Normenkette

BGB § 253; ZPO § 531 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Zweibrücken (Entscheidung vom 29.07.2016; Aktenzeichen 1 O 5/16)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 29.07.2016, Az. 1 O 5/16, abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 25.000 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.01.2016 sowie weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 267,75 EUR zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben die Klägerin 45 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 55 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 17 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 83 % zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

V. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Zahlung eines Schmerzensgeldes aufgrund eines Verkehrsunfalls.

Am ... fuhr der Beklagte zu 1 ... "volltrunken" unter Missachtung des für ihn geltenden Rotlichts einer Verkehrsampel auf die Kreuzung ... . Dabei stieß er gegen den von der Klägerin geführten PKW. Die Klägerin, die bei Grün in die Kreuzung eingefahren war, wurde durch den Unfall erheblich verletzt. Sie erlitt ein Schädelhirntrauma 1. Grades, eine Beckenringfraktur Typ B2 links, eine offene Wunde mit Decollement am rechten Unterschenkel, eine Fraktur des 11. Brustwirbels, eine Fraktur der 9. Rippe rechts und eine Lungenkontusion.

Die Beklagte zu 2 zahlte an die Klägerin vorgerichtlich ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 EUR.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie bis heute unter den Unfallfolgen leide. Sie sei durch den Unfall lebensgefährlich verletzt worden. Der Nervus peronaeus superficialis rechts sei geschädigt worden. Der verletzte Unterschenkel schwelle bei geringsten Belastungen an, so dass regelmäßige Lymphdränagen durchgeführt werden müssten. Bei längerem Stehen leide sie unter starken Schmerzen im Rücken und in der linken Leistengegend. Eine durchgeführte Hauttransplantation habe krustige Narben zurückgelassen, die nicht nur kosmetisch störend seien, sondern bei jeder Berührung schmerzen würden. Gleiches gelte auch für die Peronaeuslähmung. Die Klägerin sei nicht mehr in der Lage, ohne Schmerzen länger zu stehen. Sie könne auch keine größeren Strecken mehr laufen, so dass sie nicht nur in ihrer hausfraulichen bzw. Gartenarbeit eingeschränkt sei, sondern auch in ihrem Freizeitbereich. Sie könne nicht mehr, wie früher, regelmäßig mit ihrem Ehemann wandern gehen. Sie sei auf Dauer unfallbedingt zu 10 % behindert. Ein Schmerzensgeld von oberhalb 60.000 EUR sei angemessen.

Sie hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin ein der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gesetztes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit abzüglich vorgerichtlich gezahlter 15.000 EUR sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von restlichen 1.632,08 EUR zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat der Klägerin ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 EUR und weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 401,62 EUR zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass bei der Beurteilung des immateriellen Unfallschadens der Klägerin von deren Klagevortrag auszugehen sei. Das Bestreiten der Beklagten sei wegen Versäumung der Klageerwiderungsfrist nach § 296 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückzuweisen. Auf dieser Tatsachengrundlage sei ein Schmerzensgeld von insgesamt 45.000,00 EUR angemessen, so dass der Klägerin nach Abzug der bereits gezahlten 15.000,00 EUR noch 30.000,00 EUR zuzusprechen seien.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen und den Einzelheiten der rechtlichen Beurteilung wird auf Tatbestand und Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Die Beklagten verfolgen mit der Berufung ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie rügen, dass die Zurückweisung ihres Vorbringens durch das Landgericht gegen das verfassungsmäßige Verbot der "Überbeschleunigung" verstoße. Verspätetes Vorbringen dürfe nicht ausgeschlossen werden, wenn offenkundig sei, das...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?