Entscheidungsstichwort (Thema)
Widmung eines unterirdischen Abwasserrohrs als Abwasserbeseitigungsanlage. Beschränkung des Grundeigentümers. Verwirkung von Unterlassungsanspruch
Leitsatz (amtlich)
Die Widmung einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung begründet eine in Privateigentum eingreifende öffentlich-rechtliche Sachherrschaft nur, wenn dies entsprechend dem Vorbehalt des Gesetzes gesetzlich geregelt ist. Dies ist im Wasserrecht (§§ 23, 24 WHG) der Fall, nicht aber im Recht der gemeindlichen Abwasserbeseitigung (§§ 50 a, 93 SWG) und allgemein gemeindlicher öffentlicher Einrichtungen (§ 19 I KSVG).
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Widmung eines unterirdischen Abwasserrohrs als Abwasserbeseitigungsanlage bewirkt für sich allein keine Beschränkung des Grundeigentümers.
2. Zur Klärung der Frage, ob Unterlassungsansprüche verwirkt sind, wird die Berufung zugelassen.
Verfahrensgang
VG des Saarlandes (Urteil vom 06.12.2002; Aktenzeichen 11 K 112/01) |
Tenor
I. Hinsichtlich der Anfechtung der Widmung werden die Anträge der Kläger und des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 6.12.2002 – 11 K 112/01 – zurückgewiesen.
Insoweit tragen die Kosten des Antragsverfahrens die Kläger einerseits und der Beklagte andererseits jeweils zur Hälfte; Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Hinsichtlich der Anfechtung der Widmung wird der Streitwert für das Zulassungsverfahren auf 1.000,– Euro festgesetzt.
II. Hinsichtlich des im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6.12.2002 – 11 K 112/01 – ausgesprochenen Durchleitungsverbots wird die Berufung zugelassen.
Das Antragsverfahren wird insoweit als Berufungsverfahren unter der Geschäftsnummer 3 R 2/04 fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
Soweit dem Zulassungsantrag stattgegeben wurde, folgt die Kostenentscheidung derjenigen der Berufungsentscheidung.
Gründe
Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Urteil vom 6.12.2002 – 11 K 112/01 – den Hauptantrag der Kläger auf Anfechtung der Widmung der streitigen Kanalleitung durch ihr Grundstück abgewiesen (I) und auf ihren Hilfsantrag dem Beklagten ein Durchleitungsverbot für Abwässer der Allgemeinheit nach Maßgabe des Tenors auferlegt (II).
Die Kläger haben ihren selbstständigen Zulassungsantrag auf den abgewiesenen Teil der Klage und damit die Widmungsanfechtung beschränkt (Zulassungsantrag vom 12.2.2003, Gerichtsakte Bl. 9/10); der Beklagte hat seinen Zulassungsantrag vom 3.2.2003 unbeschränkt gestellt (Gerichtsakte Bl. 4/5) und nachträglich im Schriftsatz vom 21.5.2003 (Gerichtsakte Bl. 65/66) klar gestellt, dass sein Zulassungsantrag unbeschränkt gilt und sich die Zulassungsgründe sowohl auf den Hilfsantrag als auch auf den Hauptantrag beziehen.
Hat eine Klage wie hier im Hauptantrag keinen Erfolg, wohl aber im Hilfsantrag, ist im Zulassungsrechtsstreit über beide Teile des Urteils und die Rechtsmittel der Beteiligten gesondert zu entscheiden.
BVerwG, Urteil vom 18.3.1996 – 9 C 64/95 –, S. 2/3 des Juris-Ausdrucks; ein Anschlussrechtsmittel kann nach dieser Entscheidung den Rahmen der Zulassung nach Urteilsgegenständen nicht überschreiten.
Deshalb ist nach Urteilsgegenständen getrennt über die Zulassungsanträge der Beteiligten zu entscheiden.
I. Das Verwaltungsgericht hat die die Widmung betreffende Anfechtungsklage als unzulässig abgewiesen, da die Widmung einer Entwässerungsleitung den Grundstückseigentümer nicht in seiner Eigentümerstellung beeinträchtigt und damit eine Verletzung in eigenen Rechten nach § 42 II VwGO ausscheidet (S. 10 des angefochtenen Urteils). Gegen diesen Teil der Entscheidung richten sich die Zulassungsanträge sowohl der Kläger als auch des Beklagten, der seinerseits mit dieser wenig weit reichenden Wirkung der Widmung nicht einverstanden ist.
1. Der Zulassungsantrag der Kläger ist als originäres Rechtsmittel (vgl. Klarstellung im Schriftsatz vom 29.7.2003, S. 3, OVG-Akte Bl. 96) nach § 124 a IV VwGO zulässig. Zwar ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die fehlende Eingriffswirkung der Widmung für die Kläger inhaltlich günstig, wie sie auch nicht verkennen. Indessen sind sie durch die Klageabweisung formell beschwert.
Zur formellen Beschwer für Kläger und Beklagten vgl. Bader u.a., VwGO, 2. Auflage, 2002, § 124 a Rdnr. 14
Der Zulassungsantrag der Kläger ist aber unbegründet, da keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 II Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel), Nr. 2 (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten) Nr. 3 (grundsätzliche Bedeutung) und Nr. 5 (Verfahrensmangel) vorliegt.
Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Widmung einer Entwässerungsleitung die Eigentümerbefugnisse nicht begrenzt und schließt deshalb eine Rechtsverletzung aus. Das trifft zu.
Die hier streitige Widmung ist das zentrale Rechtsinstitut des Rechts der öffentlichen Sachen und öffentlichen Einrichtungen.
Axer, NVwZ 1996, 114, 115.
Bei den öffentlichen Sachen kann es sich um so unterschiedliche Gegenstände wie Wasserläufe, Straß...