten zu 1) auch die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt. Dabei kann dahinstehen, ob für die Entscheidung über ein Wiedereinsetzungsgesuch gegen die Versäumung der Einspruchsfrist bei einem Vollstreckungsbescheid im Wohnungseigentums verfahren die Vorschriften der §§ 233 ff. ZPO heranzuziehen sind oder ob die Bestimmung des § 22 Abs. 2 FGG entsprechende Anwendung findet. Sowohl § 233 ZPO als auch § 22 Abs. 2 FGG setzen eine unverschuldete Fristversäumnis voraus. Daran fehlt es im hier zu entscheidenden Falle.
Der Einwand der Beteiligten zu 1), die von ihr herangezogenen Gründe dafür, warum sie keine Kenntnis von dem Benachrichtigungsschein über die Niederlegung erhalten habe, seien letztlich nicht zwingend, ist nicht geeignet, ihr Verschulden an der Fristversäumnis in Frage zu stellen. Zwar indiziert allein die Unaufklärbarkeit des Abhandenkommens der Mitteilung über eine Niederlegung noch keine mangelnde Sorgfalt des Empfängers (vgl. BGH NJW 1994, 2898). Im hier zu entscheidenden Falle sind aber nach dem eigenen Vorbringen der Beteiligten zu 1) nur solche Ursachen für die Fristversäumnis denkbar, die sie sich als Verschulden zurechnen lassen muss.
Soweit die Beteiligte zu 1) in Erwägung zieht, sie habe den Benachrichtigungsschein möglicherweise zusammen mit Werbesendungen weggeworfen, spricht gerade dies für mangelnde Sorgfalt beim Durchsehen und Sortieren ihrer Post (vgl. dazu auch BayObLG FamRZ 1990, 428, 429; OLG München MDR 1994, 410; LAG Köln MDR 1994, 1245). Allein das Lebensalter der Beteiligten zu 1) und ihre erst während des zweiten Rechtszuges bemerkte Einschränkung der Sehkraft auf einem Auge ändern daran nichts. Konkrete Anhaltspunkte, nach denen der Benachrichtigungsschein tatsächlich in eine gleichzeitig entnommene Werbesendung hineingerutscht sein könnte, hat die Beteiligte zu 1) im Übrigen auch nicht glaubhaft gemacht.
Als weitere Möglichkeit zieht es die Beteiligte zu 1) in Erwägung, der Post...