Verfahrensgang
AG Pirmasens (Entscheidung vom 09.12.2019) |
Tenor
- Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Pirmasens vom 9. Dezember 2019 wird als unbegründet verworfen.
- Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels (§ 473 Abs. 1 StPO).
Gründe
Das Amtsgericht Pirmasens hat gegen den Betroffenen mit Urteil vom 9. Dezember 2019 wegen vorsätzlichen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 31 km/h eine Geldbuße von 240,-- EUR festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat mit Vollstreckungsaufschub angeordnet.
Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 8. April 2019 um 01:30 Uhr mit einem PKW die B 10 in der Gemarkung Hinterweidenthal auf Höhe Brückenbauwerk in Fahrtrichtung Landau mit einer Geschwindigkeit von 81 km/h. Vor der Messstelle war die Höchstgeschwindigkeit mittels Verkehrsschildern beidseitig auf zunächst 70 km/h, dann 50 km/h und dann nochmals einseitig auf 50 km/h beschränkt worden. Die Messung wurde mit einem Gerät Vitronic Poliscan FM 1 mit der Software-Version 4.4.5 durchgeführt.
Gegen das Urteil wendet sich der Betroffene mit der auf die Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts gestützten Rechtsbeschwerde. Der Einzelrichter des Senats hat die Sache mit Beschluss vom heutigen Tag gem. § 80a Abs. 3 OWiG an den Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
Das Rechtsmittel ist zulässig, aber unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO. Ergänzend zur Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 4. März 2020 ist lediglich folgendes anzumerken:
1.
Der Senat teilt die Rechtsansicht des Amtsgerichts und der Generalstaatsanwaltschaft, dass die Grundsätze des standardisierten Messverfahrens hier nicht davon berührt werden, dass das Messgerät entgegen den Empfehlungen seiner Bedienungsanleitung hinter einer Leitplanke aufgestellt wurde ("Hindernisse im Erfassungsbereich des Messgeräts sind zu vermeiden") und diese ausweislich des Radarbildes in den Messrahmen hineinragt. Insoweit handelt es sich um keine zwingende Vorgabe, deren Nichteinhaltung Zweifel an der Verlässlichkeit von Messungen begründen kann. Ein solcher Aufbau des Messgeräts hat ausweislich der von der Rechtsbeschwerde mittgeteilten Bedienungsanleitung (lediglich) zur Folge, dass sich die Anzahl von unterbrochenen und annullierten, mithin also nicht zu einem Bußgeldverfahren führenden Messungen erhöhen kann.
Soweit der Betroffene in der Rechtsbeschwerde auf die Entscheidung des VGH Rheinland-Pfalz vom 15. Januar 2020 verweist, ist lediglich ergänzend darauf hinzuweisen, dass der VGH die Bedeutung der Case-List für den einzelnen Geschwindigkeitsverstoß als "problematisch" eingeschätzt hat.
2.
Soweit die Verteidigerin im Schriftsatz vom 19. März 2020 beanstandet hat, ihr sei durch das Gericht trotz wiederholtem Antrag keine Einsicht in die sog. "Lebensakte" des Messgeräts gewährt worden, ist diese Rüge - unbeschadet des Umstandes, dass die Vorgaben des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG nicht eingehalten sind - nicht innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG erhoben. Im Übrigen wäre die Rüge auch unbegründet, weil das Gericht nicht verpflichtet ist, auf den erstmals in der Hauptverhandlung gestellten Antrag des Betroffenen hin das Messgerät betreffende, sich nicht bei den Akten befindliche Unterlagen von der Bußgeldbehörde beizuziehen. Dass die Verteidigerin bereits vor der Hauptverhandlung einen Antrag auf Beziehung und Einsicht in Messunterlagen gestellt hatte, ist dem Rechtsbeschwerdevorbringen nicht zu entnehmen.
3.
Soweit das Amtsgericht die Einlassung des Betroffenen, er habe die die Geschwindigkeit auf 50 km/h beschränkende Verkehrsschilder übersehen, für widerlegt angesehen hat, begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken. Ist - wie hier - das gleiche Zeichen 274 im Verlaufe der vor der Messstelle befahrenen Strecke wiederholt worden oder geht der Messstelle - wie hier - ein sogenannter Geschwindigkeitstrichter voraus, durch den die zulässige Höchstgeschwindigkeit stufenweise mittels mehrerer nacheinander aufgestellter Vorschriftszeichen herabgesetzt wird, so liegt es regelmäßig nahe, die insoweit hinsichtlich des Wissenselements bestreitende Einlassung des Betroffenen für widerlegt anzusehen (BGH, Beschluss vom 11.09.1997 - 4 StR 638/96, juris Rn. 35 = BGHSt 43, 241). Die Auffassung, dass bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 40 % (hier: ca. 60 %) dies dem Fahrer nicht verborgen geblieben sein kann, entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss vom 14.04.2020 - 1 OWi 2 SsBs 8/20, juris Rn. 11). Damit, dass sich der Verstoß zur Nachtzeit ereignet hat und der Betroffenen Vielfahrer ist, musste sich das Amtsgericht in den schriftlichen Urteilsgründen nicht befassen.
Fundstellen
Haufe-Index 15287406 |
SVR 2020, 3 |