Entscheidungsstichwort (Thema)
Familiengerichtliche Genehmigung. Ergänzungspflegschaft. familiengerichtliche Genehmigung. Erbauseinandersetzung bei Minderjährigen. Insichgeschäft. lediglich rechtlicher Vorteil. Einräumung eines lebenslangen Wohnrechts. Interesse des Mündels
Leitsatz (amtlich)
Räumt ein minderjähriger Erbe bei der Auseinandersetzung des Nachlasses nach seinem verstorbenen leiblichen Vater ohne jede Gegenleistung ein Wohnungsrecht zugunsten seiner Mutter und seines Adoptivvaters ein, so liegt darin eine Verfügung über ein Grundstück, die regelmäßig nicht dem Mündelinteresse entspricht.
Normenkette
BGB §§ 181, 1641, 1642 Abs. 1, § 1821 Nr. 1, §§ 1909, 1093, 1642 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Rockenhausen (Beschluss vom 23.02.2006; Aktenzeichen 3 F 279/05) |
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.
III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das Rechtsmittel ist sowohl insoweit als es sich gegen die Ablehnung der Anordnung einer Ergänzungspflegschaft als auch insoweit als es sich gegen die Verweigerung der familiengerichtlichen Genehmigung richtet, als befristete Beschwerde zulässig, §§ 621 Abs. 1 Nr. 1, 621 e Abs. 1 und 3, 517, 519, 520 ZPO, 19, 20, 57 Abs. 1 Nr. 3, 64 Abs. 3 FGG. Soweit die Beteiligten zu 1 und 2) die Verweigerung der familiengerichtlichen Genehmigung angreifen, geht der Senat davon aus, dass sie das Rechtsmittel als gesetzliche Vertreter der allein gem. § 20 FGG beschwerdebefugten minderjährigen Kinder eingelegt haben (vgl. dazu Palandt/Diederichsen, BGB, 65. Aufl., § 1828 Rz. 17, m.w.N.).
II. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Die Rechtspflegerin hat die erweiternde Anordnung einer Ergänzungspflegschaft und die Erteilung entsprechender familiengerichtlicher Genehmigungen im Ergebnis zu Recht verweigert.
1. Soweit für die Erklärung des Minderjährigen J.H. die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft begehrt wird, fehlt es schon deshalb an den dafür erforderlichen Voraussetzungen, weil kein Fall des § 181 BGB vorliegt. Die Vorschrift ist nach ihrem Sinn und Zweck dann nicht anwendbar, wenn das Insichgeschäft dem Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt, weil in diesem Falle ein Interessenwiderstreit ausgeschlossen ist (st. Rspr., vgl. BGH v. 25.4.1985 - IX ZR 141/84, BGHZ 94, 232 [235] = MDR 1985, 758; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 181 Rz. 9, m.w.N.). So liegen die Dinge auch im hier zu entscheidenden Fall. Der Minderjährige J.H. wird durch die Vereinbarungen in der notariellen Urkunde vom 10.8.2005 nur insoweit betroffen, als sie sich auf die Regelungen zur Grundstücksübergabe beziehen. Mit diesen Regelungen wird ihm ein Miteigentumsanteil an dem Grundstück eingeräumt. Darin liegt ein rechtlicher Vorteil für den Minderjährigen. Soweit er im gleichen Zuge anteilige dingliche Belastungen übernimmt und den Beteiligten zu 1) und 2) ein lebenslängliches Wohnungsrecht i.S.v. § 1093 BGB einräumt, wird der ihm zugewandte Vorteil zwar zum Teil wieder eingeschränkt. Darin liegt - unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung der getroffenen Regelungen - aber kein rechtlicher Nachteil für den Minderjährigen (vgl. dazu BGH v. 25.11.2004 - V ZB 13/04, BGHZ 161, 170 [176 ff.] = BGHReport 2005, 348 m. Anm. Waldner = MDR 2005, 323 = NotBZ 2005, 150 m. Anm. Sonnenfeld, m.w.N.). Auf die zutreffenden Erwägungen des angefochtenen Beschlusses kann insoweit Bezug genommen werden.
Fehlt es nach alledem am Erfordernis der Anordnung einer (erweiterten) Ergänzungspflegschaft, so bedarf es auch keiner familiengerichtlichen Genehmigung der durch die bestellte Ergänzungspflegerin abgegebenen Erklärungen. Dabei kann dahinstehen, ob diese Erklärungen, soweit sie über den angeordneten Wirkungskreis hinausgehen, überhaupt genehmigungsfähig wären.
2. Soweit für die Minderjährigen V. und D.H. die (weitere) Anordnung einer Ergänzungspflegschaft und familiengerichtliche Genehmigung der bereits von den Ergänzungspflegerinnen abgegebenen Erklärungen begehrt wird, bezieht sich dies (noch) auf die Regelungen zum Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht in § 5 der notariellen Urkunde. Für diese Regelungen kann keine familiengerichtliche Genehmigung erteilt werden. Infolgedessen fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis für die Anordnung einer entsprechenden Ergänzungspflegschaft (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 65. Aufl., § 1909 Rz. 7; OLG Stuttgart v. 30.6.2004 - 8 W 495/03, OLGReport Stuttgart 2005, 15 = FamRZ 2005, 62, jeweils m.w.N.).
Entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin kann hinsichtlich der Minderjährigen V. und D.H. allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass ihnen durch die notariellen Urkunde vom 10.8.2005 nur ein rechtlicher Vorteil zugewandt wird. Anders als der von der Beteiligten zu 1) adoptierten Minderjährige J.H. waren V. und D.H. zusammen mit der Beteiligten zu 1) gesetzliche Erben nach ihrem verstorbenen Vater M.B. Auf Grund dessen stand ihnen ein Anteil von jeweils ¼ am Nachlass nach ih...