Verfahrensgang
VG Bremen (Urteil vom 19.12.1996; Aktenzeichen 2 A 14/96) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen vom 19. Dezember 1996 insgesamt sowie der Bescheid des Amts für Wohnung und Städtebauförderung vom 01. Juli 1993 und der Widerspruchsbescheid des Senators für Bau, Verkehr und Stadtentwicklung vom 22. Dezember 1995 insoweit aufgehoben, als darin eine Auflage enthalten ist, eine monatliche Abstandssumme zu entrichten.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine Verpflichtung zur Zahlung einer Abstandssumme für die Zweckentfremdung von Wohnraum.
Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem mehrstöckigen Gebäude bebauten Grundstücks Hemelinger Bahnhofstraße in Bremen. Das Erdgeschoß des Gebäudes wurde bis 1991 von einem Bäcker als Backstube mit Laden und Wohnung genutzt. Die Räumlichkeiten wiesen den Zuschnitt einer Ladenwohnung auf, bei der Geschäfts- und Wohnräume ineinander integriert und nicht getrennt nutzbar waren. Seit Januar 1992 nutzt die Klägerin das gesamte Erdgeschoß zu Bürozwecken.
Das Amt für Wohnung und Städtebauförderung der Beklagten, dem die Klägerin die Nutzungsänderung angezeigt hatte, erteilte mit Bescheid vom 11. Juli 1993 eine Genehmigung für die mit der Nutzungsänderung verbundene Zweckentfremdung von Wohnraum; die Genehmigung war mit der Auflage verbunden, bis zum 31.12.1998 eine Abstandssumme von 3,75 DM pro qm für insgesamt 63,57 qm Wohnfläche, also insgesamt 238,40 DM monatlich zu entrichten. Den Widerspruch der Klägerin gegen die Auflage wies der Senator für Bau, Verkehr und Stadtentwicklung mit Bescheid vom 22. Dezember 1995 zurück.
Gegen beide Bescheide hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung der Zahlungsauflage begehrt. Sie hat vorgetragen, wegen des engen räumlichen Zusammenhanges mit der Bäckerei sei schon zweifelhaft, ob es sich bei den Räumen, für die sie die Abstandszahlung entrichten solle, um Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts handle. Auf jeden Fall seien diese Räume nicht isoliert zu Wohnzwecken vermietbar und stünden dem Wohnungsmarkt daher nicht zur Verfügung. Schließlich habe die Beklagte gegen ihre eigenen Richtlinien verstoßen, nach denen für die Umwandlung von Werks- und Betriebswohnungen keine Abstandszahlung erhoben werden solle.
Die Beklagte hat dem entgegengehalten: Auch der in Mischräumen gelegene Wohnraum sei Wohnraum, dessen Erhaltung durch das Zweckentfremdungsrecht geschützt werden solle. Er könne auch weiter zu Wohnzwecken genutzt werden, wenn die Klägerin die Ladenwohnung insgesamt vermiete. Die Räume seien keine Betriebs- oder Werkswohnung im Sinne der Richtlinien, weil sie vor der Nutzungsänderung nicht im Zusammenhang mit dem Betrieb der Klägerin, sondern eigenständig genutzt worden seien.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 19. Dezember 1996 abgewiesen. Nach seiner Auffassung berühren die Besonderheiten, die in der Verbindung von Wohn- und Geschäftsräumen liegen, nicht die Eigenschaft der Wohnräume als Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts. Die Wohnräume könnten auch zusammen mit den Geschäftsräumen vermietet werden, da für derartige Ladenwohnungen eine Nachfrage bestehe. Für die Frage, ob die Beklagte gehalten sei, die Räume als Werks- oder Betriebswohnung einzustufen und von einer Abstandszahlung auszunehmen, komme es, da die Entscheidung darüber im Ermessen der Beklagten stehe, nicht auf den Wortlaut der Richtlinien, sondern auf die Verwaltungspraxis der Beklagten an. Die Bemessung der Höhe der Abstandszahlung, bei der die Beklagte im übrigen Abschläge zugunsten der Klägerin gemacht habe, sei rechtlich nicht zu beanstanden.
Gegen das Urteil, das ihr am 18. April 1997 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 16. Mai 1997 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor:
Es sei fraglich, ob überhaupt die Voraussetzungen für ein Zweckentfremdungsverbot vorlägen. Eine besondere Gefährdung der Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen sei, wenn sie denn überhaupt jemals vorgelegen habe, von der Beklagten jedenfalls für den heutigen Zeitpunkt nicht nachgewiesen. Für die Räumlichkeiten habe es, auch wenn auf die Ladenwohnung insgesamt abgestellt werde, praktisch keine Nachfrage gegeben. Im übrigen werde aber das Eigentumsrecht der Klägerin verletzt, wenn ihr angesonnen werde, auch die schon früher gewerblich genutzten Räume nicht selbst zu nutzen, sondern auf dem Markt anzubieten. Die Berechnung der Abstandszahlung schließlich sei nicht nachvollziehbar und daher willkürlich.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und den Bescheid des Amtes für Wohnung und Städtebauför...