Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Begriff der aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührende Streitigkeit
Verfahrensgang
LG Landau (Pfalz) (Beschluss vom 22.11.2010; Aktenzeichen 4 O 162/10) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Landau in der Pfalz vom 22.11.2010 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das LG Landau in der Pfalz zurückverwiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 40.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde (§ 17a Abs. 4 S. 3, Abs. 6 GVG i.V.m. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO) hat in der Sache Erfolg. Für die Klage ist der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet (§ 13 GVG). Es handelt sich nicht um eine Familiensache i.S.v. § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG. Der angefochtene, die Rechtswegverweisung an das Familiengericht aussprechende Beschluss des LG vom 22.11.2010 war daher aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das LG Landau in der Pfalz zurück zu verweisen (vgl. BGH NJW 1993, 470, 471; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., § 17a GVG Rz. 18).
Entgegen der Auffassung des LG handelt es sich beim Gegenstand der hier erhobenen Klage nicht um aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührende Ansprüche und damit nicht um eine Familiensache nach § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG.
1. § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG bezweckt, in Ergänzung zu den Zuständigkeiten des Familiengerichts in Kindschaftssachen (§ 151 FamFG), auch Streitigkeiten über die zivilrechtlichen Ansprüche den Familiengerichten zuzuweisen, die aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrühren (vgl. MünchKomm/ZPO/Erbarth, 3. Aufl., § 266 FamFG Rz. 127; Johannsen/Henrich/Jaeger, Familienrecht, 5. Aufl., § 266 FamFG Rz. 16).
Das meint aber nicht alle denkbaren Ansprüche aus dem Eltern-Kind-Verhältnis in dem Sinn, dass alle Streitigkeiten zwischen Eltern und - ggf. erwachsenen - Kindern unabhängig vom Streitgegenstand schon allein aufgrund dieses Verwandschaftsverhältnisses den Familiengerichten zugewiesen wären. Die Ergänzungsvorschrift zielt vielmehr primär auf das Eltern-Kind-Verhältnis in seiner familienrechtlichen Ausprägung (§§ 1616 ff., 1626 ff. BGB) ab. Das lässt sich zwar dem Wortlaut der Vorschrift nicht unbedingt zwingend entnehmen, folgt aber aus ihrem erkennbaren Sinn. Denn nur für solche familienrechtlich geprägten Ansprüche aus dem Eltern-Kind-Verhältnis macht die Zuweisung an die Familiengerichte aufgrund von deren größerer Sachnähe Sinn, nicht hingegen bei sonstigen Streitigkeiten zwischen Eltern und ihren Kindern über andere, etwa erbrechtliche oder vertragsrechtliche Ansprüche, mit deren rechtlichen Fragestellungen sich die Familiengerichte ansonsten kaum zu befassen haben. Dementsprechend verlangt § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG ("herrühren"), dass die Ansprüche in diesem - im vorstehenden Sinn begrenzten - Eltern-Kind-Verhältnis ihre Grundlage haben. Ein bloßer Zusammenhang damit genügt nicht (MünchKomm/ZPO/Erbarth, a.a.O.; Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O.; Keidel/Giers, FamFG, 16. Aufl., § 266 Rz. 17). Nur wenn das der Fall ist, kommt es nicht darauf an, ob der Anspruch erst entstanden ist, als das Kind bereits volljährig war (MünchKomm/ZPO/Erbarth, a.a.O.; Prütting/Helms/Heiter, FamFG, § 266 Rz. 57).
2. Danach liegt hier keine aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührende Streitigkeit vor.
Die Kläger begehren die Auszahlung von Vermögen, das - zumindest faktisch, nach ihrem Vorbringen aufgrund einer zumindest konkludent getroffenen Treuhandvereinbarung - von der Beklagten verwaltet wurde. Unabhängig davon, ob sich ein entsprechender Auszahlungsanspruch aus einer Treuhandabsprache oder - wie die Beklagte meint - allenfalls nach den Regeln über die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft ergeben kann, ist dieses Vermögen den Klägern erst mit dem Tod ihres Vaters 1989 zugefallen und danach jedenfalls mit ihrem zunächst bestehenden Einverständnis in der Verwaltung der Beklagten, ihrer Mutter, geblieben. Zum Zeitpunkt des Erbfalles waren die 1967 und 1969 geborenen Kläger längst volljährig.
Damit handelt es sich um rein vertragsrechtliche oder erbrechtliche Ansprüche, die nicht § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG unterfallen.
Die Vorschrift erfasst zwar (Schadensersatz-) Ansprüche des Kindes gegen die Eltern aus der Verwaltung des Kindesvermögens (vgl. Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O.; Keidel/Giers, a.a.O.; Prütting/Helms/Heiter, a.a.O.). Das meint aber nur die gesetzlich den Eltern obliegende Sorge für das Kindesvermögen (§ 1626 Abs. 1 S. 2 BGB) oder zumindest damit in Zusammenhang stehende Ansprüche des Kindes. Nur bei diesen macht die Zuweisung an die Familiengerichte wegen der familienrechtlichen Prägung dieser Ansprüche (vgl. nur §§ 1626 Abs. 1 S. 2, 1638, 1643 - 1649, 1664 BGB) überhaupt Sinn. Diese familienrechtliche Prägung besteht bei den hier in Rede stehenden Ansprüchen aus Vermögensverwaltung, die auf einer von volljä...