Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Abgrenzung der Zuständigkeit des Amtsgerichts nach § 7 Abs. 3 ErbbauRG zur Zuständigkeit eines Spruchkörpers für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten handelt es sich um die wie eine Rechtswegfrage zu behandelnde Frage der Verfahrenszuständigkeit. Hierüber ist in Anwendung von § 17a Abs. 6 i.V.m. Abs. 1 u. 2 GVG vorab von Amts wegen zu entscheiden.

2. Wird stattdessen ein Verweisungsbeschluss auf § 281 Abs. 1 ZPO gestützt und das zugehörige Verfahren gewählt, verbietet sich wegen der grundlegenden Unterschiede insbesondere eine Umdeutung in einen Verweisungsbeschluss nach § 17a Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 GVG. Hinsichtlich der Verfahrenszuständigkeit tritt keine Bindungswirkung gemäß § 17a Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 GVG ein.

 

Normenkette

ErbbauV § 7 Abs. 3; GVG § 17a Abs. 1, 2 Sätze 2-3, Abs. 6; ZPO § 281 Abs. 1

 

Tenor

Die Sache wird dem Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein unter Aufhebung dessen Verweisungsbeschlusses vom 30. Juni 2022 zurückgeleitet.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hat am 12. April 2022 beim Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein einen Antrag im Ersetzungsverfahren nach § 7 Abs. 3 ErbbauRG eingereicht. Mit Beschluss vom 22. April 2022 setzte das Amtsgericht den Streitwert vorläufig auf 300.000,- EUR fest und wies die Klägerin (Antragstellerin) darauf hin, dass vorliegend nicht das Amtsgericht als Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit, sondern das Prozessgericht, im Hinblick auf den Streitwert somit das Landgericht Frankenthal zuständig sein dürfte. Mit Verfügung vom 1. Juni 2022 sowie Schreiben vom 3. Juni 2022 fragte das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein unter Verweis auf die Entscheidung BGH, Urteil vom 17.10.1986, Az.: V ZR 169/85, hier zit. n. Juris, an, ob Verweisung beantragt werde. Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2022 beantragte die Antragstellerin unter Bezugnahme auf das gerichtliche Schreiben vom 3. Juni 2022, den Rechtsstreit an das zuständige Prozessgericht (Landgericht Frankenthal (Pfalz)) zu verweisen. Der hierzu schriftlich angehörte Antragsgegner, dem der Antrag zur Hauptsache am 23. Juni 2022 zugestellt worden war, teilte mit Schriftsatz vom 28. Juni 2022 mit, dem Verweisungsantrag entgegenzutreten. Das Amtsgericht sei nach § 7 Abs. 3 ErbbauRG sachlich zuständig.

Mit Beschluss vom 30. Juni 2022 erklärte sich das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein für sachlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit auf Antrag der Klägerin an das Landgericht Frankenthal (Pfalz). Die Entscheidung beruhe auf § 281 Abs. 1 ZPO. Auf Antrag der Klägerseite habe sich das angegangene Gericht für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das sachlich zuständige Gericht zu verweisen. Für einen abweichend vom gesetzlichen Zustimmungsanspruch in § 7 Abs. 3 ErbbauVO (ErbbauRG) vereinbarten schuldrechtlichen Zustimmungsanspruch sei das Prozessgericht zuständig.

Das Landgericht Frankenthal (Pfalz) stellte sich mit Hinweisverfügung vom 7. Juli 2022 auf den Standpunkt, es könnte eine objektiv willkürliche Verweisung durch das Amtsgericht vorliegen, weshalb das Gericht erwäge, das Verfahren nicht zu übernehmen. Der Beklagte vertrat mit Schriftsatz vom 14. Juli 2022 ebenfalls die Meinung, das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein sei sachlich zuständig, hegte indes Zweifel, ob man von einer willkürlichen Verweisung ausgehen könne. Die Antragstellerin beantragte mit Schriftsatz vom 21. Juli 2022, den Rechtsstreit an das zuständige Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein zurückzuverweisen. Dem ursprünglich gestellten Verweisungsantrag habe der Hinweis des Amtsgerichts zugrunde gelegen. Die Antragstellerin gehe dazu über, zunächst nur den gesetzlichen Zustimmungsanspruch entsprechend der Darlegungen in der Antragsschrift vom 12. April 2022 geltend zu machen. Mit Beschluss vom 28. Juli 2022 hat sich auch das Landgericht (Frankenthal) für sachlich unzuständig erklärt. Das Amtsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Antragstellerseite ausdrücklich einen Antrag gemäß § 7 Abs. 3 ErbbauRG gestellt habe. Weiter hätten die Vertragsparteien eine Regelung getroffen, die eine Vereinbarung gemäß § 5 Abs. 2 ErbbauRG darstelle und damit unter § 7 Abs. 2 u. 3 ErbbauRG falle. Die darüber hinaus vertraglich vereinbarte schuldrechtliche Zustimmungserklärung betreffe die Absicherung von Baugeldern zur Errichtung des Bauwerks, worum es vorliegend gerade nicht gehe. Mit Verfügung vom 28. Juli 2022 hat das Landgericht Frankenthal (Pfalz) die Akte dem Pfälz. Oberlandesgericht Zweibrücken mit der Bitte um Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zugeleitet.

II. Das Pfälzische Oberlandesgericht ist nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO bzw. § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG zur Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt berufen, weil sich sowohl das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein als auch das Landgericht Frankenthal (Pfalz) rechtskräftig bzw. unanfechtbar für unzuständig erklärt haben. Auf die Vorlage gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sieht sich der Senat veranlasst, die Sache dem Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein unter (deklaratorischer...

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