Entscheidungsstichwort (Thema)
Isolierte Anfechtung der Kostengrundentscheidung in Verfahren nach dem FamFG
Leitsatz (amtlich)
1. Ist der Beschwerdewert von mehr als 600 EUR erreicht, so sind nach Inkrafttreten des FamFG Kostengrundentscheidungen in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit isoliert anfechtbar.
2. Allein der Umstand, dass ein Elternteil im Sorgerechtsverfahren Desinteresse an den Belangen des gemeinsamen Kindes zeigt, rechtfertigt es nicht, ihm gem. § 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG die Kosten des Verfahrens wegen dessen grob schuldhafter Veranlassung aufzuerlegen.
Normenkette
FamFG § § 58 ff., § 81 Abs. 2 Nr. 1, § 61 Abs. 1, § 228
Verfahrensgang
AG Rockenhausen (Beschluss vom 26.04.2011; Aktenzeichen 3 F 134/11) |
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 719,57 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) und zu 2) sind die Eltern des nichtehelich geborenen Kindes R., geb. am ...
Es bestand gemeinsame elterliche Sorge.
Mit Beschluss vom 26.4.2011 hat das Familiengericht auf den Antrag der Mutter nach Anhörung der Beteiligten die elterliche Sorge für R. auf die Antragstellerin allein übertragen und die Kosten des Verfahrens gem. § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG gegeneinander aufgehoben.
Der Vater war anwaltlich nicht vertreten und zum Termin zur Anhörung beim Familiengericht am 21.4.2011 auch nicht erschienen.
Der Mutter war für das Verfahren des ersten Rechtszugs Verfahrenskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung bewilligt worden.
Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Antragstellerin, dem Vater und Antragsgegner gem. § 81 Abs. 2 FamFG die gesamten Verfahrenskosten aufzuerlegen, dies mit der Begründung, der Vater habe es zu vertreten, dass sie das Verfahren auf Übertragung der Alleinsorge überhaupt habe anstrengen müssen, weil er an den Belangen des gemeinsamen Sohnes großes Desinteresse gezeigt und überdies für sie auch nicht mehr erreichbar gewesen sei.
II. Das - zulässige - Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Senat folgt der in Literatur und Rechtsprechung nunmehr mehrheitlich vertretenen Auffassung, wonach Kostengrundentscheidungen in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach Inkrafttreten des FamFG isoliert, d.h., ohne gleichzeitiges Rechtsmittel in der Hauptsache, mit der Beschwerde gemäß den §§ 58 ff. FamFG angegriffen werden können; allerdings muss der Beschwerdewert des § 61 Abs. 1 FamFG - mehr als 600 EUR - erreicht sein. Diese Auslegung entspricht dem in den Gesetzesmaterialien deutlich zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers, der im Unterschied zur Bestimmung des § 20a FGG a.F. in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit den isolierten Beschwerderechtszug der §§ 58f FamFG gegen erstinstanzliche Kostenentscheidungen eröffnen wollte (s. hierzu BT-Drucks. 16/6308, 216, 272, 276), dabei aber bewusst auf die Schaffung einer Wertgrenze verzichtet hat, dies mit der Erwägung, dass es keinen wesentlichen Unterschied für die Beschwer eines Beteiligten ausmache, ob er sich gegen eine Kosten- oder Auslagenentscheidung oder aber gegen eine ihn wirtschaftlich belastende Entscheidung in der Hauptsache wende (vgl. BT-Drucks., a.a.O., S. 204).
Eine entsprechende Auslegung legt auch die Bestimmung des § 228 FamFG nahe, der in Versorgungsausgleichssachen die Wertgrenze des § 61 FamFG (nur) für die Anfechtung der Kostenentscheidung vorsieht.
Daraus ist zu folgern, dass die Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG auch für die (isolierte) Anfechtung von Kostenentscheidungen gilt, die in der Hauptsache eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit betreffen (so auch OLG Stuttgart FamRZ 2010, 664; OLG Zweibrücken, FamRZ 2010, 1835; OLG Koblenz FamRZ 2010, 2013; OLG Oldenburg, FamRZ 2010, 1466; OLG München, FamRZ 2010, 1465; OLG Brandenburg, FamRZ 2010, 1464; OLG Hamburg, FamRZ 2010, 665; Bumiller/Harders, FamFG 10. Aufl., Rz. 1 zu § 61 FamFG; Zimmermann in Keidel, FamFG 16. Aufl., Rz. 81 zu § 81 FamFG; Götsche in Horndasch/Viefhues, FamFG Rz. 26 bis 28 zu § 82 FamFG; Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren 2. Aufl. Rz. 5 zu § 58 FamFG).
2. Die Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG ist hier erreicht; sie bemisst sich nach dem Betrag derjenigen Verfahrenskosten, zu deren Erstattung die Antragstellerin aufgrund der Kostenentscheidung des Familiengerichts im Fall einer Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb der Zeitgrenze des § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO herangezogen werden kann. Es sind dies die Kosten ihres eigenen Verfahrensbevollmächtigten sowie die Hälfte der Gerichtskosten auf der Basis eines Geschäftswerts von 3 000 EUR.
Die außergerichtlichen errechnen sich so:
1,3 Verfahrensgebühr VV 3100 RVG i.H.v. |
245,70 EUR |
1,2 Terminsgebühr VV 3104 RVG i.H.v. |
226,80 EUR |
Auslagenpauschale VV 7002 RVG i.H.v. |
20 EUR |
ergeben: |
492,50 EUR |
zzgl. 19 % Mehrwertsteuer VV 7008 RVG i.H.v. |
93,57 EUR |
außergerichtliche Kosten insgesamt: |
586,07 EUR |
Gerichtskosten: |
|
3 Gebühren à 89 EUR |
= 267 EUR |
Die Häl... |