Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines Behinderten auf Übernahme der Kosten seiner Internatsunterbringung als Zusatzleistung nach §§ 14 a BAföG, 6, 7 HärteV bei Besuch einer auf seine Behinderung ausgerichteten auswärtigen Schule
Leitsatz (amtlich)
Ein Behinderter (hier: eine hörbehinderte Aussiedlerin) kann gemäß den §§ 14 a BAföG, 6, 7 HärteV einen Anspruch darauf haben, dass die Kosten ihrer Unterbringung in dem Internat der von ihr besuchten, auf ihre Behinderung eingerichteten auswärtigen Schule während Berufsgrundschuljahres als Zusatzleistung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz übernommen werden.
Normenkette
BAföG § 14a § 12 Abs. 2; HärteV §§ 6-7; BSHG § 44 Abs. 1; SGB X §§ 104, 111
Verfahrensgang
VG des Saarlandes (Urteil vom 18.11.2005; Aktenzeichen 11 K 222/05) |
Tenor
Die Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. November 2005 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 11 K 222/05 – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die 1982 geborene Beigeladene, die an beidseitiger, durch Hörgeräte nur teilweise ausgleichbarer Schwerhörigkeit leidet, reiste – damals noch unter dem Familiennamen V. – im Mai 2000 als Aussiedlerin zusammen mit ihrer Mutter und einem Bruder aus Russland nach Deutschland ein und wohnte zunächst in L..
Mit Blick auf ihren in Russland erworbenen Hauptschulabschluss sowie schulische und insbesondere sprachliche Defizite schlug das Arbeitsamt Saarlouis im September 2000 nach Beteiligung des psychologischen Dienstes der Arbeitsverwaltung und Einholung eines ärztlichen Gutachtens im Einvernehmen mit der Beigeladenen als Eingliederungsmaßnahme den Besuch des Berufsvorbereitungsjahres am Pfalzinstitut für Hör-Sprachbehinderte (Aug.-V.-Schule) in F., Rheinland-Pfalz, vor und bat den Kläger um eine entsprechende Kostenübernahmezusage.
Mit Bescheid vom 12.10.2000 sagte der Kläger die Übernahme der Kosten für die vorgenannte Maßnahme als Eingliederungshilfe zu. In dem Bescheid wird die Beigeladene aufgefordert, umgehend einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zu stellen. Dem Sozialamt der Stadt Lebach wurde aufgegeben, für die Stellung eines Antrages auf Ausbildungsförderung und die Geltendmachung des Erstattungsanspruches Sorge zu tragen. Die Beigeladene wurde am 16.10.2000 in die Aug.-V.-Schule des Pfalz-Instituts für Hör-Sprachbehinderte in F. als Internatsschülerin aufgenommen.
Mit Schreiben vom 8.12.2000 forderte der Bürgermeister der Stadt Lebach – Sozialamt – das Landratsamt Saarlouis – Amt für Ausbildungsförderung – unter Hinweis auf § 104 SGB X und die Heranziehungsverordnung auf, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz an die Stadtkasse Lebach zu zahlen. Mit Bescheid vom 29.12.2000 bewilligte das Amt für Ausbildungsförderung des Landkreises Saarlouis der Beigeladenen für den Zeitraum von November 2000 bis einschließlich Juni 2001 Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 640,– DM.
Zum 1.1.2001 zog die Klägerin mit ihrer Familie von L. nach A-Stadt um. Im Mai 2001 suchte die Aug.-V.-Schule unter Hinweis auf eine entsprechende Empfehlung ihrer Eingliederungskommission bei dem Kläger um die Zusage nach, die Internatskosten der Beigeladenen während des Besuchs des Berufsgrundschuljahres „Textil” an dieser Schule zu tragen.
Unter dem 11.6.2001 teilte die Aug.-V.-Schule mit, dass die Beigeladene ihren Nachnamen in A. geändert habe.
Mit Bescheid vom 13.7.2001 sagte der Kläger die Übernahme der Kosten für den Besuch des Berufsgrundschuljahres „Textil” in F. gemäß den §§ 2 SGB IX, 39 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG zu. Die Beigeladene wurde erneut aufgefordert, rechtzeitig einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zu stellen. Dieser Aufforderung kam sie mit am 14.8.2001 bei dem Beklagten eingegangenem Antrag nach. Unter dem 21.8.2001 sandte das Sozialamt der Stadt A-Stadt eine „Überleitungsanzeige nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X” an den Beklagten und stellte unter Berufung auf § 91 a BSHG einen „vorsorglichen und fristwahrenden” Antrag auf Bewilligung von Ausbildungsförderung.
Mit Bescheid vom 30.11.2001 wurde der Beigeladenen Ausbildungsförderung für den in Rede stehenden Schulbesuch im Zeitraum von August 2001 bis einschließlich Juni 2002 in Höhe von monatlich 680,– DM bewilligt.
Mit Schreiben vom 6.3. und 15.3.2002 wies der Kläger das Sozialamt der Stadt A-Stadt und andere Heranziehungsbehörden auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs München vom 21.11.2001 – 12 B 98.2866 – hin, nach dem Ausbildungsförderung in Fallgestaltungen der vorliegenden Art auch die Kosten der Internatsunterbringung umfasse und forderte es – auch im Falle der Beigeladenen – auf, ab Beginn des Schuljahres 2001/2002 gemäß § 91 a BSHG ergänzende Leistungen nac...