Entscheidungsstichwort (Thema)
Eheaufhebung wegen arglistiger Täuschung
Leitsatz (amtlich)
Die Behauptung, der Ehepartner habe Liebe, eheliche Gesinnung und den Willen zur Begründung einer ehelichen Lebens- und Wohngemeinschaft nur vorgespiegelt, reicht zur schlüssigen Darlegung eines Aufhebungsgrundes gemäß § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht aus, wenn nicht zugleich Tatsachen vorgetragen werden, aus welchen der die Aufhebung begehrende Ehegatte vernünftigerweise auf das tatsächliche Vorliegen der genannten subjektiven Empfindungen schließen durfte.
Normenkette
BGB § 1314 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
AG Landau (Pfalz) (Aktenzeichen 1 F 374/00) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des AG – FamG – Landau in der Pfalz vom 22.6.2001 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Gründe
Die Berufung der Antragstellerin ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. In der Sache führt der Hilfsantrag zum Erfolg.
I. Das FamG hat zutreffend die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit sowie die Anwendung deutschen materiellen Rechts bejaht. Hierauf wird Bezug genommen.
II. Der Antrag auf Aufhebung der Ehe ist unbegründet.
Nach § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB kann eine Ehe aufgehoben werden, wenn ein Ehegatte zur Eingehung durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten hätten. Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen solcher Umstände und die Täuschung darüber ist die Partei, die sich auf die arglistige Täuschung beruft, somit die Antragstellerin. Die Täuschung muss ursächlich für die Eheschließung gewesen sein, muss also begrifflich spätestens zum Zeitpunkt der Eheschließung vorgelegen haben.
Insoweit bedeutsam ist allein die Behauptung der Antragstellerin, der Antragsgegner habe ihr Liebe und eheliche Gesinnung und den Willen zur Begründung einer ehelichen Lebens- (und Wohn-)Gemeinschaft vorgespiegelt, welche in Wirklichkeit nicht vorgelegen hätten. Liebe, eheliche Gesinnung und der Wille, sich in bestimmter Weise zu verhalten, sind subjektive Empfindungen, die einer objektiven Feststellung nicht zugänglich sind. Auf ihr Vorliegen oder Nichtvorliegen kann allenfalls geschlossen werden aufgrund objektivierbarer Tatsachen. Solche Tatsachen, aus welchen die Antragstellerin vor der Eheschließung zwingend auf die angebliche Liebe des Antragsgegners und dessen Vorstellung von dem (gemeinsamen Zusammen-) Leben in der Ehe hätte schließen können und dürfen, sind nicht dargetan. Das FamG weist zu Recht darauf hin, dass die Antragstellerin selbst nicht behauptet, vor der Eheschließung mit dem Antragsgegner Gespräche über die Gestaltung des Ehelebens geführt, ihm insbesondere hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht zu haben, dass ein ständiges Zusammenleben für sie von essentieller Bedeutung sei. Hingegen waren der Antragstellerin – wie sich ebenfalls aus ihrem eigenen Vortrag ergibt – eine Reihe von Umständen und Faktoren bekannt, welche hinreichend geeignet waren, Zweifel an der Möglichkeit eines harmonischen und für beide Ehepartner befriedigenden Verlaufs der geschlossenen Ehe zu hegen. Die Antragstellerin kannte den großen Altersunterschied zum Antragsgegner, sie wusste von dem vergeblichen Versuch des Antragsgegners, über einen Asylantrag in Deutschland ansässig zu werden, und ihr war die Existenz von fünf Kindern des Antragsgegners aus einer früheren Verbindung bekannt. Hinzu kommt die Herkunft des Antragsgegners aus einem Kulturkreis mit völlig anderen Wertvorstellungen, als sie in Mitteleuropa das gesellschaftliche und familiäre Zusammenleben prägen. Wenn sie unter diesen Umständen die Ehe eingegangen ist, ohne vorher die für sie wesentlichen Grundlagen der geplanten Ehe zu besprechen und klarzustellen, mag sie sich in einem von ihr selbst hervorgerufenen Motivationsirrtum befunden haben, der jedoch nicht von dem Antragsgegner durch Täuschung verursacht wurde.
III. Auf den hilfsweise gestellten Antrag ist die Ehe der Parteien jedoch zu scheiden, weil sie gescheitert ist (§ 1565 Abs. 1 S. 1 BGB).
Nach § 1565 Abs. 1 S. 2 BGB ist eine Ehe gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen. Diese Voraussetzungen sind nach der Überzeugung des Senats aufgrund des Ergebnisses der Anhörung der Parteien erfüllt.
Die Parteien leben nach ihren insoweit übereinstimmenden Angaben jedenfalls spätestens seit Oktober 2000 und damit mehr als ein Jahr getrennt. Die Ehe der Parteien ist gescheitert, weil die Antragstellerin – wie sie vor dem Senat glaubhaft und nachdrücklich erklärt hat – keinesfalls bereit ist, die eheliche Lebensgemeinschaft mit dem Antragsgegner wieder aufzunehmen. Der Antragsgegner hat zwar...