Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Elternbegriff des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG
Leitsatz (amtlich)
1. Elternteile i. S. d. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG sind nur solche Personen, die rechtlich die Stellung als Mutter oder Vater (§§ 1591, 1592 BGB) eines der getrennten Ehegatten haben.
2. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG ist auch nicht analog auf Personen anzuwenden, bei denen es sich nicht um einen rechtlichen Elternteil eines der getrennten Ehegatten handelt, die aber mit einem solchen verheiratet sind ("Stiefschwiegereltern").
Normenkette
FamFG § 266 Abs. 1 Nr. 3; GVG § 17a Abs. 2, 4, 6; ZPO § 281 Abs. 1 S. 1
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Landgerichts B. vom 7. Januar 2021 aufgehoben.
Der beschrittene Rechtsweg zu den allgemeinen Zivilgerichten ist zulässig.
Gründe
I. Die Beklagte wendet sich gegen die Verweisung einer vor dem allgemeinen Zivilgericht erhobenen Klage an ein Familiengericht.
Der Kläger ist der "Stiefschwiegervater" der Beklagten: Diese ist mit dem Sohn der Ehefrau des Klägers verheiratet, bei dem es sich nicht um den Sohn des Klägers handelt.
Der Kläger überließ der Beklagten und ihrem Ehemann am 1. Juni 2020 anlässlich deren Hochzeit vom 7. April 2020 einen BMW der 5er-Reihe zum Preis von 3.000 Euro. Welche Absprachen dabei im Einzelnen getroffen wurden, ist streitig.
Am 9. Juli 2020 ließ die Beklagte das Fahrzeug auf sich zulassen. Der Kläger erfuhr am selben Tag davon und erklärte mit an den Ehemann der Beklagten gerichtetem Schreiben vom selben Tag, "vom Kaufvertrag... mit sofortiger Wirkung zurück(zutreten)", weil der Kaufpreis noch nicht gezahlt und der PKW abredewidrig auf den Namen der Beklagten zugelassen worden sei. Am darauffolgenden 10. Juli 2020 trennte sich die Beklagte von ihrem Ehemann. Den BMW nahm sie mitsamt dem "Fahrzeugschein" (Zulassungsbescheinigung Teil I) und einem Autoschlüssel mit an ihre neue Wohnanschrift im Bezirk des Amtsgerichts A. und des Landgerichts B.
Der Kläger hat behauptet, das Fahrzeug ausschließlich an den Ehemann der Beklagten mit der Maßgabe veräußert zu haben, dass es auf dessen Namen zugelassen werden und bei Bedarf der Familie, also auch ihm - dem Kläger - und seiner Ehefrau, zur Verfügung stehen solle. Der PKW habe einen Verkehrswert von ca. 8.500 Euro.
Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe den BMW sowohl an ihren Ehemann als auch an sie selbst mit der Absprache veräußert, dass das Fahrzeug auf sie zugelassen werden solle. Hintergrund für den vom Kläger erklärten "Rücktritt vom Kaufvertrag" seien massive Streitigkeiten zwischen ihr und ihrem Ehemann im Rahmen der Trennung.
Die Klage ist zunächst vor dem Amtsgericht - allgemeinen Zivilgericht - A. erhoben worden - mit dem Ziel, die Beklagte im Wesentlichen zu verurteilen, dem Kläger das Fahrzeug herauszugeben und Nutzungsentschädigung zu zahlen. Das Amtsgericht hat die Parteien mit Verfügung vom 31. August 2020 darauf hingewiesen, dass es sachlich unzuständig sei, weil der Streitwert 5.000 Euro überschreite. Auf entsprechenden Antrag des Klägers hat es mit Beschluss vom 21. September 2020 den Streitwert auf bis zu 9.000 Euro festgesetzt, sich für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht B. verwiesen.
Das Landgericht B. hat die Parteien mit Verfügung vom 11. Dezember 2020 darauf hingewiesen, dass es nicht zuständig sein dürfte, weil es sich bei der vorliegenden Streitigkeit um eine sonstige Familiensache i. S. d. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG handele. Nach Anhörung der Parteien hat es sich mit Beschluss vom 7. Januar 2021 für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht - Familiengericht - A. verwiesen. Zur Begründung heißt es in dem Beschluss unter anderem, der Kläger sei der Schwiegervater der Beklagten und die Trennung in tatsächlicher Hinsicht Anlass des Rechtsstreits gewesen.
Gegen diesen, den Parteien am 8. Januar 2021 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 20. Januar 2021, beim Landgericht B. am selben Tag eingegangen, "Beschwerde" eingelegt. Sie hat darauf verwiesen, der Kläger sei nicht der Schwiegervater der Beklagten, sondern mit ihr weder verwandt noch verschwägert. Auch liege dem Rechtsstreit keine familienrechtliche Thematik zugrunde, weil der Kläger lediglich beanspruche, einen Kaufvertrag rückabzuwickeln. Schließlich sei es dem Landgericht verwehrt, den Rechtsstreit erneut aufgrund sachlicher Unzuständigkeit zu verweisen.
Das Landgericht hat dem als sofortige Beschwerde gewerteten Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Akten dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Es hat dabei hat die Auffassung vertreten, dass § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG nicht zwischen "biologischen" und "angeheirateten" (Schwieger-)Eltern unterscheide und es angesichts des weiten Anwendungsbereichs von § 266 FamFG sowie dessen Sinn und Zweck nicht angezeigt sei, die Norm einschränkend auszulegen.
II. Das als "Beschwerde" bezeichnete Rechtsmittel gegen den landgerichtlichen Verweisungsbeschluss ist...