Entscheidungsstichwort (Thema)
Entziehung der Fahrerlaubnis bei Cannabiskonsum im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Überprüfung der Fahreignung auf der Grundlage der §§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, 46 Abs. 1 FeV ist nicht erforderlich, dass im Zeitpunkt des Führens eines Fahrzeuges eine „gesicherte Annahme von Cannabiseinfluss” gegeben ist; Anknüpfungspunkt für eine ordnungsrechtliche Überprüfung der Kraftfahreignung, die an den Belangen der Verkehrssicherheit und der vorbeugenden Gefahrenabwehr ausgerichtet ist, ist ein im Ausgangspunkt abstrakter Gefährdungstatbestand, bei dem eine konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder zusätzliche Beweisanzeichen für die Fahrunsicherheit nicht erforderlich sind.
2. Zur Auswahl des Gutachters durch die Verwaltungsbehörde (Einzelfall).
Normenkette
StVG § 3 Abs. 1 S. 1; FeV § 46 Abs. 1
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Antragsteller zur Last.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2500 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 18.1.2007 – 10 L 73/07 – bleibt ohne Erfolg.
Durch die angefochtene Entscheidung wurde der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung der Fahrerlaubnis und die Anordnung der Ablieferung des Führerscheins durch den Bescheid der Antragsgegnerin vom 11.12.2006 zurückgewiesen. Die vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung vom 6.3.2004 dargelegten Gründe, die allein der Senat zu prüfen hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben – auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz vom 30.4.2007 – keine Veranlassung, die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers hat die Antragsgegnerin das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) in einer den Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise damit begründet, dass die durch die Nichteignung eines Kraftfahrers ausgelösten Gefahren für die Allgemeinheit dies notwendig machen, weil hier das durch Sorge um Leben, Gesundheit und Vermögen anderer Verkehrsteilnehmer gegebene ganz herausragende Interesse der Allgemeinheit, ungeeignete Kraftfahrer vom Verkehr fernzuhalten, gegenüber dem sonst regelmäßig anzuerkennenden Bedürfnis des Einzelnen, bis zur Rechtskraft der Entziehungsverfügung von Entziehungsmaßnahmen verschont zu bleiben, überwiege. Im gegebenen Zusammenhang hat die Antragsgegnerin überzeugend auf das besondere Gefährdungspotential von Drogen im Straßenverkehr hingewiesen und damit den Bezug zu dem Geschehen hergestellt, das Anlass für die Überprüfung der Kraftfahreignung des Antragstellers war, nämlich der Nachweis von Drogenkonsum im Zusammenhang mit dem Führen des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen SB – am 23.8.2005 in A. (Rheinland-Pfalz).
Im Weiteren ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass aufgrund der im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs beim Antragsteller durchgeführten toxikologischen Blutuntersuchung, die einen Wert an Tetrahydrocannabinol (THC) von 2,2 ng/ml ergeben hat, ein fahreignungsrelevanter Cannabiseinfluss zum Blutentnahmezeitpunkt und damit auch zum Zeitpunkt der Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr anzunehmen ist. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die überzeugenden Ausführungen im erstinstanzlichen Beschluss (Seite 4 f.) Bezug genommen werden. Der in diesem Zusammenhang mit der Beschwerde erhobene Einwand, in dem toxikologischen Befund des Instituts für Rechtsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz vom 27.9.2005 werde neben dem Hinweis auf „eine engerfristige Cannabisaufnahme” (lediglich) festgehalten „Ein Cannabiseinfluss zum Blutentnahmezeitpunkt kommt in Betracht”, vermag die Annahme eines fahreignungsrelevanten Cannabiseinflusses unter dem (rechtlichen) Gesichtspunkt der gebotenen Überprüfung der ordnungsrechtlichen Kraftfahreignung nicht zu erschüttern. Die Beschwerde verkennt dabei, dass es für die Überprüfung der Fahreignung auf der Grundlage der §§ 3 Abs. 1 Satz 3, 2 Abs. 8 StVG, 46 Abs. 3 FeV nicht erforderlich ist, dass im Zeitpunkt des Führens eines Fahrzeuges eine „gesicherte Annahme von Cannabiseinfluss” gegeben ist. Anknüpfungspunkt für eine ordnungsrechtliche Überprüfung der Kraftfahreignung, die an den Belangen der Verkehrssicherheit und der vorbeugenden Gefahrenabwehr ausgerichtet ist, ist ein im Ausgangspunkt abstrakter Gefährdungstatbestand, bei dem eine konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder zusätzliche Beweisanzeichen für die Fahrunsicherheit nicht erforderlich sind. Ein in diesem Sinne abstrakter Gefährdungstatbestand ist im Übrigen ausreichend für strafrechtliche (§ 316 StGB) und (bußgeldbewerte) ordnungswidrigkeitsrechtliche (§ 24 a StVG) Sankt...