Entscheidungsstichwort (Thema)

Tierhalterhaftung des Jagdgastes gegenüber dem Jagdpächter für seinen bei der Nachsuche eingesetzten Hund

 

Leitsatz (amtlich)

Setzt ein Jagdgast in Absprache mit dem Jagdpächter seinen Hund zur Nachsuche eines angeschossenen Wildes ein und verletzt der Hund den Jagdpächter durch einen Biss, so haftet der Jagdgast dafür jedenfalls dann unter dem Gesichtspunkt der Tierhalterhaftung, wenn im Zeitpunkt des Hundebisses die Nachsuche bereits beendet war. Das für betriebliche Tätigkeiten im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung bestehende Haftungsprivileg kommt ihm in diesem Fall nicht zugute.

 

Normenkette

BGB § 833; SGB VII § 105 Abs. 1, § 123 Abs. 1 Nr. 5, § 4 Abs. 2 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 5

 

Verfahrensgang

LG Kaiserslautern (Urteil vom 07.09.2012; Aktenzeichen 4 O 288/11)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Kaiserslautern vom 7.9.2012 teilweise geändert und insgesamt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.432,65 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.3.2011 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin weitere 399,71 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.6.2011 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Widerklage wird abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat für das Verfahren des ersten Rechtszugs 8/100 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Beklagten, für das Berufungsverfahren 3/100 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu tragen.

Der Beklagte hat die übrigen Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Drittwiderbeklagten beider Instanzen sowie für das Verfahren des ersten Rechtszugs 83/100, für das Berufungsverfahren 93/100 der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.

Im Übrigen werden außergerichtliche Kosten der Parteien nicht erstattet.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien des Rechtsstreits bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen von ihr an den Drittwiderbeklagten geleisteter Entgeltfortzahlung auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Drittwiderbeklagte ist Jagdpächter und bei der Klägerin, die ein Dachdeckergeschäft betreibt, beschäftigt. Am Abend des 16.4.2010 gestattete er dem Beklagten das Jagen als Jagdgast in seinem Revier. Der Beklagte beschoss ein Stück Schwarzwild, welches verletzt flüchtete. Der Beklagte erklärte sich gegenüber dem zwischenzeitlich hinzugerufenen Drittwiderbeklagten bereit, seinen mitgeführten Hund zur Suche einzusetzen. Die von dem Beklagten durchgeführte Nachsuche blieb ergebnislos und wurde schließlich beendet. Der Beklagte legte seinen Hund ab. Während der sich anschließenden Unterhaltung des Beklagten mit dem Drittwiderbeklagten biss der Hund des Beklagten den Drittwiderbeklagten in die Ferse.

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, dem in Folge der Bissverletzung arbeitsunfähig erkrankten Drittwiderbeklagten für den Zeitraum vom 17.4.2010 bis zum 28.5.2010 geschuldetes Arbeitsentgelt fortgezahlt zu haben. Einschließlich der Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung sowie weiterer Beiträge und Umlagen sei ihr unter Anrechnung der von der IKK Südwest-Direkt erhaltenen Erstattung ein Schaden von 10.155,81 EUR entstanden. Diesen Betrag zuzüglich Zinsen und außergerichtlich entstandener Rechtsverfolgungskosten hat sie erstinstanzlich mit der Klage geltend gemacht.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und drittwiderklagend die Feststellung begehrt, dass dem Drittwiderbeklagten gegen ihn kein Schmerzensgeldanspruch und keine weiteren Ansprüche wegen Körperfolgeschäden zustehen.

Nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin Held, welche für die Klägerin die Buchhaltung erledigte, hat das LG mit Urteil vom 7.9.2012, auf das zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz und wegen der Gründe ergänzend Bezug genommen wird, den Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 9.079,29 EUR nebst Zinsen seit dem 25.3.2011 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 399,71 EUR nebst Zinsen seit dem 17.6.2011 zu zahlen. Die Widerklage hat es abgewiesen.

Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Ersatz der von ihr geleisteten Entgeltfortzahlung in titulierter Höhe aus § 6 Abs. 1 EntgFG zustehe.

Es sei nicht ersichtlich, dass die jedenfalls ab 17.4.2010 bestehende Arbeitsunfähigkeit des Drittwiderbeklagten andere Gründe als den erlittenen Hundebiss habe.

Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Klägerin an den Drittwiderbeklagten Entgelt in b...

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