Entscheidungsstichwort (Thema)
Erteilung eines Erbscheins. Ehegattenerbrecht
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage des Eintritts der erbrechtlichen Wirkungen eines Scheidungsverfahrens, wenn das Verfahren bereits rechtshängig wurde, die Zustimmungserklärung des Erblassers jedoch streitig ist.
Normenkette
ZPO § 630; BGB § 1933
Verfahrensgang
LG Kaiserslautern (Beschluss vom 17.08.1994; Aktenzeichen 1 T 74/94) |
AG Kaiserslautern (Aktenzeichen VI 933/93) |
Tenor
1. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht Kaiserslautern zurückverwiesen.
2. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 270.450,– DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligte zu 2) war die Ehefrau des Erblassers, der eine Verfügung von Todes wegen nicht hinterlassen hat. Sie reichte am 1. Juli 1992 einen Prozeßkostenhilfeantrag, verbunden mit dem Entwurf eines Scheidungsantrags, bei dem Amtsgericht Kaiserslautern ein. Hierzu machte sie geltend, die Parteien lebten seit dem Sommer 1991 getrennt, die Ehe sei restlos zerrüttet; der Antragsgegner werde der Scheidung zustimmen. Dem Antragsgegner wurde dieser Antrag zunächst formlos zur Stellungnahme übersandt. Er äußerte sich in einem Anwaltsschriftsatz vom 17. Juli 1992 hierzu wie folgt:
„Für den Fall der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe und die dann erfolgende Zustellung des Scheidungsantrages, dessen Inhalt mit dem Entwurf vom 16.6.1992 übereinstimmen dürfte, werden wir uns
dem gegnerischen Scheidungsantrag ausdrücklich anschließen.”
Der Beteiligten zu 2) wurde mit Beschluß vom 21. Juli 1992 Prozeßkostenhilfe bewilligt, weiter wurde ihr Scheidungsantrag vom 16. Juni 1992 dem Erblasser nunmehr (am 24. Juli 1992) förmlich zugestellt (Bl. 9 der Beiakten 1 F 548/92 AG Kaiserslautern). Weitere Schriftsätze der Parteien mit Sachanträgen sind in dem Scheidungsverfahren nicht eingegangen. Der Erblasser verstarb kurz vor dem auf den 25. August 1993 bestimmten Termin zur mündlichen Verhandlung, so daß das Verfahren sich erledigte.
Die Beteiligte zu 1) ist die Tochter und der einzige Abkömmling des Erblassers. Sie hat vorliegend beantragt, ihr einen Erbschein als Alleinerbin zu erteilen, weil das gesetzliche Erbrecht der Beteiligten zu 2) gemäß § 1933 BGB ausgeschlossen sei. Der beantragte Erbschein ist der Beteiligten zu 1) zunächst unter dem 8. November 1993 erteilt, dann jedoch aufgrund Beschlusses vom 16. Februar 1994 eingezogen worden (Bl. 21, 22 d.A.). Hiergegen hat die Beteiligte zu 1) Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat das Rechtsmittel mit dem angefochtenen Beschluß zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Nachlaßgericht habe den der Beteiligten zu 1) erteilten Erbschein zu Recht eingezogen, weil die Voraussetzungen des § 1933 BGB nicht erfüllt gewesen seien. Es könne dahinstehen, ob der Erblasser die Zustimmung zu dem Scheidungsantrag seiner Ehefrau überhaupt schon erklärt habe, denn diese Erklärung sei zumindest auch Prozeßhandlung und setze deshalb Rechtshängigkeit voraus. Hieran habe es im Zeitpunkt der Einreichung des Schriftsatzes vom 17. Juli 1992 beim Familiengericht aber gefehlt; nach Zustellung des Scheidungsantrags habe der Erblasser seine Erklärung nicht mehr wiederholt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1).
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1, 20 Abs. 1 FGG). Die Beteiligte zu 1) beantragt nunmehr ausdrücklich, ihr einen neuen, mit dem eingezogenen gleichlautenden Erbschein zu erteilen; dies ist die zutreffende Fassung des Beschwerdebegehrens (vgl. nur Winkler in Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit Teil A, 13. Aufl., Rdnr. 20 zu § 84 FGG).
In der Sache führt die weitere Beschwerde zu einem vorläufigen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG), nämlich einer fehlerhaften Auslegung der §§ 1933 BGB, 630 ZPO. Da noch weitere Feststellungen erforderlich sind, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung nicht möglich; es ist vielmehr die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache geboten. Im einzelnen gilt:
Das Landgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, daß das gesetzliche Erbrecht der Beteiligten zu 2) als Ehefrau (§§ 1931 Abs. 1 Satz 1, erste Alternative, 1924, 1371 Abs. 1 BGB) nur gemäß § 1933 Satz 1 BGB ausgeschlossen sein könnte. Rechtsfehlerhaft ist aber die Auffassung, es fehle bereits an den formellen Voraussetzungen für die Anwendung dieser Vorschrift, nämlich einer wirksamen Zustimmung des Erblassers zu dem Scheidungsantrag.
Es entspricht allerdings inzwischen herrschender Meinung, der sich auch der Senat angeschlossen hat, daß die erbrechtlichen Wirkungen eines Scheidungsverfahrens nur eintreten, wenn dieses Verfahren rechtshängig geworden ist und der Erblasser – im ...