Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Erforderlichkeit von Beschlussanfechtung über Einzelabrechnung
Leitsatz (amtlich)
Einer Genehmigung der aus der Jahresabrechnung hergeleiteten Einzelabrechnungen durch die Wohnungseigentümerversammlung bedarf es nicht, wenn sämtliche notwendigen Abrechnungsgrundlagen bereits in der Jahresabrechnung enthalten sind, die Einzelabrechnungen mithin nur den rechnerischen Vollzug der Jahresabrechnung für den einzelnen Wohnungseigentümer darstellen (Abgrenzung zu BayObLGZ 1987, 96 und BayObLG NJW RR 1987, 1356).
Normenkette
WEG § 28 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 08.12.1988; Aktenzeichen 4 T 84/88) |
AG Koblenz (Aktenzeichen 5 a UR II 3/84 WEG) |
Tenor
1. Der angefochtene Beschluß wird aufhoben. Das Verfahren wird zur erneuten Sachbehandlung und Entscheidung, auch über die im Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Antragsteller, an das Landgericht zurückverwiesen.
2. Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 801,– DM bis 900,– DM festgesetzt.
Gründe
Der Antragsgegner ist Eigentümer einer Wohnung in der eingangs bezeichneten Wohnanlage und wird von den Antragstellern auf Zahlung von Umlagen für Heizungs- und sonstige Kosten der Wohnanlage für die Wirtschaftsjahre 1976/1977 bis 1981/1982 auf der Grundlage der entsprechenden vom Verwalter erstellten und von der Eigentümerversammlung genehmigten Jahresabrechnungen in Höhe von insgesamt 853,96 DM sowie auf vorgerichtliche Kosten in Höhe von 8,48 DM in Anspruch genommen.
Das Amtsgericht Koblenz hat mit Beschluß vom 15. Dezember 1987 unter Zurückweisung eines erstinstanzlich geltend gemachten Zinsanspruchs dem Zahlungsbegehren stattgegeben. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat das Landgericht Koblenz zurückgewiesen. Mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Antragsgegner sein Abweisungsbegehren weiter.
Das Rechtsmittel des Antragsgegners ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden (§§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 45 Abs. 1 WEG, 29 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2, 22 Abs. 1, 20 Abs. 2 FGG). Insbesondere ist hinzunehmen, daß der Beschwerdeschriftsatz von dem Vater des Antragsgegners als dessen Bevollmächtigten gefertigt, von den Rechtsanwälten … und Partner lediglich unterstempelt und von dem in dieser Kanzlei tätigen Rechtsanwalt S unterzeichnet worden ist. Mehr verlangt das Gesetz gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 FGG nicht, solange davon auszugehen ist, daß der Rechtsanwalt mit der Unterschrift die Prüfung des von einem Dritten verfaßten Beschwerdeschriftsatzes bestätigt und für seinen Inhalt die Verantwortung übernimmt (allgem. Meinung; vgl. beispielhaft Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 12. Aufl., § 29 Rdnr. 14 mit weit. Nachw.). Hiervon hat das Rechtsmittelgericht regelmäßig auszugehen, da einem Rechtsanwalt grundsätzlich die Kenntnis von der Bedeutung seiner Unterschrift unter eine Rechtsmittelschrift zuzurechnen ist; eine gerichtliche Prüfungspflicht besteht deshalb insoweit nicht (vgl. hierzu neuestens BGH FamRZ 1989, 162 mit weiteren Nachweisen zum insoweit gleichgelagerten zivilprozessualen Verfahren).
In der Sache führt die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners zu einem vorläufigen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts kann keinen Bestand haben, da sie auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 Satz 1 FGG), nämlich Verstößen gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 12 FGG, da die bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen die Entscheidung nicht tragen. Dies macht eine Zurückverweisung des Verfahrens an das Erstbeschwerdegericht zur Vornahme der noch fehlenden Ermittlungen erforderlich.
Die Vorinstanzen gehen zutreffend davon aus, daß Zahlungspflichten des einzelnen Wohnungseigentümers einen entsprechenden billigenden Beschluß der Eigentümerversammlung nach § 28 Abs. 5 WEG voraussetzen, der eine für alle Wohnungseigentümer verbindliche Feststellung der Abrechnungsgrundlagen enthält (BGH NJW 1985, 912, 913 mit weiteren Nachweisen). Soweit es die – hier in Frage stehende – endgültige Verpflichtung des einzelnen Wohnungseigentümers zur Zahlung von Hausgeld einschließlich Heizungskosten betrifft, hat diese Feststellung regelmäßig in der vom Verwalter nach Maßgabe des § 28 Abs. 3 WEG zu erstellenden Jahresabrechnung zu erfolgen, die mit der Genehmigung durch die Eigentümerversammlung Verbindlichkeit erlangt (§ 28 Abs. 5 WEG). Dabei ist unerheblich, ob die in der genehmigten Jahresabrechnung getroffenen Feststellungen materiell richtig sind; auch materiell fehlerhafte Beschlüsse sind verbindlich, sofern sie bestandskräftig oder solange sie nicht in dem dafür vorgesehenen Verfahren (§ 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG) für ungültig erklärt worden sind (allgemeine Meinung; vgl. BayObLG ZMR 1980, 186, 188 DWE 1985, 123/124; ZMR 1986, 452, 453/454; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 6. Aufl., § 28 Rdnr. 29; Weitnauer, WEG, 7. Aufl., § 28 Rdnr. 10 und JZ 1985, 927, 934; Müller, DWE 1988, 9; Palandt/Bassenge, BGB, 47. Aufl., § 28...