Verfahrensgang

VG Berlin (Beschluss vom 15.08.2001; Aktenzeichen 10 A 708.00)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 24.06.2002; Aktenzeichen 1 BvR 575/02)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. August 2001 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 10.225.837 EUR (entsprechend 20 Mio. DM) festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerinnen begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen den bevorstehenden Eintritt ihrer Verpflichtung, Einweg-Getränkeverpackungen für Bier und Mineralwasser zurückzunehmen, für sie ein Pfand zu erheben und zu erstatten und sie einer Verwertung zuzuführen.

Die 16 Antragstellerinnen sind teils Getränkeproduzenten, teils (Einzel-)Handelsunternehmen, die in der Bundesrepublik Deutschland unter anderem in Einwegverpackungen abgefülltes Bier und Mineralwasser herstellen beziehungsweise derartig verpackte in Deutschland hergestellte oder auch aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union importierte Getränke vertreiben.

Im Bundesanzeiger vom 28. Januar 1999 (S. 1082) veröffentlichte das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit die „Bekanntmachung der Erhebung der Bundesregierung bezüglich der Mehrweganteile von Getränkeverpackungen in den Jahren 1991 bis 1997 gemäß § 9 Abs. 3 der Verpackungsverordnung”. Als Erhebungsergebnis wurde für das Jahr 1997 ein alle Getränke außer Milch erfassender Mehrweganteil von 71,35 % bei einer maximalen Fehlermarge von 1 % bekannt gegeben, der im Bundesanzeiger vom 4. April 2000 (S. 6009) auf den Wert von 71,33 % korrigiert wurde; in den Getränkebereichen Bier und Mineralwasser lagen die Werte unter denjenigen des Vergleichsjahres 1991. Unter der Überschrift „Ergebnisse” wurde unter anderem ausgeführt, dass damit der in der Verpackungsverordnung vom 21. August 1998 festgesetzte Mehrweganteil für alle Getränke außer Milch von 72 % im Jahre 1997 zum ersten Male unterschritten sei; dem für 1997 ermittelten Mehrweganteil sei eine Fehlermarge von lediglich maximal 1 % zuzuordnen; daher sei die Wahrscheinlichkeit der Unterschreitung so groß (96 %), dass das in § 9 Abs. 2 VerpackV festgelegte Verfahren – Nacherhebung für den auf die Bekanntmachung folgenden Zeitraum von 12 Monaten – ausgelöst werde.

Mit dem im November 2000 beim Verwaltungsgericht anhängig gemachten Rechtsschutzbegehren haben die Antragstellerinnen beantragt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, es bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine noch zu erhebende Unterlassungsklage zu unterlassen, die Ergebnisse der Nacherhebung über die Anteile der in Mehrwegverpackungen abgefüllten Getränke in der Zeit von Januar 1999 bis Januar 2000 im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Hiermit machen sie vorbeugenden einstweiligen Rechtsschutz im Hinblick darauf geltend, dass die bevorstehende Bekanntgabe der voraussichtlich die Mehrwegquote von 72 % noch mehr unterschreitenden Ergebnisse einer Nacherhebung gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 VerpackV infolge der Fiktion des Widerrufs der behördlichen Feststellung nach § 6 Abs. 3 Satz 11 VerpackV nach dem Ablauf von sechs Kalendermonaten die Pflicht gemäß § 6 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 VerpackV zur Rücknahme der Einwegverpackungen sowie zur Erhebung eines Pfandes von mindestens 0,50 DM (bzw. 0,25 Euro) und zur Verwertung auslösen werde, von der sie bisher aufgrund ihrer Beteiligung an dem „Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH” gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 VerpackV befreit sind. Sie haben ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis für die Gewährung vorbeugenden einstweiligen Rechtsschutzes gegen die nach ihrer Auffassung rechtswidrige Bekanntgabe der Nacherhebungsergebnisse im Wege schlicht hoheitlichen Handelns damit begründet, dass es für sie unzumutbar wäre, sie auf die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes zu verweisen. Aufgrund der Bekanntgabe würden ihnen weitgehend irreparable wirtschaftliche Nachteile dadurch entstehen, dass sie mit Rücksicht auf die ohnehin nur knapp bemessene sechsmonatige Übergangsfrist faktisch gezwungen würden, sich unmittelbar nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger im Zusammenwirken mit allen von der Regelung betroffenen Unternehmen mit dem Aufbau eines sehr kostenintensiven Verpackungsrücknahme-, Zwangsbepfandungs- und Verwertungssystems zu beginnen. Die Rechtswidrigkeit der bevorstehenden Bekanntgabe der Nacherhebungsergebnisse folge zum einen daraus, dass die nach § 9 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 VerpackV der Bundesregierung zugewiesene Ermittlung und Publizierung der Mehrweganteile gegen die grundgesetzliche Kompetenzordnung verstoße, und zum anderen aus der Rechtswidrigkeit der eine Unterschreitung der Gesamt-Mehrwegquote von 72 % ausweisenden Bekanntgabe der Mehrweganteile für das Jahr 1997. Es fehle bereits an der durch § 9 Abs. 3 VerpackV vorgeschriebenen Bekanntgabe durch die Bundesregierung; auch seien an der Feststellung des bekannt z...

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