Leitsatz (amtlich)
Die gleichzeitige Einreichung der Hauptsacheklage und des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nicht ohne weiteres mutwillig.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Aktenzeichen 6 O 56/08) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin führt nicht zum Erfolg. Der Beschluss des Einzelrichters vom 10.6.2008 durch welchen er ihr Gesuch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage nach § 1 GewSchG abgelehnt hat, ist im Ergebnis richtig.
Entgegen der Auffassung des LG fehlt der Klage im hier vorliegenden Hauptsacheverfahren allerdings nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Antragstellerin am selben Tag auch eine ihrem Antrag im Hauptsacheverfahren entsprechende einstweilige Verfügung beim zuständigen AG Ludwigshafen am Rhein gegen den (künftigen) Beklagten erwirkt hat. Es entspricht herrschender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur, dass ein Rechtsschutzinteresse für eine Hauptsacheklage nicht deshalb verneint werden kann, weil der Anspruch bereits durch eine einstweilige Verfügung tituliert ist (vgl. OLG Stuttgart - FamRZ 1992, 1195 m.w.N.).
Die gleichzeitige Erhebung der Hauptsacheklage war auch nicht mutwillig i.S.v. § 114 ZPO, weil die Antragstellerin ihren Anspruch "doppelspurig" im ordentlichen Klageverfahren und im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht hat. Zwar kann insoweit das Kostenargument gegen eine solche Vorgehensweise sprechen, weil eine Rechtsverfolgung mutwillig ist, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde oder wenn die Partei den von ihr verfolgten Zweck auf einem billigeren als dem von ihr eingeschlagenen Weg erreichen könnte (vgl. OLG Bamberg FamRZ 1995, 623; OLG Hamm FamRZ 1988, 855; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 114 Rz. 32). In diesen Fällen spricht das Kostenargument aber meist gegen das Institut der Leistungsverfügung (vgl. OLG Hamm, a.a.O.). Auch spricht dafür, dass die gleichzeitige Erhebung der Leistungsklage nicht mutwillig war, dass die durch die einstweilige Verfügung erlangte Rechtsposition der Antragstellerin "schwächer" als ein rechtskräftiges Urteil in der Hauptsache ist, weil der Antragsgegner des einstweiligen Verfügungsverfahrens jederzeit deren Aufhebung mit Hilfe einer negativen Feststellungsklage herbeiführen kann (vgl. dazu BGH NJW 1986, 1815; OLG Koblenz GRUR 1986, 95; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 926 Rz. 3 m.w.N.).
Dem von der Antragstellerin eingereichten Klageentwurf kann jedoch eine Erfolgsaussicht deshalb nicht mehr beigemessen werden, weil die Antragstellerin am 2.4.2008 ihren Antrag zurückgenommen hat.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist der letzte Sach- und Streitstand (allg. Meinung vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 119 Rz. 44 m.w.N.). Für den zurückgenommenen Antrag war deshalb keine Prozesskostenhilfe mehr zu bewilligen.
Etwas anderes wäre nur in Betracht gekommen, wenn der Einzelrichter trotz vorliegender Entscheidungsreife über das PKH-Gesuch dieses pflichtwidrig nicht bearbeitet hätte (vgl. dazu Zöller/Philippi, a.a.O., Rz. 45 ff. m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Die Antragstellerin hat, nachdem das AG Ludwigshafen am Rhein ihren am 1.2.2008 eingegangenen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe am 12.2.2008 an das LG Frankenthal (Pfalz) abgegeben hatte, wo die Akten am 20.2.2008 eingegangen waren, über ihre Prozessbevollmächtigte dem Einzelrichter am 25.2.2008 telefonisch mitgeteilt, dass der Antrag zurückgenommen werde, was - nach zweimaliger Rückfrage des Einzelrichters - mit Schriftsatz vom 2.4.2008 geschehen ist. Eine verzögerliche Sachbearbeitung durch das LG ist unter diesen Umständen nicht ersichtlich.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2057331 |
OLGR-West 2008, 902 |