Leitsatz (amtlich)

1. Wird im Zuge der Nachbesserungsarbeiten ein neuer (bei Gefahrübergang noch nicht vorhandener) Mangel verursacht, ist das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht weder direkt noch analog anwendbar.

2. Rückabwicklung kann in diesem Fall nur unter dem Gesichtspunkt der Nebenpflichtverletzung (§ 241 Abs. 2 BGB) nach Maßgabe der §§ 282, 324 BGB verlangt werden. Die vorgenannten Vorschriften sind im Lichte des Art. 3 Abs. 5 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (1999/44/EG) auszulegen.

 

Normenkette

BGB §§ 282, 324, 434, 437

 

Verfahrensgang

LG Kaiserslautern (Aktenzeichen 4 O 286/19)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 30. September 2020 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 30. September 2020 ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines mit der Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrages über einen Pkw Mercedes Benz GLC 250 D. Das vorgenannte Gebrauchtfahrzeug (Erstzulassung 5. März 2018) kaufte der Kläger am 20. August 2018 bei der Beklagten zum Preis von 52.800,00 EUR. Das Fahrzeug hatte zum Verkaufszeitpunkt eine Laufleistung von 8.000 km.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 30. Januar 2019 rügte der Kläger den Mangel "Ölverlust am Motor" und setzte eine Frist zur Mangelbeseitigung. Das Fahrzeug befand sich in der Folge vom 13. bis 18. Februar 2019 bei der Beklagten zur Reparatur. Im Rahmen der Reparaturarbeiten musste das Automatikgetriebe ausgebaut werden, damit die hintere Stirnwand des Motors zum Abdichten erreichbar war. Weiterhin musste der Vorderachsträger gelöst werden.

Mit Schreiben vom 25. Februar 2019 (Bl. 18 LG) erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte zur Zahlung von 52.030,00 EUR auf. Zur Begründung des Rücktritts führte der Kläger an, der Ölverlust sei zwar augenscheinlich beseitigt worden, die Beklagte habe aber im Zuge der Nachbesserungsarbeiten neue Mängel verursacht, auf die der Kläger sein Rückabwicklungsbegehren stützen könne.

Der Kläger hat vorgetragen,

im Zuge der Nachbesserungsarbeiten sei entgegen der Herstellervorgaben keine Spureinstellung vorgenommen worden. An den Spurstangen seien keine Einstellspuren erkennbar. Das Fahrzeug ziehe nach rechts, das Lenkrad stehe leicht schief. Ein Kabel der Lambdasonde sei nicht wieder in die dafür vorgesehene Halterung eingebaut worden. Leitungen und Kabelverbindungen, die getrennt wurden, seien nicht wieder ordnungsgemäß verlegt worden. Es seien gebrauchte Klippmodule verwendet worden. Verschiedene Kabel und Schläuche seien nicht richtig befestigt worden und scheuerten an scharfen Blechen. Die vorgesehenen Arbeitsschritte beim Aus- und Einbau des Motors mit Vorderachsträger seien nicht eingehalten. Es sei keine Fahrzeugvermessung durchgeführt worden.

Er fühle sich auch wegen der Angaben der Beklagten zum Motorölverlust getäuscht. Im Zuge der Nachbesserungsarbeiten habe ein Mitarbeiter der Beklagten bei Aufnahme des Fahrzeuges erklärt, dass der Ölverlust des Fahrzeuges bereits vorher bekannt gewesen sei.

Der Kläger hat die Zahlung von 52.030,00 EUR (Kaufpreis abzgl. Nutzungsentschädigung für 4000 km, ausgehend von einer zu erwartenden Restlaufleistung von 240.000 km) - verlangt, dies Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkws Mercedes Benz GLC 250 D. Weiterhin hat er die Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 52.800,00 EUR seit 20. August 2019 geltend gemacht und die Feststellung des Annahmeverzuges ab 4. März 2019 sowie die Zahlung einer vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühr in Höhe von 1.954,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab Rechtshängigkeit verlangt.

Die Beklagte ist den Klageanträgen entgegengetreten und hat behauptet, das Fahrzeug sei ordnungsgemäß repariert worden. Auch die Vermessung der Vorderachse sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Das Landgericht Kaiserslautern hat die Zeugen A... (TÜV-Sachverständiger, Bl. 75 ff.), W... (Kfz-Meister bei der Beklagten, Bl. 130), F... (Kfz-Mechatroniker bei der Beklagten, Bl. 131), und L... (Ehefrau des Klägers, Bl. 133 f.) vernommen.

Mit Urteil vom 30. September 2020 hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe kein Rücktrittsrecht. Der Mangel des Ölverlusts sei beseitigt worden. Die Ausführungsfehler seien nicht nachgewiesen. Jedenfalls folge hieraus ohne einen zweiten Nachbesserungsversuch kein Rücktrittsrecht. Die Frage des Spurverhaltens sei offen, die Ehefrau habe zwar bestätigt, dass das Fahrzeug nach r...

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